0244 - Stahlschmuck für den Massenmörder
angehaltenem Atem.
Alles war ruhig.
Dann… Es klang wie ein leises Rascheln.
»Ist da jemand?«, rief Mitch Wayne und wurde sich im gleichen Augenblick bewusst, dass seine Frage völlig blödsinnig war.
Er stand leise auf, griff nach seinem Morgenmantel, schlüpfte hinein und schlich zur Tür. Sie war nur angelehnt. Ganz langsam schob Mitch die Tür auf. Zentimeter um Zentimeter. Dann trat er in das stockdunkle Speisezimmer.
Er hörte ein Rascheln dicht hinter sich, und er wollte herumfahren. Aber es war zu spät. Eine dünne Schlinge legte sich um den Hals des Reederei-Kaufmannes und wurde in der gleichen Sekunde erbarmungslos zugezogen.
***
Es war wieder einmal einer der Augenblicke, in denen die Chancen tausend zu eins gegen uns standen.
Eigentlich ist es vermessen, noch von einer Chance zu sprechen, die für uns in dem Spiel auf Leben und Tod enthalten sein sollte. Es gehört wahrlich viel Optimismus dazu. Die Situation schien ausweglos. Denn worin sollte unsere Chance bestehen, angesichts einer abgezogenen Handgranate, die uns während der nächsten Sekundenbruchteile alle zerfetzen würde? Vielleicht war die Granate in irgendeiner Weise defekt? Vielleicht blieb die Explosion aus?Vielleicht war es ein Blindgänger? Leider nicht!
Die Granate detonierte. Sie detonierte mit der ganzen furchtbaren Gewalt, die in ihr steckt. Sie entfaltete sich voll zu dem furchtbaren-Vemichtungswerk, zu dem sie erschaffen wurde.
Mit einem Unterschied allerdings. Sie vernichtete nicht dort, wo sie es eigentlich sollte. Sie konzentrierte ihre zerstörende Wirkung auf einen Punkt.
Ich stand etwas mehr als einen Schritt seitlich hinter Giuseppe Pestanazo. So kam es, dass ich die Granate sofort sah, als sie vor dem Gangster auf den Teppich fiel.
Im nächsten Augenblick musste sie nicht nur Pestanazo vernichten, den die Splitter aller Wahrscheinlichkeit nach zuerst trafen, sondern auch Phil, der völlig ungedeckt stand, und die beiden älteren Leute neben der Lifttür.
Am günstigsten stand ich. Allerdings würden auch mich die Splitter des faustgroßen, stählernen Todesboten erreichen.
Wahrscheinlich wären die meisten von uns getötet worden, wenn in diesem Augenblick Pestanazo stehen geblieben wäre.
Der Gangster, in dessen langem Leben Handgranaten neben ändern Mordwerkzeigen mehr oder weniger zu speziellen Gebrauchsartikeln geworden waren, erkannte die Granate gleichzeitig mit uns.
Ich weiß nicht, ob es ein geistiger Kurzschluss, eine Panik oder eine gedankenschnelle Überlegung war, die ihn mit einem Blitzstart vorwärtstrieb. Tatsache ist, dass Pestanazo zur Flucht nach vorn ansetzte. Wahrscheinlich wollte er über die Handgranate springen und die Tür erreichen, oder zumindest Abstand zwischen sich und die gefährliche Metallkugel bringen, ehe diese explodierte.
Er machte einen Schritt. Und da geschah es. Pestanazo stolperte und stürzte blitzartig - wie von einer unsichtbaren Riesenfaust gepackt und zu Boden geschleudert. Er stürzte, und in dem Bruchteil der Sekunde, den er benötigte, um den Boden der Halle mit seinem Körper zu erreichen, breitete er weit die Arme aus.
Pestanazo fiel. Er stieß dabei einen durchdringenden, heiseren Schrei aus. Mit der ganzen Länge seines breiten, athletischen Körpers fiel er auf den Boden der Halle, und seine Brust bedeckte die Granate, als wolle uns Pestanazo mit seinem Körper gegen die tödlichen Splitterregen abschirmen.
Die Handgranate explodierte genau in dem Sekundenbruchteil, da Pestanazos breite Brust sie berührte.
Die Detonation wurde gedämpft.
Die Druckwelle der Granate richtete Pestanazos Oberkörper auf, dann fiel der Gangster mit dem Gesicht auf den Teppich und rührte sich nicht mehr.
Während dieser Szene, die grauenhafter nicht sein kann, war nicht ein einziger Splitter der Handgranate durch die Halle geflogen.
Gleich einem Schild, einem lebenden Schild, hatte Pestanazo mit seinem Körper die tödlichen Splitter der Granate von uns femgehalten. Die Wucht des stählernen Todes hatte sich auf ihn konzentriert.
Keinem von uns, weder Phil, noch mir, noch einem der älteren Leute, die vor Schreck zu Salzsäulen erstarrt zu sein schienen, wurde auch nur die Haut geritzt.
Nicht länger als eine Sekunde nahm ich den grauenhaften Anblick des Gangsters in mir auf. Dann spurtete ich mit der Geschwindigkeit eines Windhundes auf die große Glastür zu, hinter der ich gerade noch den Schatten eines Mannes verschwinden sah.
Flasher! Er hatte an der Tür auf
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