Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0249 - Die Stunde der Bestien

0249 - Die Stunde der Bestien

Titel: 0249 - Die Stunde der Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Stunde der Bestien (2 of 2)
Vom Netzwerk:
Feuer. Fiedler packte das erste Messer ganz vorn an der Spitze und holte aus.
    Ein Feuerrad schnellte durch die Luft, die Spitze der Klinge bohrte sich mit einem dumpfen Ton in das Holz der Scheibe, drei Finger breit neben dem Hals der Frau.
    Das zweite Messer flog, als ich Fiedler zögern sah. Irgendetwas musste passiert sein. Fiedler griff nach dem dritten Messer. Er holte aus, ließ aber den Arm sinken und zögerte wieder.
    Unruhe breitete sich aus. Obgleich kein Geräusch zu hören war außer dem leichten Surren des Elektromotors, spürte ich doch, dass sich eine nervöse Spannung mehr und mehr ausbreitete. Ja, es kam mir sogar vor, als hätte der Motor heute ein anderes Geräusch als sonst. Aber das war natürlich Unsinn.
    Fiedler hob den Arm. Der Griff des Messers flackerte in bläulichen Flammen. Da, jetzt schnellte Fiedlers Arm vor, das Messer verließ seine schwunggebende Hand - und bohrte sich tief in den Oberschenkel der festgeschnallten Frau. Ihr Schrei hallte spitz und gellend durch das große Zelt.
    ***
    Die entsetzliche Reaktion des Publikums wogte wie ein auf- und abschwellendes Brummen durch das große Zelt. Ich stürzte zusammen mit der Manegenwache nach vorn. Jemand - ich glaube, es war Fiedler selbst -brachte den Elektromotor hinter der Scheibe zum Stehen, sodass die Scheibe zur Ruhe kam. Mit eiligen Handgriffen schnallten wir die Verletzte, die inzwischen ohnmächtig geworden war, los und trugen sie hinaus in den Zwischengang.
    Die Verwundung konnte kaum lebensgefährlich sein. Ich lief wieder zurück in die Manege, Fiedler stand in seiner Häuptlingstracht fassungslos neben dem Tisch, auf dem die Messer lagen. Er war kreidebleich.
    »Hören Sie,Fiedler«, rief ich schnell, »Sie haben ein paarmal gezögert, als Sie auf die Scheibe warfen. Warum?«
    Er schrak aus seiner Erstarrung auf und wandte mir das geisterhaft blasse Gesicht zu.
    »Das ist mir in vierzehn Jahren noch nicht ein einziges Mal passiert«, brachte er tonlos hervor. »Glauben Sie mir, in vierzehn Jahren…«
    Ich fiel ihm mit einer herrischen Handbewegung ins Wort.
    »Zum Teufel, Fiedler. Sie sollen mir meine Frage beantworten. Ich habe es genau beobachtet. Sie zögerten ein paarmal, als Sie mit den Fackelmessem auf die rotierende Scheibe warfen. Warum taten Sie das? Warum haben Sie gezögert?«
    »Etwas war mit dem Motor nicht in Ordnung. Ich hörte es am Geräusch. Aber ich konnte doch die Nummer nicht mitten im Höhepunkt abbrechen.«
    »Drehte sich die Scheibe nicht gleichmäßig?«
    »Glauben Sie denn, das wäre passiert, wenn sich die Scheibe gleichmäßig gedreht hätte?«, erwiderte er zornig. »Ich trete seit vierzehn Jahren mit dieser Nummer auf, und es ist noch nie schief gegangen.«
    Ich ließ ihn stehen und war mit ein paar weiten Schritten bei der Scheibe, die ein paar Manege-Diener gerade hinaustragen wollten.
    »Augenblick, Herrschaften«, stoppte ich sie. »Das will ich mir erst einmal ansehen.«
    »Menschenskind, das können Sie doch draußen noch machen«, raunzte mich einer von den Arbeitern an. »Die Show muss weitergehen.«
    »Nehmen Sie Ihre. Finger von der Scheibe und warten Sie, bis ich’s Ihnen sage«, erwiderte ich entschlossen. »Die Show kann auch in einer Minute noch weitergehen.«
    Ich ging hinter die Scheibe, kniete nieder und besah mir den Motor. Nun bin ich gewiss kein Fachmann für Elektromotoren. Ich sah nichts, was mir aufgefallen wäre. Trotzdem betätigte ich den Schalter, der den Motor anließ.
    Und da wurde es mir allerdings klar. Vom Motor lief ein Keilriemen über ein Rad, das die Scheibe drehte. Der Motor hatte sein gleichbleibendes Tempo. Trotzdem drehte sich die Scheibe manchmal nur ruckweise. Der Keilriemen rutschte. Ich schaltete den Motor aus und packte den Riemen, um ihn von den beiden Rädern abzuziehen. Es gelang. Nur wurden meine Hände dabei fettig.
    Der Riemen war auf der Laufseite eingefettet. Das war das ganze Geheimnis.
    »Tragt das Ding jetzt raus«, sagte ich zu den Arbeitern und verließ selbst die Manege wieder.
    Im Zwischengang wurde die Marchese gerade auf eine Bahre gelegt.
    Betretene Gesichter, wohin man sah. Jemand zupfte mich am Ärmel. Als ich über die Schulter blickte, sah ich das neugierige Gesicht des Kunstschützen.
    »Was ist los?«, zischte er gespannt. »Sie haben sich die Scheibe angesehen. Stimmt was nicht mit dem Motor? Oder hat Fiedler einfach mal Pech gehabt?«
    »Er hat Pech gehabt«, sagte ich wider mein besseres Wissen. »Das kann schließlich

Weitere Kostenlose Bücher