026 - Der Doppelgänger
Frau -«
Dempsi ließ ihn nicht ausreden. Er wurde plötzlich ernst, als ob ihm die Schwere der Situation zum Bewußtsein käme.
»Ihre Frau? Fürchten Sie sich nicht, Superbus!« sagte er ruhig. »Sie soll keinen Mangel leiden. Ich werde für sie sorgen. Und Ihre Tat soll dem Gedächtnis der Nachwelt überliefert werden. Ich sehe schon in meinem Geiste einen großen, schwarzen Marmorblock, einfach und schlicht, aber von erhabener Größe. Kein reicher Schmuck wird ihn zieren, aber in großen, goldenen, flammenden Buchstaben werden die Worte darauf stehen:
Dem Gedächtnis von Julius Superbus
Er war ein Held, ein Gentleman und ein Römer.«
Seine Stimme zitterte, als er sprach. Er stand in Gedanken schon vor diesem erhabenen Monument und weinte. Julius wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Ach ja, das muß sehr schön sein«, brachte er heiser hervor. »Meiner lieben Frau wird das sehr gefallen. Sie hatte schon immer eine gute Meinung von mir, obgleich sie nie darüber sprach. Aber obwohl ich Ihnen sehr zu Dank verbunden bin und niemand liebenswürdiger zu mir sein könnte -«
»Können Sie nicht schon jetzt im Geiste sehen, wie sie vor Ihrem Grabstein steht und die Inschrift liest?« fragte Dempsi erregt. »Können Sie sich vorstellen, wie sie tränenden Auges auf diese Marmortafel schaut, die in einer großen Kirche aufgestellt ist, vielleicht unter einem bunten Glasfenster? Wie sie mit stolzen, leuchtenden Augen den Kindern an ihrer Seite erzählt -«
»Aber ich habe ja gar keine Kinder«, unterbrach ihn Julius laut.
Dempsi machte eine abwehrende Handbewegung.
»Sie kann doch wieder heiraten«, sagte er unbewegt.
»Sie ist wahrscheinlich noch in der Blüte ihres Lebens und findet noch ein neues Glück.«
Mr. Superbus setzte sich ganz verstört.
»Sie erschrecken mich furchtbar«, rief er vorwurfsvoll.
Dempsi beugte sich über ihn und sprach beruhigend auf ihn ein.
»Heute abend schlafe ich in Erwartung, Ihre Stimme zu hören. Zögern Sie nicht, sofort zu rufen. Vielleicht komme ich noch zeitig genug, um Sie zu retten. Ich bete, daß mir das gelingen wird, denn ich liebe Sie. Wir sind vielleicht sogar Blutsverwandte. Wer Sie schlägt, schlägt auch mich - Giuseppe Dempsi!«
Mr. Superbus stand auf. Seine Knie zitterten, die Zunge klebte in seinem Munde.
»Wenn Sie hier schlafen und Mr. Bobby hier schläft, ist meine Hilfe doch eigentlich nicht mehr notwendig. Es macht mir natürlich nichts aus. Weit davon entfernt. Superbus war stets da zu finden, wo die Gefahr am größten war. Es ist nur meine Frau, an die ich denke. Ich soll in diesem Zimmer schlafen. Das ist doch eigentlich Unsinn.«
»Ich werde zur Stelle sein.« Mr. Dempsi betrachtete einen Revolver, den er aus seiner Hüfttasche genommen hatte. Julius wäre beinahe ohnmächtig geworden.
24
Die Atmosphäre in einer Küche, so peinlich sauber und nett sie auch sein mag, langweilt einen intellektuellen Mann. Es bedurfte der epikuräischen Gesinnung eines Materialisten wie etwa des Gatten von Heloise, um sich in einem Raum wohl zu fühlen, in dem der Duft gebackener Pasteten und leckerer Speisen schwebte, der dem Herd und seinen Kochtöpfen seit Jahren entströmte und alle Möbel und Wände durchdrungen hatte.
Gordon hatte alles gelesen, was irgendwie lesbar war, er hatte in zwei guten Kochbüchern herumgeschmökert und hatte die alten Zeitungen vorgenommen, die in der Küche aufbewahrt wurden.
Glücklicherweise hatte er wenig von Heloise und noch weniger von Diana zu sehen bekommen. Wie außerordentlich begabt sie doch war! Diese Erkenntnis arbeitete sich sogar durch seine ungeheure Erbitterung und Empörung durch. Und wie liebenswert sie war! Er hatte sie väterlich behandeln wollen, er wurde rot, als er daran dachte. Aber wenn er sich nicht in dieses wahnsinnige Abenteuer eingelassen hätte, würde er jemals alle ihre Fähigkeiten erkannt haben? Er bezweifelte es. Er war so am Ende seiner Kräfte, und seine Nerven waren so angespannt, daß er jeden Zug an ihr zergliederte und wertete. Sie handelte ja in seinem eigenen Interesse! Dieser Gedanke machte ihn froh. Aber Dempsi ... sein Herz wurde wieder kalt.
Die Tür öffnete sich langsam, und er schaute auf. Er hoffte Diana zu sehen. Aber es war eine Enttäuschung, denn Heloise kam herein.
»Sie haben mich in eine schöne Lage gebracht«, sagte er ohne Erregung.
Sie sah ihn von der Seite an.
»Ich habe Sie in eine schöne Lage gebracht?« wiederholte sie ironisch. »Das klingt gut;
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