0247 - Kein Mörder träumt vom Todesstuhl
gesucht, was Sie finden wollten.«
»Ich habe gar nichts gesucht. Ich wollte Briggs sprechen«, entgegnete ich und wartete immer auf den Augenblick, in dem ich Gelegenheit haben würde, zum Angriff überzugehen.
Nur der eine hielt eine 38er Smith & Wesson in den Fingern, während der zweite die Hände in die Taschen gesteckt hatte. »Wer sind Sie denn überhaupt?«, fragte der Kerl.
»Endlich einmal einer, der mich nicht kennt«, grinste ich. »Ich heiße Jeny Cotton, meine Freunde nennen mich Jerry, und ich bin G-man.«
»Da hat er sich anscheinend den Richtigen ausgesucht«, höhnte der Kerl. »Im Übrigen glaube ich Ihnen kein Wort.«
»Davon können Sie sich sehr leicht überzeugen, mein Lieber. Meine Erkennungsmarke steckt in der linken Hosentasche. Entweder Sie gestatten gütigst, dass ich sie heraushole, oder Sie bedienen sich.«
Ich hatte den Eindruck, dass die beiden einen schnellen Blick tauschten.
»Legen Sie die Hände hinter den Kopf, und machen Sie keine Bewegung, sonst knallt es.«
Ich gehorchte, und der Bursche kam langsam und vorsichtig näher. Er schien dem Frieden nicht ganz zu trauen.
Er wechselte die Pistole von der rechten in die linke Hand und streckte den Arm aus, um mir in die Taschen zu greifen.
Genau in diesem Moment tat es einen Schlag. Es war, als ob ein schwerer Gegenstand unmittelbar neben mir auf die Dielen fiel.
Unwillkürlich fuhr der Kerl herum.
Mein rechtes Knie kam in unsanfte Berührung mit seinem Bauch und meine geballte Faust mit seiner Kehle. Er flog nach rückwärts und prallte gegen seinen Genossen, der gerade im Begriff war, etwas aus der Tasche zu fischen, was ich zu Recht für ein gefährliches Instrument hielt. Jedenfalls verloren beide die Balance und stürzten zu Boden.
Im nächsten Augenblick waren die beiden mit Raketengeschwindigkeit zur Tür hinaus.
Zuerst wollte ich den Gangstern nachlaufen, aber dann überlegte ich es mir anders.
Bums! Bums! dröhnte es, und dazwischen hörte ich zum ersten Mal ein klägliches Jaulen.
Das Getöse kam, wie ich erst jetzt bemerkte, aus dem Kleiderschrank.
Ich sah mich nach einem Werkzeug um und fand keins.
Also trat ich zwei Mal kurz gegen die Tür, das Holz splitterte und zwei Minuten später war der Schrank offen.
Im Innern fand ich den würdigen Rechtsanwalt Sidney Briggs.
Zurzeit allerdings sah er gar nicht würdig aus. Sein tadelloser Anzug war zerknautscht und sein Hemd schmutzig. Um die Fußknöchel trug er eine vielfach verknotete Wäscheleine, und ein Stück von derselben Sorte baumelte 50 .
von seinem linken Handgelenk. Neben ihm am Boden lagen ein paar Lappen, denen man ansah, dass sie als Knebel gebraucht worden waren.
Ich schnitt die Stricke an den Füßen durch, und dann packte ich das absolut nicht leichte Paket unter den Armen, zog es aus seinem Gefängnis und setzte Mr. Briggs auf den Fußboden.
Da hockte er nun und schnaufte wie ein Walross.
Ich schnappte mir ein Glas, das über dem Waschbecken stand, füllte es und setzte es ihm an die Lippen. Mr. Briggs nahm einen Schluck und spuckte. Wasser war eine Flüssigkeit, die er augenscheinlich nicht einmal in diesem Zustand zu sich nehmen wollte.
Ich suche also weiter und fand eine Flasche, in der sich noch ein schäbiger Rest Bourbon fand. Ich entkorkte sie und gab sie ihm einfach in die Hand.
Mr. Briggs setzte sie mit erstaunlicher Geschicklichkeit an den Mund und gluckerte, bis auch der letzte Tropfen durch seine Kehle geronnen war.
»Schweinerei«, stöhnte und schnaufte er, und kam mit meiner Hilfe auf die Beine.
Da konnte man wieder einmal sehen, welch erstaunliche Wirkung Alkohol zur rechten Zeit haben kann. Inmitten des ganzen Durcheinanders setzte ich ihn auf einen Stuhl und fragte: »Erstens: Was wollten sie von mir? Zweitens: Wer hat Sie da eingesperrt?«
»Wer mich eingesperrt hat, weiß ich nicht. Ich hörte, dass jemand durch den Vorraum kam, aber da ich glaubte, Sie seien es, blickte ich gar nicht auf. Bevor ich überhaupt zu mir kam, war ich gefesselt, geknebelt und in den Kleiderschrank gesperrt. Ich hörte dann, wie die Kerle, es müssen mindestens zwei gewesen sein, alles auf den Kopf stellten, schimpften, weil sie nichts fanden, und wieder abzogen. Dann kamen Sie, und zu dieser Zeit war ich bereits dabei, die Handfesseln langsam zu lockern. Es gelang mir aber erst, diese abzustreifen, als der Krach hier draußen in vollem Gang war. Ich zog auch den Knebel aus dem Mund und versuchte, mich bemerkbar zu machen. Ich begreife
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