0259 - Ich stürmte den rollenden Sarg
menschliche Aussehen, wobei die rot lackierten Fingernägel glänzten, als wären Blutstropfen auf ihnen festgefroren.
Das alles war ein schreckliches, unheimliches Bild, und für Gigi Gruber wurde es noch schlimmer, als sich seine verwandelte Freundin bereitmachte, den Platz unter dem Waschbecken zu verlassen und auf ihn zuzukriechen.
Der Friseur erinnerte sich genau noch an die Worte der Verwandelten.
Sie hatte sich ihn als Opfer ausgesucht. Und den Begriff Opfer verband er sehr richtig mit dem Wort Tod.
Dann wollte sie ihn umbringen!
Glasklar stand diese Tatsache vor seinen Augen. Er sollte ein Opfer des Wertigers werden, und als er sah, wie schnell sie sich bewegte, da wurde es höchste Zeit für ihn, das Weite zu suchen.
Als sie sprang, hatte er bereits die Tür aufgerissen und hechtete über die Schwelle in die kleine Diele hinein. Er vergaß auch nicht, die Tür so hastig wie möglich zuzurammen, was sich als gut herausstellte, denn Barbara konnte ihren Sprung nicht mehr stoppen und wuchtete von innen gegen die Tür.
Das Holz vibrierte nach dem Schlag. Und Gigi Gruber zitterte ebenfalls wie Espenlaub. Er jagte auf die Wohnungstür zu, riß sie auf und sah die Treppe vor sich.
Sie führte nach unten, wo die beiden anderen, größeren Wohnungen lagen und auch der Besitzer des Hauses wohnte. Es war ein breites Treppenhaus, und es lag im Dunkeln, aber der Fliehende traute sich nicht, auf den Lichtschalter zu drücken, denn er wollte dem Untier eine Verfolgung so weit wie möglich erschweren.
Sein Pech, daß er die Örtlichkeiten nicht so genau kannte. Nach dem ersten Sprung, der ihn bis auf die Hälfte der Treppe brachte, kam er auf dem Rand einer Stufe auf, spürte den stechenden Schmerz im Knöchel und konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten.
Gigi Gruber kippte nach vorn, schlug noch schwer auf die Treppenkanten und rutschte weiter bis zum ersten Absatz, wo es ihm unter großen Mühen gelang, sich auf die Seite zu drehen.
Obwohl er kaum etwas erkennen konnte, starrte er die Treppe hoch, und ersah im aus der offenen Wohnungstür fallenden Lichtschein die Bestie am Ende der Treppe.
Im selben Augenblick wurde es im Treppenhaus hell, und Gruber begann zu schreien…
***
In warmen Sommernächten war es in Pöseldorf sicherlich wunderschön.
Da konnte man dann draußen vor den kleinen Kneipen, Pinten oder Cafés sitzen und sein Getränk schlürfen, während man den Menschen nachschaute, die durch die schmalen Straßen flanierten. An diesem kalten Märzabend war nicht viel los. Zwar parkten vor den einschlägigen Lokalen die schnellen Schlitten der Hamburger Schickeria, aber auf den Gehsteigen spazierten kaum Menschen.
Will Mallmann kurvte durch die engen Straßen. Vorbei an kleinen Plätzen, Geschäften, Restaurants und manch grünem Flecken, der zum Verweilen einlud.
Da Barbara Päuse in einer Einbahnstraße wohnte, mußte Will um einen Block herumfahren, um in diese Straße zu gelangen. Zudem mußte er noch hart auf die Bremse steigen, weil ein Typ im offenen Pelzmantel leicht angetrunken über die Fahrbahn wankte, in der rechten Hand eine Champagnerflasche.
»That's life«, kommentierte Will.
»Ich weiß nicht, ob ich mit ihm tauschen würde«, gab ich zurück.
»Der braucht wenigstens keine Dämonen zu jagen«, sagte der deutsche Kommissar.
»Das stimmt allerdings.«
»Macht dir der Job keinen Spaß mehr, John?« mischte sich Suko ein.
»Soviel wie dir.«
»Dann machen wir weiter.«
Will Mallmann stoppte neben dem Haus. Platz war vorhanden, und das Licht einer Laterne fiel auf das Wagendach.
Es war ein renovierter Altbau, in dem Barbara Päuse wohnte. Wir erkannten es beim Aussteigen. Neue Fenster waren eingebaut, die Fassade leuchtete grün.
Unten und im ersten Stock, der bereits schräg verlief, mußten die Parteien wohnen.
Es lag kein Grund vor, die Haustür aufzubrechen. Wir mußten schon auf normalem Wege in das Gebäude eindringen, aber uns war das Glück hold. Ein etwa 16jähriger Junge stieß die Tür von innen auf und verließ das Haus. Er hatte es so eilig, daß er uns kaum beachtete.
Suko startete wie ein Sprinter. Bevor die Tür ins Schloß fallen konnte, hatte er sie erreicht und blockierte sie mit dem Fuß.
»Alles klar«, rief er und winkte uns zu.
Wir waren Sekunden später bei ihm. Der Flur war ziemlich geräumig, das sahen wir in der Dunkelheit. Von oben hörten wir Geräusche, die irgendwie seltsam klangen.
Will Mallmann ging zur Seite, suchte den
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