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027 - Das Henkersschwert

027 - Das Henkersschwert

Titel: 027 - Das Henkersschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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Kopfschmerzen so unerträglich geworden, daß Hunter den Wagen anhielt.
    »Ich verstehe es nicht«, sagte er. »Solche Kopfschmerzen habe ich noch nie gehabt.«
    Er preßte die Hände gegen die Stirn. Sie war glühend heiß. Fieberschauer rannen durch seinen Körper. Auf dem Flug hatte er sich völlig fit gefühlt, aber kaum waren sie gelandet, hatten die Schmerzen eingesetzt.
    Hunters Gesicht war bleich. Er war ein großer Mann, ein Meter neunzig, schlank, sportlich und immer ein wenig schlampig gekleidet. Aus jeder seiner Bewegungen sprach die geballte Kraft eines durchtrainierten Körpers.
    Sein Kopf schien zu zerspringen, doch plötzlich waren die Kopfschmerzen verschwunden, von einer Sekunde auf die andere.
    Hunter hob erstaunt den Kopf.
    »Die Kopfschmerzen sind fort«, sagte er verwundert. »Als wären sie nie dagewesen. Das kommt mir seltsam vor.«
    Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und startete den Wagen.
    »Wir fahren zuerst ins Hotel«, sagte er, »dann zur Klinik, ja?« Jerome Barrett nickte.
    Der Verkehr war noch stärker geworden. Die Bäume links und rechts der Straße waren kahl. Es war
    November, und es mußte in der vergangenen Nacht geschneit haben; einige wenige Zentimeter nur. »Die Einfahrt nach Wien ist scheußlich«, sagte Hunter. »Links liegt der Zentralfriedhof, eine riesige Grabstätte, mit mehr als dreihunderttausend Gräbern.«
    Der Psychiater nickte beeindruckt.
    Rechts waren Friedhofsgärtnereien, Steinmetze und Geschäfte, in denen man Kerzen und Blumen kaufen konnte.
    Hunter fuhr in Gedanken versunken weiter. Die Simmeringer Hauptstraße führte schnurgerade direkt ins Zentrum. Als sie am Haupteingang des Zentralfriedhofs vorbeifuhren, hob Hunter den Blick. Er sah ein schwarzgekleidetes Mädchen von einer der Einsegnungshallen auf das Eingangstor zulaufen. Sie trug einen schwarzen, mit Pelz besetzten Mantel und einen schwarzen Schleier vor dem Gesicht.
    Hinter ihm hupte ein Lastwagen ungeduldig, und Dorian fuhr an den Randstein.
    »Was ist los?« fragte Barrett.
    Doch Hunter gab ihm keine Antwort. Fasziniert starrte er das Mädchen an, kurbelte das Wagenfenster herunter und hörte einen Schrei.
    Das Mädchen schrie. Sie kam an einigen Passanten vorbei, die sie aber nicht beachteten.
    Dorian riß die Wagentür auf und sprang raus. Blindlings überquerte er die Straße. Ein Volkswagen blieb mit quietschenden Reifen stehen. Hunter rannte weiter. Er kam an einem Kiosk vorbei und steuerte auf das große Eingangstor zu.
    Das Mädchen war nur wenige Meter entfernt. Sie wandte sich nach links und verschwand im Pförtnerhaus.
    Dorian rannte ihr nach, riß die Tür auf und blieb schweratmend stehen. Ein alter Mann sah ihn verwundert an. »Wo ist das Mädchen?« fragte er den Alten. Der Mann stand auf.
    »Welches Mädchen?« fragte er überrascht.
    »Es ist doch eben ein verschleiertes Mädchen zu Ihnen hereingekommen.«
    Der Torwärter schüttelte den Kopf. »Sie müssen sich irren,
    mein Herr. Ich bin allein. Es ist niemand hereingekommen.« »Aber ich habe es doch gesehen«, sagte Dorian ungehalten. »Niemand ist hereingekommen«, sagte der Pförtner böse.
    »Sie müssen sich …«
    »Und was ist das?« fragte Hunter und bückte sich.
    Neben der Tür lag ein schwarzer Spitzenschleier. Er hob ihn auf und hielt ihn dem Alten unter die Nase.
    »Den Schleier habe ich noch nie gesehen«, sagte der Pförtner.
    Dorian fiel der Geruch auf, den der Schleier ausströmte. Er hielt ihn unter die Nase. Es war ein eigenwilliger Duft, ein herbes Parfüm, durchdringend und faszinierend.
    »Ich versichere Ihnen nochmals, es ist niemand zu mir hereingekommen. Das hätte ich merken müssen. Außerdem gibt es nur einen Eingang.«
    Er zeigte auf die Tür.
    »Da muß ich mich doch geirrt haben«, sagte Dorian und drehte sich um. »Entschuldigen Sie!«
    Der Pförtner sah ihm kopfschüttelnd nach.
    Dorian Hunter blieb vor dem Pförtnerhaus stehen und sah sich um. Das Mädchen war verschwunden. Er roch nochmals am Schleier und kehrte nachdenklich zum Auto zurück. Der Vorfall war ihm unheimlich.
    Der Psychiater sah ihn erstaunt an, als er hinters Steuer glitt. »Weshalb sind Sie plötzlich davongelaufen?« fragte er. Hunter hob die Schultern und blickte zum Friedhofstor hinüber.
    »Haben Sie das schwarz gekleidete Mädchen gesehen?« fragte er.
    »Welches Mädchen?«
    »Ein schwarzgekleidetes Mädchen rannte auf das Friedhofstor zu und verschwand im Pförtnerhaus. Sie trug diesen Schleier.

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