0259 - Der Prophet des Teufels
verführen, so setzt sie ihren Kopf gewöhnlich durch.«
Ich schlug das Penthouse Club vor, der erstens vergnügt, zweitens originell und drittens nicht zu weit entfernt war. Kathleen schien andere Wünsche zu haben. Sie flüsterte mit ihrer Freundin, aber diese schüttelte energisch den Kopf und sagte: »Heute nicht, Kleine. Verschieben wir das auf ein andermal.«
Es wurde ein sehr vergnügter Abend. Joyce war eine angenehme Gesellschaft und wir flirteten miteinander. Kathleen schien schlechter Laune zu sein.
Ich hatte sie im Verdacht, dass sie andere Pläne gehabt hatte und beleidigt war, dass Joyce darauf nicht eingegangen war. Um zwei Uhr brachen wir auf.
Natürlich erboten wir uns die beiden Mädchen nach Hause zu bringen. Zuerst Kathleen in die 99. Straße und danach Joyce, die ein Appartement in der 114. West hatte.
Auf diesem letzten Stück des Weges saß Joyce neben mir auf dem Beifahrersitz, und jetzt konnte ich endlich die Frage stellen, die mir schon den ganzen Abend auf der Zunge brannte.
»Stimmt es, dass Sie Kathleen diesen unmöglichen Laden in der 57. Straße, als ›lustiges‹ Tanzlokal empfohlen haben?«
»Empfohlen ist wohl ein falscher Ausdruck. Wir unterhielten uns über das, was in New York los sei und dabei erwähnte ich dieses Lokal. Natürlich wollte ich nicht, dass Kathleen das als Empfehlung auffasst und sofort hinrennt. Ich schäme mich fast, bekennen zu müssen, dass ich selbst von Zeit zu Zeit da war. Vielleicht halten Sie mich jetzt für eine ganz unmoralische Frau und vielleicht«, sie lächelte kokett, »bin ich das sogar.«
Wieder dieses dunkle, erregende Lachen und dann waren wir an der angegebenen Adresse angelangt.
Wir warteten, bis sie die Haustür geöffnet und dahinter verschwunden war.
»Hast du unserem Gespräch zugehört?«, fragte ich Phil.
»Klar, und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Joyce West ein kleiner Satan ist.«
***
Als ich am nächsten Morgen in meinen Jaguar stieg, blinkte mir etwas vom Polster des Beifahrersitzes entgegen. Ich griff danach und hielt eine Anstecknadel in der Hand, eine Nadel mit einem Kreuz und dem Engel mit dem Teufel.
Ich wusste, dass die Nadel, die ich von Crosswing erhalten hatte, im Office im Panzerschrank lag, also musste diese in meinem Wagen verloren worden sein. Es gab nur einen Menschen, dem sie gehören konnte, und das war Joyce West, die neben mir gesessen hatte.
Als ich Phil meine Entdeckung mitteilte, sagte er ungerührt: »Das ist für mich keine Überraschung. Ich habe etwas Derartiges geahnt. Du hast keinen Blick für Frauen, denn sonst hättest du erkannt, dass dieses Mädchen nicht einen, sondern tausend Teufel im Leib hat.«
Jetzt kannten wir also endlich eine Person, die die Teufelsnadel, wie ich sie im Stillen nannte, getragen hatte. Wenn ich mir das, was Joyce West mir am Vorabend auf dem Nachhauseweg gesagt hatte, zusammenreimte, und das mit dem kombinierte, was ich über den Teufelskult gehört hatte, konnte ich mir ganz gut vorstellen, dass das schöne Mannequin von Zeit zu Zeit eine der wilden Orgien des Propheten mitfeierte. Allerdings wehrte ich mich gegen den-Verdacht, sie könne etwas mit Verbrechen oder Morden zu tun haben. Irgendwie war sie mir sympathisch.
Nun, was Joyce West betraf, nahm ich mir vor, meine persönlichen Gefühle zu unterdrücken und alles zu tun, um ihr auf die Schliche zu kommen.
Vorläufig jedoch sollte ich dazu keine Zeit haben. Zuerst prüfte ich die Berichte unserer Kollegen, die ausgeschickt worden waren, um nach dem falschen Propheten zu suchen. Einer davon war besonders schlau gewesen.
Wo ein Prophet ist, so hatte er sich gesagt, da muss auch eine Gefolgschaft oder Gemeinde sein. Er hatte sich ein Verzeichnis aller bekannten Gemeinden und Sekten besorgt und begonnen, diese abzugrasen. Die Heilsarmee, die Zeugen Jehovas, die Bibelforscher und die von der Christlichen Wissenschaft, hatte er ausgelassen. Dagegen war er bei den Zwölf Aposteln, den Sieben Weisen von Zion, den drei Erzengeln, den Propheten und zuletzt in einem Bethaus gewesen, das sich das Paradies auf Erden nannte.
Dieses Letztere empfahl er unserer Aufmerksamkeit, nicht etwa, weil er den Verdacht hatte, der Gangster, der sich Prophet nannte, treibe dort sein Unwesen, sondern weil er die ganze Aufmachung für ein glänzendes, wenn auch verrücktes Theater hielt. Dieses Paradies auf Erden befand sich in dem Haus 80 128. Straße Ost, gegenüber dem Park an der Third Avenue Bridge. Das
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