0247 - Kein Mörder träumt vom Todesstuhl
Zeit ist, so werde ich es dir sagen.«
Wenn Phil so geheimnisvoll tat, musste das einen Grund haben.
Er zog sich in einen zurzeit leeren Raum zurück und schloss die Tür von innen ab. Um zwölf Uhr mittags kam er wieder zum Vorschein.
»Wir sind soweit, Jerry, aber du musst mir das Vergnügen lassen, dich zu überraschen«, sagte er. »Komm! Gehen wir los, aber vergiss deine Pistole nicht.«
»Wohin?«, fragte ich, als ich am Steuer meines Jaguars saß.
»In die City zum Büro des Rechtsanwalts Briggs.«
Es lag mir auf der Zunge zu fragen, was er dort wollte, aber ich schwieg.
***
Mr. Briggs saß hinter seinem mit Akten bedeckten Schreibtisch, in dem wieder aufgeräumten Office. Als wir nach kurzem Anklopfen hineinkamen, blickte er ärgerlich auf und öffnete den Mund, aber dann schwieg er. Er sah Phil an und dieser ihn. Es war, als ob eine elektrischer Funke von einem zum anderen springe.
Der Anwalt erhob sich halb aus seinem Sessel und fragte: »Was verschafft mir das unerwartete Vergnügen?«
»Das müssten Sie eigentlich wissen, Mr. Briggs«, sagte mein Freund.
»Ich weiß gar nichts. Ich weiß auch nicht, was Ihr Benehmen bedeuten soll. Was wollen Sie eigentlich?«
»Geld will ich. Ich will die hundert -fünfundsiebzigtausend Dollar, die Ihnen Judith Armstrong zur Aufbewahrung übergeben hat.«
»Ich glaube, Sie sind nicht ganz bei Trost. Niemand hat mir Geld zur Aufbewahrung übergeben und am allerwenigsten Mrs. Armstrong.«
»Es hat keinen Zweck, wenn Sie leugnen, Briggs. Hier!«
Mein Freund zog eine Anzahl Zettel die mit der gestochenen Handschrift der Ermordeten bedeckt waren, aus der Tasche, legte sie auf den Tisch und schlug mit der flachen Hand darauf.
»Eigentlich hätten Sie wissen müssen, Briggs, dass Judith Armstrong jedes Papier und jeden Brief seit vielen Jahren aufbewahrt. Diese Papiere habe ich gesichtet und unter ihnen die Belege darüber gefunden, dass die Ermordete den Inhalt der Kassette verkaufte, als 64 sie hörte, dass Parson nicht mehr im Gefängnis sei und sie deswegen befürchten musste, Parson werde seinen Beuteanteil verlangen. Der Diebstahl lag schon so weit zurück, dass Judith Armstrong nicht viel weniger als den tatsächlichen Wert dafür erhielt. Sie tätigte den Verkauf selbst, weil sie weder Ihnen noch Hubert traute. Aber sie gab Ihnen den Betrag von hundertfünfundsiebzigtausend Dollar in einem versiegelten Umschlag zugleich mit einer Ergänzung zu ihrem Testament. Ich habe eine Abschrift dieser Ergänzung, die Sie zweifellos vernichtet haben, hier. Demnach sollten Sie fünfundzwanzig Prozent und den Rest Alice Armstrong, Elmer Armstrong und Esther Armstrong zu gleichen Teilen erhalten. Leugnen nützt nichts, Mr. Briggs! Wo haben Sie die hundertfünfundsiebzigtausend Dollar hingeschafft?«
»Hier sind sie«, antwortete der Rechtsanwalt und öffnete die Schublade zu seiner Rechten, aber bevor er die Pistole entsichern konnte, hatte Phil sie ihm aus der Hand geschlagen.
»Danke, Mr. Briggs, das genügt mir«, grinste mein Freund und dann schnappten die Handschellen.
***
Damit war der Fall Armstrong, der uns so viel Kopfzerbrechen gemacht hatte, geklärt. Das Einzige, was mir noch schleierhaft erschien, war mein Erlebnis vor zwei Tagen im Office des Anwalts, aber auch das klärte sich.
Da er nichts mehr zu verlieren hatte, gab er zu, er habe mich dorthin bestellt, um sich eine Rückendeckung zu verschaffen. Er fürchtete, wir hätten etwas gemerkt. Darum sorgte er selbst für die nötige Unordnung, kletterte in den Kleiderschrank und band sich selbst die Füße zusammen. Er wollte, dass ich ihn fände, wenn ich ankomme und natürlich alles durchsuchte.
Allerdings hatte er nicht auf der Rechnung gehabt, dass andere der Wahrheit bereits viel nähergekommen waren als wir. Hubert, der ja aufgrund des ursprünglichen Testaments die Hälfte des Erlöses aus dem Inhalt der Kassette erhalten sollte, wusste, dass nur Briggs im Besitz der Steine und Schmucksachen sein konnte, denn er konnte sich ausrechnen, dass Judith Armstrong diese nicht im Haus behalten hätte, sobald sie erfuhr, dass Parson entlassen worden war.
Hubert hatte allerdings nicht gewusst, dass nicht der Schmuck, sondern der Gegenwert in Geld in Briggs Händen war. Wir fanden diesen hübsch sortiert und gebündelt im Tresor der First National, wo der Anwalt die ganze Summe deponiert hatte.
Briggs hatte immerhin nichts weiter als eine Unterschlagung begangen, aber mit Hubert erlebten wie noch eine
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