0265 - Des Satans Tätowierer
heranbrachte, steigerte sich die Angst der Schönen aus dem Totenreich. Auf sie kroch das lautlose Grauen zu, das Gestalt angenommen hatte. Arkonada befand sich im Zentrum des bläulichen Scheins. Seine Gestalt hob sich deutlich ab, sogar die Umrisse traten scharf und klar hervor. Er war ein Wesen mit menschlicher Gestalt. In dem türkisfarbenen Licht schien er aufzugehen, denn es umgab ihn wie ein schützender Mantel.
Auf der Köperfläche konnte Kara kaum Konturen sehen.
Es gab zwar welche, doch die verschwammen zumeist, als würde jemand mit einem großen Radiergummi über die Gestalt streichen.
Und er veränderte sich plötzlich.
Bevor Kara es richtig erfaßte, war der Spuk aus Atlantis vergangen.
Statt dessen kam ein anderer auf sie zu. Ein alter Mann mit wirrem Haarschopf. Er ging gebückt, hielt den Kopf vorgebeugt und hatte den rechten Arm ausgestreckt. Seine langen, knochigen Finger umklammerten den Griff eines Stiftes.
Als Kara diesen Stift sah, da begann ihr Atem zu stocken, denn es war genau die Nadel, von der ihr Vater damals in Atlantis schon berichtet hatte.
Sie hatte sie nie gesehen. Heute wurde sie ihr zum erstenmal präsentiert, und sie konnte sich vorstellen, was der andere mit der Nadel und zwangsläufig auch mit ihr vorhatte.
Auch der alte Mann wurde von dem seltsamen blauen Licht umgeben. Es wirkte wie eine Wolke, die seine Figur umschmeichelte, während er Schritt für Schritt auf Kara zu trat und sie aus seinen kalten Augen fixierte. Er suchte jeden Zoll ihres Körpers ab, seine Augen glichen Sensoren. Als er nickte, bewegten sich die nach oben stehenden Haare wie ein Hahnenkamm. Ja, er konnte zufrieden sein.
Kara lag bewegungslos. Die Schatten hielten sie wie Fesseln. Sie sah keine Chance, dem Unheil zu entrinnen, verdrehte die Augen und warf einen verzweifelten Blick auf die Schwertklinge, die nach wie vor schräg im Boden steckte.
Seltsam fahl sah die goldene Klinge aus. Sie hatte sich zu Karas Schrecken verändert und wirkte nun wie ein leicht gebogenes Stahlband, das die Verbindung zwischen Erde und Hand darstellte.
Vor ihr blieb der Alte stehen. Er blickte aus seinen kalten Augen auf sie nieder und flüsterte: »Ich bin Gregg!«
Kara konnte mit diesem Namen nichts anfangen. Dennoch wunderte sie sich. »Nicht Arkonada?«
»Auch das.«
»Ich verstehe nicht…«
»Das brauchst du auch nicht, Mädchen. Ich und meine beiden Helfer haben von Arkonada den Auftrag erhalten, euch auszuschalten. Für alle Zeiten zu vernichten, euch hineinzustoßen in das absolute Nichts, in die Unendlichkeit der dämonischen Dimension, wo ihr als Schwarzblüter über euer vorheriges Leben nachdenken könnt. Eure Körper werden vernichtet. Diese Nadel hier«, seine Hand zuckte plötzlich vor, und Kara sah die Spitze dicht vor ihren Augen, »macht es möglich. Die magische Nadel des Arkonada, aus einer fernen Zeit stammend, aber von seiner Wirkung hat sie nichts verloren.«
Wenn Kara gekonnt hätte, sie hätte ihm den Stift aus der Hand geschlagen.
So aber mußte sie mit ansehen, wie die freie Hand des Alten vorschoß, den Stoff ihrer dunklen Bluse faßte und dann mit der Nadel gedankenschnell zustach. Er hatte es so raffiniert angestellt, daß im Stoff eine große Lücke klaffte, als er ihn wieder fallen ließ. Kara schämte sich vor dem gierigen Blicken des alten Mannes. Das Leuchten in seinen Augen sagte ihr genug, und sie preßte so hart die vollen Lippen aufeinander, daß sie blaß vor Blutleere wirkten.
»Du hast einen schönen Körper«, flüsterte der Alte. »Einen wirklich schönen Körper. Ich habe schon viele in meinem Leben gesehen. Die von Frauen und die von Männern. Deiner gehört zur Spitzenklasse, und es soll eine Ehre für ihn sein, wenn ich ihm das Zeichen des Arkonada einritze.« Nach diesen Worten veränderte Gregg/Arkonada seine Stellung ein wenig und stützte sich mit der linken Hand neben dem Körper der Frau ab.
Die andere senkte er ebenfalls, ließ die Spitze der gefährlichen Nadel noch für die Länge eines Lidschlags über dem weiß schimmernden Dekollete schweben und stach in die Haut hinein…
***
Myxin fühlte sich leer, ausgebrannt. Er fühlte sich wie eine Hülle, der man die Luft entnommen hatte. Seine Energie war weg, verschwunden, denn die magischen Steine standen nicht mehr auf seiner Seite. Sie gehorchten ihm nicht.
Und dennoch gab es für ihn eine Hoffnung. John Sinclair und Suko. Er sah sie vor sich. Als normale Menschen. Gefangen in den Steinen und
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