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027 - Ruf des Blutes

027 - Ruf des Blutes

Titel: 027 - Ruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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seit ich zum letzten Mal zuhause war. Genau genommen sogar ein bisschen länger…«
    »Dann siehst du für dein Alter aber noch schneidig aus.« Jonpol maß ihn mit übertrieben kritischem Blick vom Scheitel bis zur Sohle.
    »Danke«, sagte Matt, und ohne den Kopf zu wenden: »Du glaubst mir kein Wort, was?«
    »Natürlich nicht.« Der Truveer zuckte leichthin die Achseln. »Aber ich habe nichts gegen eine faustdicke Lüge - solange sie nur gut erzählt ist.«
    »Und wie war ich?«
    »Lausig.«
    »Mag daran liegen, dass es die Wahrheit ist.«
    Jonpol winkte ab. »Nun lass gut sein.« Matts Grinsen vertiefte sich. »Hast du schon mal von ›Christopher-Floyd‹ gehört?«
    Der Truveer wiederholte den Namen langsam und brachte ihn vom Klang her v nicht exakt so hin wie Matt. »Nein«, sagte er dann, »wer soll das sein?«
    »Nicht wer, sondern was - nämlich das, was ihr Kristofluu nennt«, erklärte Matt. »Kristofluu!«, stieß Jonpol hervor, als handele es sich um ein Wort, das man besser nicht aussprach. »Die Faust und der Zorn der Götter -«
    Matt unterbrach ihn, ehe er zu einer neuen Volksrede ansetzen konnte. »Ich war dabei, als er die Erde traf.«
    »Du warst dab…« Jonpol schluckte trocken und musterte seinen Begleiter aus geschmälten Augen, argwöhnisch und aufmerksam in einem.
    »Ja. ›Christopher-Floyd‹, so nannten wir ihn damals - den Kometen. Weißt du, was ein Komet ist?«
    »Ein Komet?« Jonpol schüttelte den Kopf. »Nein.« Und jetzt war es an Matt zu erzählen. Bis zum Abend und in die Nacht hinein führte er das Wort, sprach er von der Zeit, aus der er kam, wann und wie es ihn in diese Zukunft verschlagen, wohin sein Weg ihn geführt und was er alles erlebt hatte.
    Jonpol Sombriffe hörte zu, unterbrach ihn kaum, und am Ende sagte er, fast atemlos wie nach einer Tour de Force: »Das glaubt mir kein Mensch.«
    »Du sollst es ja auch niemandem erzählen«, erwiderte Matt und rollte sich unter dem Regenschutz zusammen, den sie gebaut hatten.
    »Aber wenn ich das alles für mich behalten soll«, sagte der Truveer, »weshalb hast du es mir dann verraten?«
    »Damit du weißt, mit wem du es zu tun hast.«
    »Das wusste ich schon vorher. Aber jetzt weiß ich es genau.«
    »Ach ja?«
    Im Schein des niederbrennenden Feuers sah Matt das markante Profil des Barden wie einen Scherenschnitt. Jonpol nickte bedächtig und schaute in die Flammen, als gäbe es darin etwas furchtbar Interessantes zu sehen.
    »Dass du ein ganz besonderer Mann bist, Maddrax. Und dass dich die Götter schickten.«
    »Das glaube ich weniger«, meinte Matt. »Ich hatte bisher einfach nur Glück.«
    »Glück ist eines der wenigen Dinge, an die ich nicht glaube. Zufall ist ein weiteres. Du wurdest aus einem bestimmten Grund gesandt, Maddrax - das ist etwas, woran ich glaube. Warte es ab«, sagte Jonpol und legte sich ebenfalls zur Ruhe, »warte es nur ab.«
    Damit schlief er ein - und hatte es einmal mehr geschafft, dass Matt unruhig träumte…
    ***
    2508
    Kantige schmucklose Bauten mit winzigen vergitterten Fenstern. Hinter den Mauern lange kahle Gänge aus Beton, Stege aus Rosten und karge Zellen mit Gittertüren. Alles in rötlich glosendes Licht gehüllt von rußenden Fackeln.
    Rhian wusste nicht, wie lange es her war, dass der Sammler sie und die anderen hier abgeliefert hatte, eingetauscht für Fjuul und Draggs. Irgendwann hatte sie aufgehört die Tage und Nächte zu zählen - nicht weil es sie nicht mehr interessiert hätte, sondern weil es ihr unmöglich geworden war. Weil man sie mitunter tage- und nächtelang am Stück schlafen ließ, während sie in anderen Zeiten ebenso lange kein Auge zu tun konnte - manchmal vor Schmerz und manchmal weil sie Angst hatte, nicht mehr aufzuwachen.
    Obgleich… der Tod schien ihr bisweilen fast verlockender als ein Fortdauern dieses Daseins, dieses Dahinvegetierens in Gefangenschaft, in der sie der Willkür ihrer Peiniger hilflos ausgeliefert war.
    Die anderen - Teeve, Vanna, den Jungen, dessen Namen sie noch immer nicht kannte, und vor allem Quinlan, ihren Bruder - hatte sie kaum mehr gesehen. Man hielt sie in weit voneinander entfernten Zellen fest. Nur ab und zu hörte sie ihre Leidensgenossen noch, manchmal wechselten sie, unsichtbar füreinander, über die Distanz ein paar Worte miteinander, die Gesichter zwischen die Gitterstäbe ihrer Zellentüren gepresst, als wären sie sich so näher. Und manchmal hörte sie die Anderen in der Ferne schluchzen…
    Es war lange her, dass sie

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