0259 - Ich stürmte den rollenden Sarg
er verkohlte und von einem bläulichen Leuchten umgeben wurde.
Bis zum Ende des Wertigers blieb ich liegen. Was von ihm zurückblieb, war zusammengeschrumpft und blieb wie ein mumienhaftes Etwas auf dem Wagendach liegen.
Er würde keinen mehr anfallen.
Dafür jedoch war noch jemand übriggeblieben: Barbara Päuse. Bisher hatte ich sie nicht zu Gesicht bekommen. Sie mußte sich also noch im Zug befinden und würde versuchen, sich neue Opfer zu holen.
Vorsichtig bewegte ich mich nach links an den Rand des Wagendachs zu: Ich schaute nach unten, um die Entfernung für einen Sprung abzuschätzen, als ich eine Gestalt wegrennen sah.
Es war die Päuse!
Und sie versuchte mit aller Macht, das Weite zu finden, um in der Dunkelheit zu entkommen.
Wo Suko, und Will steckten, wußte ich nicht. Die Zeit auf dem normalen Wege vom Dach zu klettern, konnte ich mir nicht nehmen. Dann würde ihr Vorsprung zu weit anwachsen.
Also springen.
Ich gab mir Schwung, denn auf keinen Fall durfte ich auf den Schotter oder auf den Damm prallen.
Beides ließ ich hinter mir. In einem Halbkreis segelte ich dem Erdboden entgegen, der zum Glück weich und mit feuchter Wiese bedeckt war.
Ich kam auf.
Sehr viel Wucht besaß ich noch, wurde nach vorn geschleudert und hatte Mühe, mich zu fangen. Ich überrollte mich einige Male. Dabei stellte ich schon fest, daß ich mir nichts gebrochen oder verstaucht hatte.
Ich drehte mich herum, um auf die Füße zu kommen, und hörte hastige Schritte.
»Hallo, Artist«, sagte Suko. »Hoch mit dir!«
»Wo kommst du denn…?«
»Spielt keine Rolle, wir müssen sie packen. Die andere ist erledigt.«
Sukos Worte gaben mir wieder Hoffnung. Ich jagte hoch und sprintete hinter dem Wertiger her.
Ohne uns zuvor abgesprochen zu haben, verteilten wir uns. Es war ein altes Spiel. Wir beherrschten es beide. Während sich Suko nach links wandte, übernahm ich die rechte Seite. Wäre doch gelacht, wenn diese verfluchte Bestie unserer Zange entkommen konnte.
Schon nach wenigen Schritten war von meinem Partner nichts mehr zu sehen, da ihn die Dunkelheit verschluckt hatte. Auch der Zug mit seinen Lichtern blieb zurück und war wenig später nur noch eine verwaschen wirkende helle Schlange in der Finsternis.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, reingelegt worden zu sein, denn von der Päuse sahen wir nichts. Und so einen großen Vorsprung hatte sie einfach nicht gehabt, als daß sie uns hätte so mir nichts, dir nichts verschwinden können.
Ein Zaun hielt mich schließlich auf. Fast wäre ich noch in den Stacheldraht gelaufen. Ich sah das Hindernis im letzten Moment und blieb stehen.
Da das Gelände vom Schienenstrang aus leicht abfiel, konnte ich auch den Zug nicht mehr sehen, als ich zurückschaute. Nur Dunkelheit um mich herum, denn von meinem Partner entdeckte ich ebenfalls nichts.
Und wo steckte die Bestie?
Ich blickte wieder nach vorn. Eine Weide lag vor mir. Wo sie ihr Ende fand, glaubte ich, Wald zu sehen. Jedenfalls waren die Schatten dort dunkler.
Ob die Wertigerin dorthin geflüchtet war?
Da mir keine andere Möglichkeit blieb, kletterte ich über den Zaun und rannte quer über die Wiese, bis ich den Waldrand erreicht hatte und rechts von mir plötzlich eine Bewegung wahrnahm.
Das war — Suko!
Ich hatte mich schon auf die Päuse eingestellt, doch an der Gestalt erkannte ich meinen Partner.
»Ist sie dir auch entwischt?« fragte er im Näherkommen.
»Leider.«
»Wir werden schlechter, John!« stellte Suko sachlich fest. »Verdammt schlecht sogar.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, es sind immer die verfluchten Umstände, die unsere Gegner besser aussehen lassen.« Ich deutete nach vorn.
»Durchsuchen wir den Wald?«
»Wird uns nichts anderes übrigbleiben«, erwiderte mein Freund und setzte sich in Bewegung..
Auch ich ging. Diesmal blieben wir näher zusammen. Ich hatte meine kleine Leuchte hervorgeholt und suchte in deren magerem Schein nach irgendwelchen Spuren.
Es waren keine zu finden. Außerdem spielte uns die Finsternis einen Streich.
Nach ungefähr 20 Metern blieben wir stehen.
»Die kann doch nicht einen so großen Vorsprung gehabt haben«, murmelte Suko. »Wir sind auch keine lahmen Enten.«
Nach diesen Worten lauschten wir.
Vielleicht verriet sich die Bestie durch irgendein Geräusch.
Plötzlich fiel mir etwas ein. Es lag gar nicht mal so lange zurück, da hatte mich Lupina an einen einsamen Treffpunkt bestellt. Ich hatte dort auf sie gewartet, dabei war sie längst schon
Weitere Kostenlose Bücher