0264 - Wir stießen auf die Höllenbrut
G-man. So was kriegt man nicht alle Tage vor die Mündung.«
Er sprach vom Töten, als ob er vom Wetter spräche. Das kalte, flaue Gefühl in meinem Magen verstärkte sich.
»Was haben Sie eigentlich davon, wenn Sie mich hier abknallen?«, fragte ich.
Meine Stimme klang ein wenig heiser. Um mein Herz krallte sich etwas fest und wurde enger und enger.
»Ist das nichts?«, erwiderte Queerd. »Wer kann sich schon rühmen, dass er einen G-man umgebracht hat?«
»Niemand«, erwiderte ich hart. »Denn wir haben jeden gekriegt, der es getan hatte. Und jeder wurde hingerichtet. Wenn er nicht schon unter den Kugeln meiner Kollegen gefallen war.«
»Alles muss mal seinen Anfang haben«, meinte Queerd lakonisch. »Warum soll ich nicht der Erste sein, den ihr nicht schnappt? Auch wenn ich einen G-man getötet hätte?«
»Das hat, glaube ich, jeder vorher gedacht.«
»Ich bin nicht jeder.« Auch das sagte sich jeder Gangster. Es war sinnlos, sich mit ihm in eine Debatte einzulassen. Um Zeit zu gewinnen, war es vielleicht besser, von nahe liegenden Dingen zu sprechen.
»Warum haben Sie eigentlich den Kinobesitzer droben in Mountain View in New Jersey erschlagen, Queerd?«, fragte ich.
»Er packte jeden Abend die Tageseinnahme in das Handschuhfach seines Wagens. Ich hatte das Fach schon auf und wollte den Wagen mitnehmen, als er viel zu voreilig zurückkam. Ich schlug mit einem Werkzeug zu. Er hatte Pech oder einen weichen Kopf.«
Ich sagte einen Augenblick nichts. Kommentar eines Mörders über sein Opfer. Wo fing bei Queerd das normale Empfinden an?
»Und wie war das mit dem ›Grauen‹?«, fragte ich. »Sie haben ihn erschossen, nicht wahr, Queerd?«
Er stutzte.
»Donnerwetter«, murmelte er verblüfft. »Ich dachte, ihr würdet das nie rausfinden.«
»So kann man sich irren. Seien Sie kein Narr, Queerd. Ich habe Ihnen gerade bewiesen, dass wir mehr können, als Sie glaubten. Die Kollegen würden auch Sie finden. Es hat keinen Zweck, mich zu erschießen.«
»Hm«, brummte er, und seine Stimme klang jetzt richtig zufrieden. »Ein G-man, der Angst hat vorm Sterben. So hart seid ihr gar nicht, wie sie immer sagen, was? Seid auch nur gewöhnliche Menschen, wie?«
»Selbstverständlich«, erwiderte ich. »Wir sind auch nur Menschen. Genau wie der ›Graue‹ ein Mensch war und der Kinobesitzer. Werden Sie nicht plötzlich nervös, Queerd. Ob Sie den Finger in zehn Sekunden oder in einer Minute krümmen, macht keinen Unterschied.«
Er grinste dünn.
»Reden Sie weiter, G-man. Ich höre es gern, wenn Sie winseln.«
»Tun Sie mir einen Gefallen, Queerd. Ein G-man ist ein Mann, der immer genau wissen muss, wie etwas war. Und warum es so war, wie es war. Sagen Sie mir, warum haben Sie den Grauen erschossen?«
»Laine verlangte es.«
»Herbert Laine?«
»Ja.«
»Sie kannten ihn aus dem Zuchthaus?«
»Ja.«
»Aber woher wussten Sie, dass er jetzt in New York steckt?«
»Aus einem Inserat. Er machte Reklame für seine Kartons. Ich las es in Mountain View in einer Zeitung. Da entschloss ich mich, nach New York zu gehen. Ich habe Laine im Zuchthaus mal einen Gefallen getan. Es stand zu erwarten, dass er etwas für mich tun würde.«
»Und Laine hat Sie hier versteckt, verpflegt und mit allem Nötigen versorgt?«
»Stimmt.«
»Aber er verlangte dafür, dass Sie den Grauen umbringen?«
»Später erst. Anfangs nahm er mich auf ohne Gegenleistung.«
»Warum sollten Sie den Grauen töten?«
»Keine Ahnung, G-man. Irgendwie muss er eben Laine im Wege gewesen sein.«
»Woher wussten Sie, dass der Graue zu dem Rusky-Institut ging?«
»Laine sagte es mir. Mit der genauen Uhrzeit. Sie stimmte. Der Graue war pünktlich.«
»Wussten Sie, was der Graue in dem Institut wollte?«
»Nein.«
Kein Mensch kann, ohne zu ermüden, einen verhältnismäßig schweren Gegenstand lange in die Höhe halten. Auch Queerd konnte es nicht. Je länger wir miteinander gesprochen hatten, um so tiefer war die Hand mit seinem Colt gesunken.
Jetzt musste die Mündung etwa auf meine Knie zeigen. Das Risiko musste ich eingehen.
»Wenn Sie jetzt die Hand auch nur einen Millimeter bewegen, sind Sie ein toter Mann, Queerd«, sagte ich. »In der-Tür stehen meine Kollegen.«
Seine Augen weiteten sich in jähem Erschrecken. Dann fuhr er herum. Im selben Augenblick sprang ich hoch und hatte meine Pistole wieder in der Hand. Ich drückte ihm die Mündung in die Seite.
Noch im Springen hatte ich das metallische Klicken von seinem Colt gehört. Er
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