0245 - Um 8 Uhr stirbt der Fernsehstar
fragte sie. »Haben Sie morgen Abend Zeit?«
»Zeit schon, aber ich möchte Ihnen keine Unannehmlichkeiten machen und habe keine Lust, mit Ihrem Boyfriend aneinanderzugeraten, der seinem Namen nach ein Südländer und darum ebenso heißblütig wie eifersüchtig ist.«
»Haben Sie etwa Angst, Jerry?« Hohn schwang in ihrer Stimme mit.
»Höchstens um Sie. Ich habe mir das Angsthaben schon lange abgewöhnt.«
»Kein Wunder, wenn man eine Pistole im Schulterhalfter trägt«, kicherte sie. »Man sollte das im Abendanzug auf keinen Fall tun. Stecken Sie sie lieber in die Hüfttasche.«
»Kleines Luder«, sagte ich leise und umging so eine Erklärung.
»Halten Sie hier«, befahl sie plötzlich. »Mein Daddy hat die Angewohnheit, zum Fenster hinauszusehen, wenn ich nach Hause komme, und er braucht ja nicht alles zu wissen. Wann also sehen wir uns morgen?«
»Wann Sie wollen, Joyce.«
»Kennen Sie die Tavern on the Green am Central Park?«
Natürlich kannte ich die. Sie lag in unmittelbarer Nähe der 65. Straße und damit des Pavillons, an dem Gina erschossen worden war. Die Gegend war mir denkbar unsympathisch. Mein kurzes Zögern war ihr aufgefallen.
»Wenn Sie nicht wollen, Jerry«, sagte sie beleidigt und machte Anstalten, auszusteigen.
»Selbstverständlich will ich. Ich habe nur gerade überlegt, wo die Tavern ist.«
Ich zog gewohnheitsmäßig den Zündschlüssel ab und war im Begriff, diesen einzustecken, erinnerte mich aber daran, dass es ja nicht mein Wagen war, den ich fuhr. Ich drückte Joyce den Schlüssel in die Hand, sprang heraus, lief um den Kühler herum und öffnete ihr die Tür. Beim Aussteigen musste ich sie stützen. Sie war doch etwas wacklig auf den Beinen.
»Um wie viel Uhr?«, fragte ich.
»Nicht äo früh, Jerry. Sagen wir um zehn. Setzen Sie sich an die linke Seite, wo zwischen den Gewächsen ein par Boxen sind. Da sind wir ungestört.«
Plötzlich hatte sie es sehr eilig. Sie winkte und ging schnell, wenn auch etwas unsicher, davon,
***
Als sie im Vorgarten verschwunden war, machte ich kehrt und stieg zu Phil in den Jaguar.
»Fahr du«, sagte ich. »Ich muss nachdenken. Glaubst du, dass dieses hübsche und sicherlich aufs Beste erzogene Mädchen, das einen Millionär zum Vater hat, die Geliebte eines Gangsters vom Schlags eines Salvatore Piscaro sein kann?«
»Ich bin sogar sicher, dass sie es ist«, meinte mein Freund. »Alles deutet daraufhin.«
»Schön. Morgen Abend werde ich es herausbekommen, und wenn ich es ihr auf den Kopf Zusagen müsste. Sie hat mich in die Tavern on the Green bestellt.«
»Das ist doch…«
»Ja, daran habe ich auch gedacht. Der Platz liegt keine 400 Yards von der Stelle entfernt, an der Gina ermoidet wurde.«
»Ob sie davon wohl weiß.«
»Ausgeschlossen. Das Mädchen mag romantisch und abenteuerlustig veranlagt sein, aber ich kann sie mir nicht als Geliebte eines Massenmörders vorstellen.«
»Du denkst also, sie wisse von nichts? Na, mir soll es recht sein, solange du auf dich achtgibst.«
Phils Ton störte mich. Es war, als ob er sagen wollte, sei nicht so dumm und lass dich nicht von einem süßen Gesichtchen einfangen.
Ich dachte nicht daran, mich einfangen zu lassen. Ich wollte nur sichergehen, ob Joyce Salvatores Komplizin ist oder nicht. Und ich wünschte das Letztere.
Heute brachte ich Phil nach Hause und ich machte, dass ich unter die Decken kam. Natürlich war und blieb ich vorsichtig. Ich hatte so eine Ahnung, als ob Salvatore Piscaro die Geschäfte, die ihn von dem Rendezvous mit Joyce abgehalten hatten, mich beträfen. Ich wurde angenehm überrascht. Kein Mörder lauerte auf mich, und keine Höllenmaschine lag hinter der Tür.
Trotzdem dauerte es lange, bis ich einschlief. Joyce Masterson kam mir nicht aus dem Sinn. Natürlich war sie genau wie viele andere Töchter reicher Männer ein verzogenes, übersättigtes und verdorbenes Gör, und trotzdem tat sie mir leid. Es war nicht nur ihre Schuld, dass sie so geworden war, sondern auch die ihrer Eltern. Wenn ich etwas tun konnte, um ihr zu helfen, würde ich das tun.
***
Um halb neun am nächsten Morgen war ich im Office, und da erfuhr ich, welcher Art Piscaros Geschäfte in der vergangenen Nacht gewesen waren.
Am Broadway waren an zwei Geschäften die Schaufenster eingeschlagen und geballte Ladungen ins Innere geworfen worden, die alles zerstörten und in Brand setzten.
Jetzt, da es zu spät war, beichteten die Geschäftsinhaber, dass sie zwar bestritten hatten, erpresst
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