0239 - Das Erbe des Zauberers
das Geld. Aber Sie brauchen unsere Ware ja nicht zu kaufen. Sie können auch ablehnen, Señor. Aber ich versichere Ihnen, daß Sie das Todeswimmem des Mädchens bis hierher hören werden. Seien Sie gewiß, daß diese Töne Sie bis zu Ihrem Sterbebett begleiten werden. Denn die Voodoo-Leute sind sehr erfinderisch, wenn es um eine, nun sagen wir, eine Jenseitsbeförderung geht!«
»Schmieriger Schuft!« brüllte de Muljardor wie ein verwundeter Pampas-Stier. »Diese Worte büßt du auf der Stelle!« Mit einem Satz, den ihm in seiner Körperfülle niemand zugetraut hätte, wirbelte er zur Wand. Das Herunterreißen eines Gewehres, das krachende Durchladen und das klickende Umlegen des Sicherheitsbügels war eins.
»Stirb, du Verbrecher!« knirschte der Estanciero. »In der Hölle wirst du bestimmt schon erwartet!«
Aber obwohl plötzlich dicke Schweißtropfen auf Morenas Stirn auftauchten, blieb der Waffenschieber ruhig.
»Wie gesagt, die Voodoo-Leute verstehen es, einen Menschen eine ganze Serie von Toden sterben zu lassen!« sagte er und bemühte sich, seiner Stimme einen ruhigen Klang zu geben. »Der Meister sagt, daß sie damit anfangen, wenn ich in zwei Stunden nicht zurück bin. Wenn Sie mich also jetzt töten, hören Sie in genau einer Stunde Schreie, die Sie in den Wahnsinn treiben werden, Señor. Warum wollen Sie sich unglücklich machen, de Muljardor. Ist Ihnen die Estancia so viel wert…?«
»Sie ist das Werk meines Lebens!« knirschte Don Emilio.
»…mehr wert als das Leben Ihrer Tochter!?« fragte Morena ungerührt.
»Verschwinden Sie, Señor! Schnell!« fauchte Don Emilio und ließ das schußbereite Gewehr sinken.
»Sie weigern sich, auf unsere Forderungen einzugehen?« lauerte Morena. »Das täte mir wirklich leid für Ihre Tochter!«
»Ich will sie sehen!« verlangte der Estanciero. »Ich will sie sehen. Dann gehe ich - mit ihr zusammen.«
»Sie trauen uns nicht?« spielte Gonzales Morena den Beleidigten.
»Nein!« sagte Emilio de Muljardor hart. »Gehen Sie nun zu den Teufeln, die Sie geschickt haben. Wenn Sie mir Christiana ausgeliefert haben, werde ich Ihnen die Estancia übergeben. Sowie ich Christiana in den Armen halte, werde ich mit meiner Familie und den Peones gehen!«
»Vergessen Sie nicht die beiden Briefe, Señor!« erinnerte Morena. »Das Schreiben nach Frankreich und der Brief nach Deutschland!«
»Ich werde daran denken!« nickte der Estanciero.
»Ach, mir fällt gerade ein, daß wir dem Schreiben nach Deutschland noch etwas beifügen könnten!« sinnierte der korpulente Waffenhändler. »Ein kleines Päckchen… !«
»Was ist der Inhalt?« wollte der Estanciero wissen.
»Eine Hand!« grinste der Dicke. »Die Hand des Carsten Möbius… !«
***
Kreischend traf Metall auf Metall. Die zustoßende Klinge wurde abgelenkt, ritzte die Haut an Michael Ullichs Brust und fuhr in den weichen Boden.
Die Augen des Negers weiteten sich, als er sah, was den Weg des Stahls abgelenkt hatte.
»Mächtig Ju-Ju!« krächzte er. » Viel mächtig Ju-Ju!«
Beiläufig registrierte Michael Ullich, daß er Zamorras Amulett, das er sich um den Hals gehängt hatte, seine Rettung verdankte. Die Spitze der Machete hatte Merlins Stern nicht durchdringen können.
Jetzt galt es zu handeln. Denn der Neger war durch dén Anblick der magischen Silberscheibe wie festgebannt.
Der Schwinger, den Michael Ullich an der Kinnspitze des Gegners landete, ließ den Neger zusammenrutschen.
Mit wackligen Knien rappelte sich der Junge hoch. Aber er hatte keine Zeit, sich zu verschnaufen. Der Kampflärm konnte andere Wächter herbeigerufen haben. Schnell zerrte er den bewußtlosen Gegner in ein Gebüsch und fesselte ihn mit seinem Gürtel an einen Baum. Seine Hand umschloß den Griff der Machete, als er in die Richtung ging, aus der ihn der Schwarze angegriffen hatte.
Wenig später nahm er den brodelnden Lärm des Dorfes wahr. Die Opferzeremonie war unterbrochen und konnte in dieser Nacht nicht fortgesetzt werden. Aber Ollam-onga hatte den Voodoo-Leuten verkündet, daß dies die Nacht der Entscheidung war. Die Blutgötzen des Voodoo hatten den Weg in diese Welt gefunden…
Den Ekel überwindend, tarnte sich Michael Ullich mit klebriger, schwarzer Sumpferde und wand sich das zerfetzte Hemd um die auffälligen, blonden Haare. Die kleine Schnittwunde an seiner Brust schmerzte zwar, aber das Blut war zum Stillstand gekommen. Und Michael Ullich war hart im Nehmen.
Es bereitete ihm keine Schwierigkeiten, sich im
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