0265 - In Brooklyn blüht der Galgenbaum
Kleinigkeiten?«
»Es kommt immer drauf an, von welcher Seite man eine Sache sieht«, erwiderte ich. »Eine Kleinigkeit kann für einen anderen eine sehr wichtige Sache sein. Hören Sie erst mal weiter zu,Tony. Ich erzählte Ihnen von dem jungen Burschen Peter Cotton und dem Mädchen Susy Fleckson, die völlig ahnungslos in einem Institut arbeiteten, in dem nächtens Leute umgebracht wurden. Diese beiden jungen Leute hörten das Tonband ab, das Lieutenant Matthew vor seinem Tode besprochen hatte.«
»Ja, das haben Sie erzählt.«
»Ich habe Ihnen auch gesagt, dass Peter Cotton daraufhin von Rusky umgebracht wurde. Susy Fleckson dagegen verschwand spurlos, und wir wissen bis heute noch nicht, wo sie sein könnte. Außerdem verschwand ein FBI-Agent namens Phil Decker, mein Freund, wenn Sie’s genau wissen wollen.«
»Verschwand?«
»Ja, spurlos wie das Mädchen. Meiner Meinung nach müsste Rusky wissen, wo die beiden sein könnten. Aber Rusky alias Dean Edwards kann es uns nicht erzählen.«
»Wieso kann er es nicht, wenn Sie glauben, dass er es weiß?«
»Er kann nicht mehr sprechen. Seine Freundin Angela Duffcon schickte ihm gestern einen Kuchen hier in seine Zelle, wo Rusky in Untersuchungshaft saß. Der Kuchen wurde untersucht. Aber wir konnten natürlich nicht jeden Krümel chemisch analysieren lassen. Und mindestens ein paar Krümel waren vergiftet. Paul Rusky alias Dean Edwards ist gestern Nachmittag in seiner Zelle gestorben. Als wir eine halbe Stunde später in die Wohnung seiner Freundin eindrangen, fanden wir sie am Fenster -mit einer Gardinenschnur erhängt.«
***
»Am Kinn und auf der Oberlippe lassen Sie den Bart stehen«, sagte Jack Gallus, als er sich beim Friseur in den Sessel setzte. »Das Übrige schön ausrasieren.«
»Ja, Sir, ganz wie Sie wünschen.« Die Prozedur begann. Jack Gallus verhielt sich ziemlich schweigsam. Auf die unermüdlichen Versuche des Friseurs, ein Gespräch zu beginnen, antwortete er nur einsilbig, sodass schließlich auch die-Versuche unterblieben.
Als er sich nach einer Viertelstunde im Spiegel betrachtete, legte er prüfend den Kopf auf die Seite. Der Bart war natürlich noch viel zu kurz, aber immerhin - es sah nicht übel aus.
Gallus zahlte und suchte das nächste Herrenmodengeschäft auf. Er erstand drei weiße Hemden, die man selbst auswaschen konnte und nicht zu bügeln brauchte. Als er mit dem Paket unterm Arm zurückkehren wollte zu dem Banden-Home, wo auch er jetzt wohnte, fiel ihm ein, dass sein zerknitterter Anzug dringend einer Behandlung bedurfte. Er suchte das nächste Badehaus auf. Am Schalter kaufte er eine Karte für ein Wannenbad.
»Kann in der Zwischenzeit mein Anzug gesäubert und aufgebügelt werden?«, fragte er.
»Selbstverständlich, Sir. Klingeln Sie von Ihrer Umkleidekabine aus.«
»Danke.«
»Hier ist die Karte für das Aufbügeln.«
Jack Gallus bezahlte und ging den mit Fliesen ausgelegten Gang entlang. Hinter ihm war ein anderer Mann an den Schalter herangetreten und hatte ebenfalls eine Karte für ein Wannenbad erstanden. Aber Jack Gallus hatte nicht auf ihn geachtet.
Das Badehaus war sehr modern eingerichtet. Auf der Karte, die man am Eingang kaufte, stand eine Nummer. Man brauchte nur den langen Flur entlangzugehen und fand eine Tür mit derselben Nummer. Ein Mann in einem weißen Kittel nahm die Badekarte in Empfang und öffnete mit seinem Sechskantschlüssel die Tür, deren Nummer mit der auf der Karte übereinstimmte.
»Wenn ich klingle, holen Sie bitte meinen Anzug aus der Kabine«, sagte Jack Gallus. »Er muss ausgebürstet und aufgebügelt werden.«
»Ja, Sir. Stecken Sie die Bügelkarte in die obere Brusttasche.«
»Okay.«
Gallus betrat seine Kabine. Sie war klein und enthielt nur einen Stuhl aus Stahlrohr mit Segeltuchbespannung, vier Kleiderbügel, einen Spiegel und ein paar schwere Badetücher. In einer Cellophanhülle lag ein winziges Stück Seife.
Jack Gallus zog sich aus und hing seine Kleidung auf die Bügel.
Er nahm eines der Badetücher und öffnete die Verbindungstür zwischen der Kabine und dem eigentlichen Baderaum, der völlig mit weißen Kacheln ausgelegt war.
Jack Gallus drehte den Hahn für das heiße Wasser auf. Es würde eine Weile dauern, bis die Wanne voll gelaufen war. Gallus wickelte sich in das Badetuch. Dann setzte er sich auf einen Schemel.
Draußen wurde ein Schlüssel ins Schloss der Tür zu seiner Umkleidekabine geschoben. Jack Gallus war darüber nicht beunruhigt. Es musste der
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