027 - Werwolf in der Nacht
Prämie von einer Viertelmillion Schwedenkronen. Die anderen gehen leer aus.«
Genauso hatte es in dem Brief gestanden, der postlagernd an die Deckadresse der Inquisitionsabteilung in London gegangen war. Allerdings hatte nichts von einem Werwolf darin gestanden, sondern es war nur allgemein von einem übernatürlichen Ungeheuer die Rede gewesen, das ich zur Strecke bringen sollte. Hätte ich gewußt, daß ähnliche Schreiben zu gleicher Zeit an diese Meute von Scharlatanen abgesandt worden waren, wäre ich der Einladung kaum gefolgt. Da ich nun aber einmal hier war, schien es mir eine gute Gelegenheit, die nicht unbeträchtliche Summe zu verdienen.
Ich konnte das Geld sehr gut brauchen, da in London einiges in der Schwebe lag. Trevor Sullivan, der Observator Inquisitor und Leiter der Inquisitionsabteilung, war vor einigen Tagen schwer erkrankt. Außerdem bekam er seit einiger Zeit Druck von oben, da unsere Berichte die Erwartungen des Secret Service nicht erfüllten. Sogar die Auflösung der Abteilung stand im Raum, und es war unklar, ob ich jemals wieder finanzielle Unterstützung erhalten würde.
Trotzdem war das Geld nicht allein ausschlaggebend, sondern ebenso der Gedanke, einem Mitglied der Schwarzen Familie die Maske herunterreißen zu können. Ich wollte den Werwolf vernichten.
Bei den anderen war ich mir nicht sicher, was ihre Motivation anging. Einzig die bildhübsche Mulattin Feodora Munoz, die Telekinetin mit den okkulten und medialen Fähigkeiten, schien mir vordringlich an der Aufgabe und nicht an der Belohnung interessiert zu sein. Ich beobachtete meine Jagdgenossen mißtrauisch, doch bis jetzt hatte noch keiner durch irgend etwas darauf hingewiesen, daß er zur Schwarzen Familie der Dämonen gehörte oder für sie arbeitete.
»Tage!« schrie der alte Larsson. »Wo steckst du, alter Faulpelz?«
Im Hintergrund wurde eine Tür geöffnet. Ein über zwei Meter großer, grobschlächtiger Mensch schlurfte herein. Er hatte ein Gesicht wie mit der Axt gehauen; keine Proportion paßte zur anderen.
Das war Tage Severin, der Leibdiener des alten Larsson.
»Was gibt es, Herr?«
»Verteile die Gewehre, die Bajonette und die Pistolen!«
Tage Severin ging ein paarmal nach nebenan und schleppte ein Arsenal an Waffen heran, mit dem man einer ganzen Armee von Werwölfen den Garaus hätte machen können. Zu den Gewehren gehörten auch Bajonette, die aus purem Silber bestanden, ebenso wie die Kugeln der Patronen in den Magazinen, die Tage Severin auf dem langen Tisch aufstapelte.
»Ich sehe euch die Skepsis an!« sagte Larsson verächtlich. »Aber ich will kein Risiko eingehen. Der Werwolf hat schon drei Menschen auf dem Gewissen.«
»Ich danke für Ihre Unterstützung«, sagte Gregor Yameshi spöttisch und klopfte auf den Schaft seiner Elefantenbüchse.
»Was meine Person angeht, so kann ich auf die Artillerie da verzichten. Ich verlasse mich lieber auf meine gute alte Command Lady. Ich habe mir bereits einige Silberkugeln in der Gutsschmiede gegossen. Das Bajonett werde ich allerdings nehmen.«
Ich nahm eine Pistole, einen Karabiner und ein Bajonett. Im allgemeinen schätzte ich es nicht, bis an die Zähne bewaffnet herumzulaufen, aber in diesem Fall wußte ich zu wenig über den Fall, um das Angebot leichtfertig auszuschlagen.
Die beiden Deutschen stürzten sich auf die Waffen.
Boris Schtscherbakow verschmähte jede Schußwaffe; er schob nur ein Bajonett unter den Strick seiner Kutte. »Mit diesen meinen Händen will ich den Werwolf töten. Dazu brauche ich keines dieser Krach- und Mordinstrumente. In mir sind der Geist und die Kraft, um den Dämon zu vernichten.«
Priscilla Larot und Feodora Munoz steckten sich je eine Pistole ein.
»Ich werde giftige Köder für den Werwolf auslegen oder ihn in einer Falle fangen«, kicherte die häßliche alte Zigeunerin. »Ich denke nicht daran, tage- und nächtelang im Wald herumzulaufen. Der Werwolf kann mir nicht entgehen. Sie werden es sehen, Monsieur Roux.«
Aristide Roux, der Wünschelrutengänger, nahm einen Karabiner, zwei Pistolen und gleich drei Bajonette. Der kleine Mann mit der Baskenmütze, dem blauen Sweater und der roten Hose sah jetzt aus wie eine Ein-Mann-Armee. Zudem schleppte er auch noch seine gegabelte Wünschelrute mit sich herum.
»Ich werde le loup garoux zur Strecke bringen«, verkündete er mit einem vernichtenden Seitenblick auf Priscilla Larot, mit der er sich öfter in den Haaren lag. »Meine Wünschelrute werden mich zu seine Bau
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