0259 - Messalinas Höllentrank
Dreck auch war, mußte ausgenutzt werden.
Denn einem zivilisierten Menschen sah er in der düsteren Stimmung nicht mehr ähnlich. Eher einer jener Kreaturen, wie sie in der Fantasie der Menschen in der Unterwelt zu Hause sind.
»Ich bin Thanatos, der Gott des Todes!« erklärte er noch einmal. »Stirb, zweifelnder Frevler!«
Die Prätorianer sahen, wie der ausgestreckte Arm des »Totengottes« auf den Mann wies, der den Speer geworfen hatte. Mehrere Schreckensrufe erschollen, als der Mann die Arme emporriß und mit einem gurgelnden Schrei zu Boden sank.
Carsten Möbius war mit dem Einsatz des Elektroschockers zufrieden. Der Soldat würde eine Zeit fauchen, um sich aus der Erstarrung zu erholen.
»Wer wagt es, sich zwischen den Gott des Todes und sein Opfer zu stellen?« fragte Möbius. Doch er erhielt keine Antwort.
Mit schrillen Angstschreien warfen die Prätorianer ihre Waffen weg und rannten in Richtung der Stadt. Sie fürchteten sich vor keinem Gegner - aber gegen die Gewalten des Orcus kann man nicht kämpfen. Niemand wollte das Schicksal des gefallenen Kameraden teilen.
Befriedigt erkannte Carsten Möbius, daß man auch ohne Gewalt eine große Anzahl Gegner besiegen konnte. Doch es war keine Zeit, diesen Triumph lange auszukosten. Immer noch goß es wie aus Eimern. Der Boden konnte das Wasser nicht schnell genug aufnehmen. Bis zu den Fußknöcheln watete Möbius bereits im Wasser.
Wenn er nur noch nicht zu spät kam. Da… doch… dumpf hörte er gellende Hilfeschreie unter der mächtigen Marino rplatte.
Probeweise griff er zu und versuchte, die Platte beiseite zu schieben. Unmöglich. Der massive Stein ließ sich keinen Zentimeter verrücken.
Das hatte der Millionenerbe erwartet. Der Phasenschalter seines Strahlers wurde in eine andere Arrettierung gedrückt.
Dann visierte Möbius die Marmorplatte an der linken Seite an und zog den Stecher durch. Ein grellweißer, nadeldünner Strich zog sich von der Mündung zur Steinplatte.
An der Stelle, wo der Strahl das Gestein traf, begann die Materie zu kochen.
Wie einen Schweißbrenner ließ der Millionenerbe den Strahl über die Steinplatte gleiten.
»Vade retro!« rief er laut, als sich dünne Linien, wie mit einem Bleistift gezogen auf dem Stein befanden. »Weiche zurück!« Er hoffte, daß ihn die Gefangene dort unten verstanden hatte. Die dünnen Risse hatten das Gestein durchdrungen. Bei der geringsten Erschütterung zerbrach die Platte.
Carsten Möbius nahm Maß und trat zu. Unter seinem Fuß zerbröckelte die Steinplatte. Er konnte gerade noch sein Gewicht ausbalancieren, um nicht in das Grab zu stürzen.
Unter sich sah er Valeria, die bereits bis zur Brust im Wasser stand. Das Mädchen hatte die Hände vor das Gesicht gehoben und stammelte unverständliche Worte.
»Komm, Mädchen. Du sollst nicht sterben. Du sollst gerettet werden!« rief Carsten Möbius.
»Hinweg, Geist der Unterwelt… hinweg!« bebte es von den Lippen des Mädchens. »Ich will nicht sterben… ich bin noch so jung… !«
Carsten Möbius zuckte zusammen. Sie hatte gehört, was sich oben abspielte und erwartete nun, von einem der dunklen Götter ihres Heidenglaubens abgeholt zu werden.
Es half nichts. Er mußte hinunter in das Wasser und die ehemalige Vestalin holen. Doch auch das hatte etwas Gutes. Während Möbius die Stufen hinab ins schäumende Wasser ging, wusch er sich mit einigen Handbewegungen den Dreck aus dem Gesicht.
Danach kam das schwierige Unterfangen, die im Augenblick der Berührung ohnmächtig gewordene Valeria die steile Treppe empor zu tragen.
Oben wurde das Mädchen wieder wach. Ungläubig starrte sie in das Gesicht ihres Retters…
***
»Ich habe einen fürchterlichen Verdacht!« stellte Professor Zamorra fest. »Der Dämon, den ich Caligula ausgetrieben habe, ist schnurstracks in den Körper der Frau gefahren, die er beim Zeitpunkt der Austreibung geliebt hat. - Messalina!«
Michael Ullich, der vor einigen Minuten in ziemlich mattem Zustand von einer »Audienz« bei der Kaiserin zurückgekommen war, nickte.
»Die seltsamen Formen und Figuren, die sich aus dem Dampf ihres Höllentrankes formen, lassen keinen Zweifel zu!« sagte er nach einer Weile. »Offensichtlich kann sich niemand seiner Wirkung entziehen. Niemand — außer mir!«
»Auch ich habe keine Wirkung gespürt!« erklärte Zamorra. »Doch das, was du vorhin erklärtest, ist gar nicht so dumm. Wir beide gehören nicht in diese Zeit. Darum hat dieser Trank auf uns keine Wirkung. Doch
Weitere Kostenlose Bücher