024 - Beim Volk der 13 Inseln
Schlafstellen zwischen den Säulen und entlang der Wände.
Aber keine Menschen.
»Ich werd dir die Haut abziehen! Ich werd dich in Salzsäure baden!« Der Wahnsinnige drosch auf Tische, Regale und Wände ein.
Seine Nosfera hatten sich in den nächsten Raum des Bunkers geflüchtet und warteten darauf, dass der Tobsuchtsanfall ihres Meisters endlich vorüber ging.
Smythe ließ das Gewehr sinken und lehnte sich schwer atmend gegen die Regalwand. »Warum sind die Menschen so schlecht?!«, keuchte er. »Warum? Sagt mir das! Warum? Warum?!« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und angelte einen Brocken Trockennahrung aus der Brusttasche seines Uniformhemdes. »Warum muss ich so viel leiden?« Lustlos biss er hinein. »Warum erkennen sie nicht, dass die Vorsehung mich zum Herrn der Welt bestimmt hat?« Fassungslos schüttelte er den Kopf. Sein Pferdeschwänzchen hatte sich gelöst und die dünnen Haarfransen klebten an seinen Wangen und in seiner nassen Stirn.
Einer der Nosfera näherte sich ihm vorsichtig. »Sieh dir das einmal an, Masta.« Was er ihm reichte, sah aus wie das Bruchstück eines zertrümmerten Kristallleuchters.
Smythes Glubschaugen saugten sich an dem eigenartigen Ding fest. Mattgrün war es, und ein Stück seiner Oberfläche bestand aus kleinen siebeneckigen Flächen. Wie geschliffenes Glas oder Kristall. »Wo hast du das her?«, flüsterte Smythe.
»Dort hinten ist ein Raum, der liegt voll von solchen Trümmern.« Der Nosfera deutete mit dem Daumen über die Schulter. Smythe schob sich den restlichen Nahrungsriegel in den Mund, riss dem Nosfera den Splitter aus der Hand und stürzte an ihm vorbei in die Richtung, in die er deutete.
»Das ist… das ist ja… das ist ganz fantastisch… ja, fantastisch ist das…«
Stammelnd vor Staunen betrachtete er die grünlichen Bruchstücke im letzten Bunkerraum. »Christopher-Floyds letzte Grüße! Ganz fantastisch ist das!« Er legte den Kopf in den Nacken und lachte meckernd. »Die Vorsehung!«, krähte er. »Die Vorsehung hat die Barbarin und den Albino benutzt, um mich hierher zu führen…« Die Nosfera begriffen nicht.
»Mitnehmen!« Smythe deutete auf das größte Trümmerstück. »Das auch, das auch, einsammeln, mitnehmen, holt meine Instrumente…!« Er wusste von der Existenz der rätselhaften Kristalle. »Christopher-Floyds letzte Grüße« nannte er sie.
Er hatte von ihnen gehört. Er hatte gehört, dass Menschen, die in ihrer Nähe lebten, sich veränderten. Und er hatte Fotos von ihnen gesehen. In den Datenbänken der noch funktionierenden Rechner des Schutzbunkers von Le Havre - oder welche Stadt auch immer das gewesen sein mochte - war er auf Bildmaterial gestoßen. Aus den teilweise erhaltenenDatenbanken hatte er Dokumentationen über Forschungsarbeiten zu den Kristallen gelesen, die irgendwelche Wissenschaftler vor weiß Gott wie vielen Jahrhunderten zusammengestellt hatten. Viel hatten sie nicht herausgefunden, wirklich nicht. Aber was sie entdeckt hatten, bestätigte die Gerüchte, die Smythe schon kannte: Bakterien aus der Umgebung der Kristalle vermehrten sich nur langsam und mutierten dabei. DNS- Material von Säugetieren, die sich längere Zeit in der Nähe der Kristalle aufhielten, wies beunruhigende Defekte auf. Die Nervenzellen solcher Säugetiere waren degeneriert. Und so weiter.
Die Leute, die einst in dem Bunkersystem von Le Havre gelebt hatten, schienen ein ungewöhnlich großes Interesse an den Kristallen gehabt zu haben. Und Smythe hatte es auch. Irgendetwas in ihm - war es seine innere Stimme? War es sein Forscherinstinkt? - sagte ihm, dass sie wichtig waren. Wichtiger vielleicht als alles andere, was die Welt nach dem Kometeneinschlag noch zu bieten hatte.
Sie brachten ihm seinen Laborkoffer. Hektisch riss er ihn auf, kramte Pipetten, Watteträger, kleine Behälter mit Nährflüssigkeit für Bakterienkulturen aus. Er nahm Abstriche aus der Umgebung der Trümmerstücke, suchte die Räume nach toten Insekten ab, fegte Staub auf und füllte ihn in eine Dose.
Sie stießen auf den Baumstamm-Sarg und öffneten ihn. Modriger Verwesungsgeruch entströmte ihm. Die halbverfaulte Leiche darin war ganz in brüchiges Leder gehüllt. Schwarzes Leder. Smythe entnahm dem Leichnam Maden, riss ihm Haare aus und schnitt ihm drei Finger ab, um an Knochenmaterial zu gelangen.
»Ich sage euch: Dieser Tote und dieser zerbrochene Kristall - die haben etwas miteinander zu tun!«
Stundenlang versank er in seine Arbeit. Der ungeheure
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