0264 - Das Schlangen-Monstrum
ihrer Hand blitzte das Schwert Gwaiyur auf.
»Bist du sicher, daß du das richtige tust?« ächzte Zamorra, der ahnte, was kam.
»Zähne festhalten!« schrie Nicole keuchend. Gwaiyur beschrieb einen glitzernden Bogen. Die Klinge durchschnitt das Seil glatt. Ruckartig stürzte das Netz in die Tiefe.
Der Aufprall kam und war hart. Zamorra, der sich im Netz nicht richtig abfedern konnte, wurde gehörig durchgestaucht. Er fragte sich, wie Nicole in ihrer ungünstigen Körperhaltung den Absturz überstand.
Es regnete Schlangen.
Die die am Seil gewesen waren, ließen sich jetzt herabfallen, um ihren Auftrag doch noch zu erfüllen. Zamorra griff durch das Netz, schleuderte eines der Reptile von sich und verstrickte sich dabei noch mehr in den engen Maschen. Dicht vor seinem Gesicht pfiff etwas Metallisches vorbei. Zamorra zuckte zurück. Fasern wurden durchtrennt wie Schlangenleiber. Dann tauchte Nicole auf. Sie zerrte Reste der Netzmaschen von ihrem Bein und zertrennte jetzt Zamorras Fesseln. Es ging ganz einfach. Wo immer Gwaiyur die Fasern berührte, lösten sie sich auf.
Zamorra sah sich um. »Danke«, murmelte er. »Bist du verletzt?«
»Nein.« Sie hauchte ihm einen Kuß auf die Lippen. Zamorra sah an ihr vorbei. Zwischen den Bäumen sah er weitere Schlangen herangleiten. »Verschwinden wir hier«, sagte er. »Schnell. Sonst bekommen sie uns doch noch.«
Nicole nickte.
Zamorra ging wieder voran. Weiter folgte er dem Kurs, den ihm das Amulett zeigte.
Tiefer ins Dschungeldickicht hinein.
***
Sirna war bestürzt, mit welcher Leichtigkeit sich die beiden Fremden aus der Falle befreiten. Das durfte doch nicht wahr sein.
Und weiter bewegten sie sich zielstrebig auf den Tempel des rubinroten Schädels zu.
»Was soll ich tun?« keuchte die Schlangenhexe.
Doch der rubinrote Schädel schwieg sich aus. Er gab ihr keine Empfehlung. Er zeigte ihr nur die weiter vorrückenden Sterblichen. Nun, warum sollte er sich auch um ihre Abwehr kümmern. Dafür war schließlich sie selbst, Sirna, zuständig.
Aber sie wußte nicht mehr weiter.
Es blieb ihr nur noch eine Möglichkeit: Die Fremden in den Tempel eindringen lassen und sie dann vernichten. Sie durften ihn nicht mehr lebend verlassen.
Auch so konnte er geheimgehalten werden…
Und Sirna war bereit, zu kämpfen.
***
»Tatsächlich«, brummte Zamorra. »Ein verborgener Tempel. Genauso habe ich es mir gedacht. Wir sind in eine Tabuzone eingebrochen…«
Nicole schob ein paar Pflanzen beiseite und spähte durch die Lücke, die Zamorra geschaffen hatte. Es gab eine kleine Lichtung, und dahinter erhoben sich Mauern eines unscheinbaren Bauwerkes. Sie waren von Moos überwachsen. Hier und da hingen Blüten. Nur stellenweise war das hellgraue Mauerwerk zu sehen. Es war schwer abzuschätzen, wie alt der Tempel war, denn in diesen Breiten wuchern die Pflanzen innerhalb weniger Tages alles zu. Aber wenn es ständig gesäubert wurde…
»Sieht nicht gerade überragend aus«, sagte Nicole.
»Vielleicht ist das Absicht«, versetzte Zamorra. »Das, was diesen Tempel bewohnt, will nicht gestört werden. Die Annäherung des Teams war schon Störfaktor genug. Ich weiß nicht einmal, ob die lieben Leutchen diesen Tempel wirklich entdeckt hätten, aber die Schlange wollte wohl Vorbeugen.«
»Und hat sich damit die Entdecker sogar noch aus dem fernen Europa herangeholt«, lächelte Nicole. »Was machen wir jetzt? Eindringen?«
»Zuerst nähern wir uns bedächtig«, sagte Zamorra. »Achte auf Schlangen. Wenn das hier der Tempel eines Schlangenkultes ist, dürfen wir uns noch auf einiges gefaßt machen.«
Er- trat auf die Lichtung hinaus, Amulett und Ju-Ju-Stab in den Händen. Vorsichtig sah er sich nach allen Seiten um. Aber er konnte nirgends eine verdächtige Bewegung erkennen.
Nicole umklammerte den Griff des Zauberschwertes, das zwischen Gut und Böse pendelte und zuweilen überraschende Sinneswandlungen vollzog. Vorzugsweise dann, wenn es für das Gute gebraucht wurde, polte es sich zum Bösen um… aber auch umgekehrt!
Bis jetzt ließ es sich noch von Zamorra und Nicole führen.
Langsam näherten sie sich dem Tempel. Die tragenden Säulen des kleinen Vorbaus waren in sich gedreht. Dahinter klaffte eine Türöffnung. Dunkelheit verdeckte, was sich dahinter befand:
»Wer mag diesen Tempel angelegt haben?« fragte Nicole leise. »Die hier ansässigen Neger bestimmt nicht. Ihre Kenntnisse in der Baukunst reichen dazu nicht aus…«
»Vielleicht geht das Erbauungsdatum bis
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