0269 - Jagd auf den Zeitagenten
Redhorse schwieg verdutzt, weil ihm ein ungeheuerlicher Gedanke kam den er aber sofort wieder verwarf. „Oh, die Protuberanz? Dort, Professor. Wir fliegen genau darauf zu."
Koch machte seiner Enttäuschung ungehemmt Luft.
„Eine Protuberanz? Wegen einer lächerlichen Protuberanz holen Sie mich aus dem Bett, Major? Ich muß schon sagen ..."
„Es ist keine gewöhnliche Protuberanz, Professor. Sie wechselt Richtung und Geschwindigkeit. Und sie kommt auf uns zu."
Koch sah Redhorse einige Sekunden an, bis er den Sinn der Worte begriff. Wortlos blickte er dann hinaus in die angegebene Richtung.
Die Leuchtwolke hatte sich weiter vergrößert. Sie war dabei dünner geworden, aber noch immer deutlich zu sehen. Es wurde nun klar, daß sie von innen heraus und selbständig leuchtete und somit nicht vom Licht der Sonne abhängig war.
Professor Koch murmelte unverständliches Zeug vor sich hin, bis er sich plötzlich umdrehte.
„Das ist keine Protuberanz, Major", sagte er.
„Was ist es dann?" Keine Antwort. Koch eilte zu den Teleskopen und kletterte umständlich in den Sitz.
Redhorse half ihm dabei, indem er die Richtautomatik einschaltete. Das Rohr schwenkte herum und richtete sich auf die Leuchtwolke.
Koch drückte die Augen gegen das Okular.
Um nicht untätig herumstehen zu müssen, schaltete Redhorse noc hdie Übertragungsbildschirme ein, die genau das vergrößert wiedergaben, was Koch jetzt sah.
Die Wolke bestand aus leuchtender Materie, aber sie war mit Sicherheit keine Protuberanz im üblichen Sinne. Sie war jetzt noch zehn Millionen Kilometer entfernt und strebte zielsicher dem Kollisionspunkt zu.
Als Koch das Teleskop ein wenig verstellte, wurde die Spitze der Wolke deutlicher sichtbar. Die Angriffsspitze...? Zum erstenmal kam Redhorse der unsinnige Gedanke, es könne sich um einen Angriff handeln. Er verwarf ihn sofort wieder, obwohl es ein fast unwahrscheinlicher Zufall war, daß die Wolke sich so zielstrebig benahm. Aber das blieb noch abzuwarten. In genau zehn Minuten würde sie die Bahn der KC-I erreichen und dann weiterfliegen. Koch nahm die Augen vom Okular. „Erstaunlich, wirklich äußerst erstaunlich. Wir sehen etwas, das es gar nicht geben dürfte. Sie sollten Dr. Harrison zu Rate ziehen. Er ist Experte für solche Dinge."
Redhorse schaute Koch ungläubig an.
Dr. Harrison war Biologe und Experte für extraterrestrisches Leben.
„Tun Sie, was ich sage", riet Koch, auf einmal ruhig und gefaßt. „Ihnen bleibt keine andere Wahl, als die Wirklichkeit anzuerkennen."
„Die Wolke ... Sie meinen?"
„Ja, sie ist intelligent. Sie lebt nicht nur, sondern sie denkt auch. Das geht eindeutig aus ihrer Handlungsweise hervor. Zum erstenmal in unserer Geschichte begegnen wir intelligenter Energie."
Redhorse gab keine Antwort. Er ging zum Interkom und ließ eine Verbindung zu dem Biologen herstellen. Harrison war in seiner Kabine und las. Er machte ein paar passende Witze, als ihm Redhorse berichtete, was sie im Observatorium beobachtet hatten, aber als ihm Koch erklärte, worum es sich handle, vergaß er sogar, den Interkom wieder auszuschalten.
Sekunden später erschien er in der Kuppel.
„Wo ist es?" keuchte er und stürzte sich auf das Teleskop.
Koch machte ihm bereitwillig Platz und begnügte sich mit den Bildschirmen. Redhorse sagte noch immer nichts. Er sah hinaus in Richtung der Wolke, die in den vergangenen Minuten größer geworden war.
Harrison hockte unbeweglich hinter dem Okular.
Inzwischen hatte die Wolke die Umlaufbahn der KC-I erreicht. Sie verringerte ihre Geschwindigkeit und schwenkte herum. Dabei wurde sie scheinbar kleiner, aber das war eine optische Täuschung. Die Spitze zeigte nun genau auf die Korvette, die ihr entgegenflog.
Endlich schien Harrison genug gesehen zu haben.
„Kein Zweifel", sagte er so ernst, wie Redhorse ihn noch nie gesehen hatte, „es handelt sich um lebende Materie, oder besser: lebende Energie. Außerdem muß dieses Leben intelligent sein. Es denkt und handelt entsprechend. Es benimmt sich so, als wolle es Kontakt mit uns aufnehmen." Er räusperte sich. „Sie wissen, daß mein Fachgebiet außerirdische Lebensformen ist. Ich habe mich mein ganzes Leben lang damit beschäftigt und viele Werke darüber veröffentlicht. Schon früher in meiner Jugend habe ich behauptet, es müsse Intelligenzen geben, die keinen materiellen Körper besäßen. Wir sind einigen solchen Intelligenzen begegnet - das stimmt. Aber noch niemals trafen wir auf lebendige und
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