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0249 - Die Stunde der Bestien

0249 - Die Stunde der Bestien

Titel: 0249 - Die Stunde der Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Stunde der Bestien (2 of 2)
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in Richtung auf das Zelt zu, war er stehengeblieben. Ich hätte ihn in der Dunkelheit beinahe umgerannt.
    »Was war los?«, keuchte ich atemlos.
    »Jemand muss uns belauscht haben«, erwiderte er. »Ich sah eine Gestalt in der Finsternis verschwinden, als ich aus dem Wagen herauskam. Aber ich war noch geblendet von dem Licht in Phils Wagen. Du weißt ja, wie das ist, wenn man aus dem Hellen ins Dunkle kommt. Zuerst sieht man fast gar nichts. Er ist entwischt.«
    »Hol deine Waffe. Wir finden ihn schon«, sagte ich überzeugt. »Er hat ausgespielt.«
    Fünf Minuten später gingen wir zu dritt auf das Zelt zu. Wir suchten die kleineren Zelte von hinten her ab. Als wir die Abteilung betraten, in der die Tiere untergebracht sind, brach im Zelt ein Lärm los, der sich einfach nicht beschreiben lässt. Es war das vielstimmige Gebrüll einer in Panik versetzten Menschenmenge.
    Wir blieben wie angewurzelt stehen. Für zwei oder drei Sekunden. Dann jagten wir in großen Sprüngen durch das mittlere Zelt. Als wir endlich den Zwischengang erreicht hatten, rannte uns beinahe eine Gruppe von Manege-Arbeiter über den Haufen. Ich hielt einen am Ärmel fest und rief: »Was ist denn los?«
    Der Mann war völlig verstört. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Um uns brandete das nackte Chaos. Schrille Frauenstimmen kreischten. Die Holzbänke auf den Zuschauertribünen brachen krachend zusammen. Ich schüttelte den Mann und fuhr ihn an.
    »Los, reden Sie. Was ist geschehen?«
    Die Antwort ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
    »Die Königstiger sind los.«
    Es war die Stunde der Bestien.
    ***
    Direktor Johnson hatte seine Hände in das Seidenhemd gekrallt, das Mitropolus während seines Auftrittes zu tragen pflegte. Er schüttelte den Griechen hin und her, während die Schläfenadern an seinem Kopf wie kleine Schlangen züngelten.
    »Mann, wie konnte denn so etwas geschehen?«, brüllte er.
    Ich schlug ihm die Hände mit den Fäusten weg, schob mich zwischen Johnson und Mitropolus und versuchte, eine vernünftige Antwort aus ihm herauszulocken.
    »Hören Sie, Mitropolus, Sie müssen jetzt die Nerven behalten. Sie treten doch mit den Tigern immer auf, nachdem sie gefüttert worden sind. Die Tiere können also doch keinen Hunger haben. Folglich kann es doch nicht allzu schlimm werden.«
    Er schluckte krampfhaft. Dann stieß er mit einer Stimme hervor, die von Weinkrämpfen geschüttelt wurde.
    »Die Tiere sind nicht gefüttert worden. Wir fanden das Fleisch, das sie bekommen sollten, im Vorratszelt. Smith hat die Tiere nicht gefüttert. Er hat sie absichtlich wild gemacht. Er gab ihnen frisches Blut zu trinken.«
    Ich fühlte, wie in meinem Innern etwas eiskalt nach dem Herzen griff. Für ein paar Herzschläge hörte ich das Blut in meinen Ohren rauschen.
    »Frisches Blut? Woher hatt er denn frisches Blut?«
    »Ein Pferd musste doch geschlachtet werden. Vor ein paar Stunden. Er hat einen Eimer Blut beiseite gebracht und es den Tieren in den Wagen geschüttet, bevor er sie durch den Gang in die Manege trieb. Ich merkte gleich, dass sie außergewöhnlich wild und unruhig waren, als sie in die Manege kamen. Aber ich konnte doch nicht wissen, dass er sogar den Gitterabschnitt oben am zweiten Mast angesägt hatte. Als ich Britty wie üblich auf die Querstange springen ließ, brach der ganze Gitterteil heraus.«
    Die Worte musste er brüllen, denn noch immer tobte ein unbeschreiblicher Lärm um uns. Zwei Tiger lagen auf dem Rücken und wurden von zwanzig wild arbeitenden Männern mit Ketten gefesselt.
    »Wie viele Tiere sind los?«, brüllte ich den Dompteur an.
    »Noch zwei.«
    Ich ließ ihn stehen. Er war vor Aufregung einem Nervenzusammenbruch nahe. Das große Zelt war viel zu unübersichtlich, als dass man auf den ersten Blick etwas Genaues hätte sehen können. Wo die Ausgänge waren, stauten sich Strudel von brüllenden, kreischenden, schreienden Menschen.
    Auf der hinteren Zeltseite, jenseits der Manege, sah ich den ersten Tiger. Er hockte auf einer Logenbrüstung und starrte regungslos nach vorn. Ich lief quer durch die Manege. Die einzelnen Abschnitte des zwölfeckigen Gitterkreises, der bei der Raubtiernummer in der Manege aufgebaut wurde, lagen kreuz und quer übereinander. Ein Teil war von den Zuschauern eingedrückt worden, als die Panik entstand. Der Rest war von allein zusammengebrochen, als ihm die Stützte der anderen fehlte.
    Als ich noch zehn oder fünfzehn Schritte von der Loge entfernt war, sah ich den Clown

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