0259 - Ich stürmte den rollenden Sarg
der Lücke und sagte dabei: »Hoffentlich kommen wir nicht zu spät.«
»Hast du irgendwelche handfesten Beweise?« wollte ich wissen.
»In diesem verdammten Fall ist alles möglich, John. Aber auch alles, das sage ich dir…«
Und Will sollte leider recht behalten…
***
Er kleidete sich nur in weiches Leder. Das allerdings mußte mit silbernen Knöpfen und ähnlichem Zierat geschmückt sein. Zudem trug er seine Haare Igel kurz, und sein etwas breites Gesicht zeigte stets die Bräune eines Solariums. Man hätte ihn für einen älteren Rocker halten können.
Das war er aber nicht.
Er beschäftigte sich beruflich mit Frauen und deren Haar- Verschönerung. Denn Gigi Gruber besaß in Hamburg zwei Friseur-Salons. Einen dritten wollte er eröffnen, hatte die Sache aber noch hinangestellt, weil ihn momentan eine Frau besonders interessierte. Barbara Päuse.
Sie war zu ihm in den Laden gekommen, um sich wegen einer neuen Frisur beraten zu lassen. Gigi Gruber hatte sich der Frau persönlich angenommen. Es war nicht nur bei der Beratung geblieben. Die Einladung zum Essen folgte, und anschließend waren sie nach Pöseldorf gefahren, um in ihrer Wohnung weiterzumachen.
Klar, daß sie im Bett landeten. Und Gruber besaß so gute Qualitäten, daß Barbara einfach nicht mehr von ihm loskam. Eine Woche danach besaß er bereits einen Schlüssel zu ihrer Wohnung. Es gehörte sowieso zu seinen Prinzipien, sich von den Freundinnen immer die Wohnungsschlüssel geben zu lassen.
Fünf an der Zahl besaß er.
An diesem Abend jedoch war er sauer. Er hatte das Apartment in der Hoffnung betreten, seine Geliebte vorzufinden, war jedoch enttäuscht worden. Nur das Licht brannte. Es erleuchtete auch das große schräge Fenster, das vom Boden hochlief und einen Teil des Daches einnahm.
Tagsüber fiel der Blick von dem Zimmer aus über eine Anzahl wunderschöner kleiner Häuser, die allesamt verschieden aussahen und auch farbige Fassaden besaßen..
Da wiederholte sich nichts.
In einem weichen Ledersessel hatte es sich Gigi Gruber bequem gemacht. Seine Finger umfaßten ein Glas, in dem goldbrauner Whisky schimmerte. Die Lehne des Sessels reichte ziemlich hoch. Gruber konnte sogar seinen Kopf dagegen drücken. Neben dem Sitzmöbel stand die moderne Lampe, ein großes weißes Dreieck, ebenso hoch wie der Sessel.
Gruber war erst verärgert gewesen, nun aber wunderte er sich. Gut, sie hatte das Licht brennen lassen. Es deutete darauf hin, daß sie nur für kurze Zeit weg war. Aber nach jetzt fünfzehn vergangenen Minuten war sie noch immer nicht erschienen, und das kam ihm doch ein wenig seltsam vor. Mit einem letzten Schluck ließ er den Whisky in seine Kehle rinnen, stellte das Glas ab und stemmte sich aus dem Sessel. Für einen Moment blieb Gruber stehen. Er schaute in die Runde, besah sich die moderne Einrichtung und suchte nach irgendwelchen Spuren, die auf einen Verbleib der Frau hindeuten konnten. Vergeblich.
Der Raum sah bewohnt aus. Der volle Aschenbecher, die leeren Gläser, in denen noch Reste schimmerten, eine hingeworfene weiße Leinenhose, ein leichter Pelz daneben und ein Recorder, der lief und von Gruber bei seinem Eintritt leiser gestellt worden war.
Da der Mann nichts mehr hörte und durch keinerlei fremde Geräusche abgelenkt wurde, fiel ihm der Laut besonders auf, der da an seine Ohren drang.
Im Wohnraum war er nicht aufgeklungen.
Gruber überlegte scharf. Die kleine Wohnung besaß noch ein Bad und eine winzige Küche. Beides zweigte von der Diele oder vom Flur ab, wo auch die Garderobe untergebracht war.
Dem Friseur fiel ein, daß er in den übrigen Räumen noch nicht nachgeschaut hatte. Ein Grinsen huschte über seine schmalen Lippen.
Sicherlich befand sich Babs im Bad. Das hätte sie ihm auch sagen können. Während er dies dachte, zerfaserte das Grinsen. Er drehte sich ziemlich wütend um und steuerte die Tür zum Bad an.
Die Mieterin der Wohnung hatte sie grün streichen lassen und mit roten Buchstaben das Wort Bad auf das Holz gemalt. Zudem besaß die Tür eine Messingklinke, und die drückte Gigi Gruber nach unten.
Verschlossen. Von innen. Das sah er, als er durch das Schlüsselloch schaute und der Blickausschnitt durch den steckenden Gegenstand versperrt wurde.
Blöd, dachte er, sich da einzuschließen! Und er schlug mit der flachen Hand gegen die Tür. »He, Babs, bist du im Bad?«
Er bekam eine Antwort. Sie hörte sich nur so seltsam an. Es konnte ein Ächzen sein und gleichzeitig auch ein Ja
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