0259 - Der Prophet des Teufels
wir wenigstens nicht auf.
Der gesamte Verkaufsraum war in einen eleganten Salon verwandelt, mit zierlichen Tischchen, bequemen Sesseln und in der Mitte der mit weißem Samt bezogene Laufsteg.
Eine Kapelle spielte diskret.
Mit einer Viertelstunde Verspätung ging es dann los.
Es wurden Programme verteilt, auf denen die vorzuführenden Herrlichkeiten mit Nummern bezeichnet waren und bei jedem Stück stand der Name des vorführenden Mannequins: Gloria, Yvonne, Violette, Joyce und Bianca.
Ich nahm an, dass Joyce die Richtige sein würde. Die Schau hieß »vom Morgen bis Mitternacht.« Dementsprechend begann sie mit Negliges und reichte über Vormittagskleider, Kostüme, Nachmittags- und Cocktail-Roben bis zum großen Abendkleid.
Joyce trat in Erscheinung.
***
Das Mädchen sah toll aus. Sie hatte lange Beine und eine schmale Taille. Ihr Gesicht war rassig, mit bronzefarbener Haut, vollen Lippen und einer leicht gebogenen, schmalen Nase. Die Augen waren schwarz wie die Nacht, genau wie das Haar, das sie sehr kurz trug. Ihr Charme war unnachahmlich und der Beifall, den sie erntete, galt nicht nur den herrlichen Modellen, die sie vorführte.
Ich konnte mir kaum vorstellen, dass diese elegante Frau Kathleen Ardmores Freundin oder auch nur Bekannte sein könne. Die beiden hatten eigentlich gar nichts gemeinsam.
Ebenso konnte ich mir Joyce West nicht in einem Lokal wie The Dump denken.
Es schüttelte mich, wenn ich mir das vorstellte.
Allerdings musste sie zwar nicht vornehm oder charmant aber auf andere Weise aufregend wirken, wenn sie einen regelrechten Twist aufs Parkett legte.
Wir wussten immer noch nicht, ob diese Joyce diejenige war, die wir suchten. Mannequins legen sich gewöhnlich Fantasienamen zu, und als ich ganz diskret einen der dienstbaren Geister fragte, bekam ich nur ein lächelndes Achselzucken zur Antwort.
Augenscheinlich hatte das Personal Instruktionen, die Mannequins nach bestem Können abzuschirmen.
Wir gingen. Wir waren unter den letzten, die den Salon verließen.
Die Nacht war lau.
Noch einen Augenblick standen wir auf dem Bürgersteig und sahen zu, wie zwei Damen, von denen die eine ein Hermelin-Cape und die andere einen anderen zweifellos kostbaren Pelz trug, von ihren Ehemännern in einen überdimensionalen Caddy manövriert wurden.
Es folgte eine steinalte Dame, der ich niemals zugetraut hätte, dass sie eine Modenschau besuche, die aber mehr kostbare Steine an den Ohren und an den Händen hatte als ein mittlerer Juwelier in seinem Laden. Sie stieg in einen Rolls Royce.
Dann endlich machten wir kehrt, um meinen Jaguar zu holen. Da stand ich plötzlich Auge in Auge mit dem Rotschopf Kathleen Ardmore gegenüber.
***
»Hallo, was machen Sie denn hier?«, lachte sie. »Wollten Sie mir ein Abendkleid kaufen?«
»Dazu, mein liebes Kind, reicht mein Gehalt nicht, aber wir haben uns die Show einmal angesehen. Ich muss sagen, wir haben uns glänzend amüsiert.«
»Dann haben Sie ja auch meine Freundin gesehen.«
»Wahrscheinlich, aber welche ist es?«
»Joyce natürlich. Ihr Name steht doch auf dem Programm.«
»Ja, wenn man wüsste, ob es auch der richtige ist.«
»Fragen Sie sie selbst. Da kommt sie gerade.«
Es war tatsächlich das Mannequin Joyce, das in einem einfachen, aber schicken Kostüm auf uns zukam.
»Na, Kathleen, ich habe dich schon gesucht. Du bist so plötzlich verschwunden, oder hattest du ein Rendezvous?«
Ihre lächelnden Augen nahmen uns prüfend auf.
»Oh nein, Joyce. Die Begegnung war zufällig. Dies sind Mister Cotton und Mister Decker,Vornamen Jerry und Phil. Wenn ich dir verrate, was die beiden interessanten Männer sind, so schlägst du lang hin.«
»Dann verrate es mir lieber nicht«, lachte Joyce West.
»Doch. Es sind G-men, Special Agents des FBI. Da siehst du, was ich für interessante Freunde habe.«
Das Mannequin lachte.
»Du bist und bleibst ein Kindskopf, Kathleen.«
Kathleen kicherte vergnügt und schlug etwas vor.
»Es ist jetzt genau elf Uhr, gerade die richtige Zeit, um irgendetwas anzustellen. Wo wollen wir hin?«
Diese Frage war nicht nur an Joyce West, sondern auch an uns gerichtet.
»Wir wissen ja gar nicht, ob Ihre Freundin mit unserer Begleitung einverstanden ist«, sagte Phil.
»Aber selbstverständlich. Wenn mir jemand nicht passt, so pflege ich draus keinen Hehl zu machen«, lächelte Joyce. »Eigentlich wollte ich ja ganz solide nach Hause gehen, aber wenn Kathleen sich in den Kopf gesetzt hat, jemanden zu einem Bummel zu
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