0263 - Das Syndikat der toten Seelen
genug Unfälle gegeben, bei denen ein bißchen nachgeholfen worden war, damit es überhaupt zu einem Unfall kam.«
»Sie können sich auf uns verlassen, Matthew«, sagte ich zu dem jungen, sympathischen Polizeioffizier. »Uns liegt nichts an Lorbeeren. Wenn wir was ’rauskriegen, erfahren Sie es als erster. Ich kann Ihnen auch schon sagen, in welcher Richtung wir unsere Ermittlungen zunächst vorantreiben werden: Wer hat etwas davon, wenn der alte Porten tot ist? Das dürfte zunächst die wichtigste Frage sein. Wer erbt die 160 Millionen? Es sind schon Leute für wesentlich geringere Beträge umgebracht worden.«
»Da haben Sie, weiß Gott, recht«, nickte Matthew.
Sein Telefon schlug an. Er wollte sich bei uns entschuldigen. Ich winkte ab: »Wir wollten ohnehin gehen. Lassen Sie sich nicht auf halten, Matthew.«
Er nickte und meldete sich. Aber wir hatten die Tür noch nicht erreicht, da rief er uns nach:
»Bleiben Sie einen Augenblick! In der Sache Porten stimmt was nicht!«
Er zog die Hand von der Sprechmuschel und lauschte wieder in den Hörer. Ein paar Minuten lang gab er diese einsilbigen Laute von sich, die man so in den Hörer brummt, wenn am anderen Ende der Strippe ein langer Vortrag gehalten wird.
Darin endlich legte er den Hörer aus der Hand. Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Unterlippe.
»Was ist los, Matthew?« fragte Phil. Der Detektiv-Leutnant atmete tief und sagte dann langsam:
»Roger Porten war mindestens schon anderthalb Stunden tot, als der Unfall mit seinem Wagen passierte.«
***
»Ich sehe nicht ein, warum wir uns zusammentun sollen«, brummte Lony-Tony düster. »Mir geht es ganz gut, ich kann mich auf meine Jungs verlassen — also, warum soll ich an diesem Zustand etwas ändern?«
»Tony hat recht«, sagte Kau-Kelly. »Wenn wir uns zusammentun, gibt es eine Riesenorganisation. Und ich hasse so große Vereine. Mit einer kleinen Gang hat man schon genug Ärger mit der Polizei, aber man kann sich halbwegs das Schlimmste vom Halse halten. Wenn wir uns wirklich zusammentun, wird es die Polizei früher oder später merken. Die Bullen sind nicht alle blöd. Und wenn sie erst mal ’raus haben, daß wir eine Art Supergang auf die Beine gestellt haben, dann werden sie massiert gegen uns vorgehen.«
»Alles schön und gut«, wandte Herbert Laine ein »Aber wir können alle miteinander das Doppelte oder gar das Dreifache verdienen, wenn wir uns zusammentun. Bis jetzt haben wir uns gegenseitig Konkurrenz gemacht und eine Menge Zeit darauf verschwendet, uns gegenseitig eins auszuwischen. Statt dessen könnten wir gemeinsam noch allerhand Geldquellen anbohren.«
»Wenn die Herren gestatten«, sagte der Graue mit leiser, unpersönlicher Stimme, »sollten wir uns mehr auf die Einzelheiten konzentrieren.«
»Schießen Sie los«, sagte Bloyd Morgan. »Wir können uns ja Ihre Vorschläge einmal anhören.«
Die anderen' nickten mehr oder weniger bereitwillig. Der Graue räusperte sich.
»Wenn wir Zusammenarbeiten«, sagte er eindringlich, »kontrollieren wir den größten Teil des östlichen Manhattan. Wir können alle anderen in unserem Bezirk an die Wand drücken, denn zusammen verfügen wir über so viel Leute, daß keine andere-Bande gegen uns antreten kann.«
»Wenn!« sagte Tony.
»Ja, von dieser Voraussetzung bin ich ausgegangen. Hören Sie zu und denken Sie die Sache einmal unter dieser Voraussetzung mit durch! Es ist ja noch nicht mehr als ein Gedankenexperiment. Wir könnten zunächst sämtliche Straßenmädchen und die Marihuana-Händler in unserem Gebiet zu Tributzahlungen zwingen. Natürlich habe ich keine ganz genauen Zahlen, aber annähernd dürften sie doch richtig sein: Wir müßten in unserem Bezirk mindestens vierhundert Straßenmädchen haben und etwa zweihundert Marihuana-Händler. Wenn wir von jedep wöchentlich einen Tribut von fünf Dollar verlangen, ergibt allein dieses fast gefahrlose Geschäft eine Wocheneinnahme von dreitausend.«
»Donnerwetter«, brummte Morgan. »Fünf Dollar pro Woche sind nicht zuviel — und daß dabei so ein Sümmchen ’rauskommt, hätte ich gar nicht gedacht.«
»Das wäre gewissermaßen nur der Grundstock«, fuhr der Graue unbewegt fort. »Wir haben in unserem Bezirk zwei Callgirl-Ringe. Ich kenne die Adressen. Beide Ringe erzielen wöchentlich zusammen Einnahmen von wenigstens viertausend Dollar. Nicht gerechnet das Geld, das die Mädchen für sich behalten.«
»Viertausend?« schnaufte Tony. »Das halte ich für
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