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027 - Ruf des Blutes

027 - Ruf des Blutes

Titel: 027 - Ruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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ungünstigsten Umständen, Kopf und Kragen zu riskieren für - ja, wofür eigentlich? Damit dieser postapokalyptische Nachrichtenkurier eine neue Story im Repertoire hatte?
    Nein.
    Das »Stimmchen« in ihm hatte sich wieder zu Wort gemeldet. Und Matt musste es nicht bitten, konkreter zu werden. Es lieferte ihm ganz von selbst die Antwort auf seine Frage - die er sich im Grunde schon selbst beantwortet gehabt hatte.
    Er ließ sich auf diese Sache ein, weil er es wollte. Weil es seiner ureigenen Natur entsprach. Weil er im Grunde seines Herzens schon immer ein Abenteurer gewesen - und aller Disziplin zum Trotz, die man ihm im Armeedienst eingetrichtert hatte, immer geblieben war.
    Und weil ihm Jonpol Sombriffe ein Freund geworden war, den er nicht allein lassen wollte.
    So einfach war das - und doch so schwierig…
    Der Truveer saß ab. »Wir lassen die Tiere zurück«, sagte er und kramte in seinen Packtaschen.
    Die Idee gefiel Matt nicht besonders, aber ihr Vorteil war nicht von der Hand zu weisen. Zu Fuß waren sie wesentlich unauffälliger und vor allem flexibler, andererseits aber eben auch langsamer.
    Er stieg ab, holte aus den Satteltaschen ebenfalls etwas Proviant, den er in den Taschen seiner Kleidung verstaute. Dann leinten sie den Aneetah und den Rhiffalo in der Nähe einer kargen Buschgruppe an und machten sich auf den Rest des Weges.
    Als sie durch die Randbezirke der Stadt gingen - die Wohnsiedlungen, die man seinerzeit Suburbs genannt hatte -, stiegen in Matt einmal mehr Bilder von Städten auf, die in Kriegen zerbombt worden waren.
    Die einstmals schmucken Familienresidenzen ringsum waren kaum mehr als Häuser zu identifizieren. Wände standen nur noch vereinzelt, alles andere lag in Trümmern, war verrottet und stank buchstäblich zum Himmel. Was irgendwann noch irgendwie verwendbar gewesen war, war längst fortgeschafft worden.
    Je näher sie dem einstigen Downtown-Bezirk Philadelphias kamen, desto mehr erinnerte ihre Umgebung an eine wirkliche Stadt, wenn auch verlassen und heruntergekommen. Aber es gab halbwegs intakte Gebäude und beiderseits der Straßen fanden sich vereinzelt Blech- und Rostungetüme, die einmal Autos gewesen waren. Sogar einen alten Schulbus entdeckte Matt. Die ursprüngliche dunkelgelbe Karosserie des Fahrzeugs war über und über mit gleichfalls rostigen Blechteilen ausgebessert worden und sah aus wie ein metallener Flickenteppich. Auch die Fensterreihen waren regelrecht verbarrikadiert worden. Die Schnauze war mit einer Art Pflugschar versehen. Dass Matt trotzdem wusste, womit er es hier zu tun hatte, lag an den verblichenen Buchstaben an der Fahrzeugfront: OOL US. Früher hatte dort einmal das Wort SCHOOL BUS gestanden…
    Hier und da gab es sogar noch Schilder an Fassaden, die davon kündeten, welcher Profession hier dereinst nachgegangen worden war: Ein Ärztezentrum, die Niederlassung einer Versicherungsgesellschaft, eine Anwaltskanzlei, Fast-food-Restaurants…
    Obwohl er nie in Philadelphia gewesen war, überkam Matt ein eigenartiges Gefühl von Deja-vu. Die Stadt ähnelte anderen, die er gekannt hatte. Und es war unvorstellbar, nein unbegreiflich, dass seither über fünfhundert Jahre vergangen sein sollten. Es schien ihm, als sei es gestern erst gewesen… Und wenn er sich umsah - jetzt, da die einbrechende Nacht die gröbsten Spuren des Zerfalls verbarg -, dann fiel es Matt leicht zu glauben, dass es tatsächlich erst gestern gewesen war…
    Die Kehle wurde ihm schmerzhaft eng. Er räusperte sich, vergeblich.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Jonpol.
    Matt nickte nur - und verharrte inmitten der Bewegung.
    »Was -?«, setzte der Barde an, doch Matt bedeutete ihm mit einer knappen Geste, still zu sein.
    Und dann hörten sie es beide - Stimmen. Gelächter. Und einen Schrei, der in einem Wimmern verklang.
    Wieder begann Jonpol mit: »Was -?«, und wieder ließ Matt ihn nicht ausreden. Diesmal, indem er kurzerhand loslief, in die Richtung, aus der die Laute zu ihnen drangen. Durch eine Gasse, die zwischen zwei Ziegelbauten hindurch führte, vorbei an einer Feuertreppe, so zerfallen, dass sie im Wind schwankte, als sei sie aus Papier.
    Die Stimmen hallten von den Wänden zu beiden Seiten wider, als kämen sie plötzlich von überall her. Als hockten dort oben in den Schatten Gestalten wie auf den Rängen einer Arena, um zu begaffen, was immer ihnen hier auch geboten werden mochte.
    Am Ende der Gasse flackerte Licht. Es rührte von einem Haufen Bohlen und Bretter her,

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