0253 - Judys Spinnenfluch
vor der Scheibe und der Jalousie.
Eine gewaltige Spinne. Ein schauriges Monstrum, auch aus meiner Sicht zu erkennen, wobei ich nicht gerade in seiner Nähe stand.
Eine Riesenspinne, sicherlich so groß wie ein Mensch.
Ich schüttelte mich. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, daß ich es mit Riesenspinnen zu tun bekam. Ähnliche Abenteuer lagen bereits hinter mir. Und die Spinne, sollte sie sich tatsächlich als eine solche entpuppen, mußte irgendwie in Verbindung mit dem Mädchen stehen, denn in seinen Augen hatte ich die beiden Spinnen gesehen.
Ich stand auf. Die Matratze bewegte sich dabei, und Judy hatte es bemerkt. »Wo wollen Sie hin, Mr. Sinclair?«
»Zum Fenster.«
»Was gibt es dort zu sehen?«
Ich grinste nach dieser Frage. Die Wahrheit wollte ich ihr nicht sagen, vielleicht wußte Judy sie ohnehin, dann kam ich mir lächerlich vor. Deshalb schwieg ich.
Sie ließ aber nicht locker. »Mr. Sinclair, bitte, was wollen Sie da sehen?«
»Das erzähle ich Ihnen gleich.« Nach diesen Worten lockerte ich die Beretta in meiner Halfter, um die Waffe so rasch wie möglich ziehen zu können.
Vor der Scheibe blieb ich stehen. Rechts befand sich das lange Band, an dem man die Jalousie in die Höhe ziehen konnte. Ich faßte es an und zog es allmählich in die Höhe, dabei hielt ich den Blick auf die Spinne gerichtet.
Die Jalousie gab immer mehr von der Scheibe frei. Zuerst nur die untere Hälfte, ich zog weiter und hätte an sich die Beine der Spinne sehen müssen, da war nichts.
Ein freier Blick nach draußen auf den Parkplatz wurde mir gestattet, wo auch mein Bentley stand.
Keine Spinne zu sehen!
Das sollte begreifen, wer wollte. Ich jedenfalls nicht und schüttelte den Kopf. Hatte mich ein Spuk genarrt?
War diese Spinne nur Einbildung gewesen?
Das wollte ich nicht so recht glauben, denn ich hatte die Umrisse genau erkennen können. Den halbrunden Körper, die langen Beine.
Nein, das war keine Täuschung gewesen. Um sicherzugehen, öffnete ich das Fenster. Es besaß zwei Hälften, die erste zog ich auf und bog meinen Oberkörper nach draußen, wobei ich ein dumpfes Gefühl hatte, denn die Spinne konnte auch über mir lauern.
Zuerst schaute ich nach unten. Mein Blick glitt dabei direkt an der Hauswand entlang, aber von dem Monstrum war keine Spur zu sehen. Ich entdeckte sie auch nicht, als ich meinen Blick nach rechts und anschließend nach links gleiten ließ. Sie war verschwunden, und zwar so schnell, als hätte sie sich in Luft aufgelöst.
Das war mir ein Rätsel.
Vom Bett her hörte ich die dünne Stimme der Blinden. »Mr. Sinclair, bitte, was machen Sie da?«
»Ich hole mir frische Luft.«
»Das kann ich Ihnen nicht glauben.«
»Ist aber so«, erwiderte ich, schaute mir noch einmal die Hauswand an, fand sie leer und wandte mich wieder um. Als ich das Fenster schloß, zitterten die Scheiben.
Langsam schritt ich wieder auf das Bett zu und setzte mich neben die Blinde. Abermals schaute ich in ihre Augen, und jetzt sah ich die beiden Spinnen nicht mehr.
Verdammt, das schlug dem Faß den Boden aus. Wollte man mich hier auf den Arm nehmen? Narrte mich ein Spuk?
»Was haben Sie, Mr. Sinclair?« Das Mädchen konnte mich mit seiner Fragerei ganz schön fertigmachen. Ich wußte im Moment keine Antwort, denn ich war mir über Judys Rolle ebenfalls nicht im klaren. Spielte sie mir etwas vor? Wußte Judy Bescheid und wollte nur nichts sagen?
Fast mußte ich damit rechnen, und ich schaute sie scharf an.
Dabei hielt ich meine Hand noch dicht vor ihre Augen und bewegte schnell die Finger, doch sie reagierte nicht.
Judy war blind!
Tief atmete ich ein, bevor ich die nächste Frage stellte. »Sagen Sie mal, Judy, mögen Sie Spinnen?«
»Spinnen?«
»Ja, diese Tierchen, vor denen sich die meisten Frauen oder Menschen ekeln.«
»Nein, wieso?«
»Ich dachte es nur, weil ich in Ihren Augen zwei kleine Spinnen gesehen habe.«
»Da müssen Sie sich täuschen, Mr. Sinclair. Ich kann nicht sehen.«
»Das habe ich auch nicht gesagt. Aber ich sah in Ihren Augen zwei kleine Spinnen.«
»Sie sollten vorsichtig sein, denn sie sind gefährlich. Bleiben Sie weg, Mr. Sinclair, falls es nicht schon zu spät für Sie ist. Glauben Sie mir!«
Jetzt verstand ich überhaupt nichts mehr. Da hatte Judy innerhalb von wenigen Sekunden ihre gesamte Haltung geändert.
Aus welchem Grund denn nur, zum Henker? Zuerst hatte sie getan, als würde sie das alles nichts angehen, jetzt redete sie plötzlich völlig anders und
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