027 - Werwolf in der Nacht
wollte wissen, wo sie Spuren und möglichst Kot vom Werwolf finden konnte. Elmar Larsson nannte ein Waldstück.
Auch ich hatte zwei Fragen. »Weshalb haben Sie uns aus der ganzen Welt herkommen lassen, Herr Larsson? Hat sich für eine Prämie von einer Viertelmillion Schwedenkronen niemand aus der Gegend bereit erklärt, den Werwolf zu jagen?«
Er winkte ab. »Diese Schlappschwänze zittern doch vor Angst, wenn nur irgendein Köter in der Nacht heult. Außerdem haben sie keine Erfahrung mit derlei Dingen. Ich wollte die besten Leute haben.« Er musterte uns allesamt mit seinen bösen alten Augen. »Wenn ich mir dabei auch ein paar Nieten auf den Hals geladen habe, so muß ich das eben in Kauf nehmen. Es kostet mich schließlich nichts extra. Gerade auf dem Gebiet des Okkulten und Übernatürlichen gibt es eine Menge Scharlatane und Spinner.«
»Wie sind Sie gerade auf mich gekommen?«
»Sehr einfach. Ich habe an einen Professor der Universität Stockholm geschrieben, der einen Lehrstuhl für Parapsychologie innehat. In meinem Auftrag hat er eine Liste der für meine Zwecke in Frage kommenden Leute aufgestellt – gegen gute Bezahlung, versteht sich.«
»Wie heißt dieser Professor?«
»Jens Christiaan Bartlefsen.«
Dann kam Ramadutta Ngaresh mit einer Fülle der unmöglichsten Fragen.
Larsson wurde bald immer ungeduldiger und übellauniger. »Weshalb wollen Sie denn das alles wissen, zum Teufel?« platzte er schließlich heraus. »Ich sehe keinen Sinn in Ihren dämlichen Fragen.«
Der Yogi näherte sich seinem Rollstuhl. Er neigte den Kopf zum alten Gutsbesitzer herunter. »Ich glaube fast, der Werwolf ist ein Dämon«, sagte er mit todernstem Gesicht, so als sei ihm gerade eine wichtige Erkenntnis zuteil geworden. »Es könnte Gonash sein, der Wolfsdämon, der vor zwölftausend Jahren von dem Gott Pharsvanatha überwältigt und in die Finsternis verbannt wurde. Wenn ich mit meiner Vermutung recht habe, dann kann man den Wolfsdämon auch durch den Gesang einer bestimmten Veda, die unter Harfen- und Zitherbegleitung von rückwärts gesungen wird, töten. Das könnten sogar Sie selber machen.«
Elmar Larssons Gesicht lief krebsrot an. Ich mußte mir das Lachen verbeißen, denn die Vorstellung, wie der Gutsbesitzer im Rollstuhl durch den Wald fuhr, Harfe spielte und altindische Veden sang, war recht erheiternd.
Larsson fand es nicht so lustig. Er riß die Peitsche – die, wie ich jetzt sah, einen silbernen Knauf besaß – vom Rollstuhl und knallte sie dem entsetzt zurückspringenden Ramadutta um die Ohren. »Du willst mich wohl zum besten halten, Kerl?« Er rollte auf den Inder zu, der an der Tür stand, beide Hände abwehrend von sich streckte und mit rasender Schnelligkeit Gebete auf Sanskrit aufsagte.
Elmar Larsson beruhigte sich etwas. »Wenn der Kahlkopf sich weiter so verdreht anstellt, hetze ich die Hunde auf ihn und jage ihn vom Hof«, knurrte er und wandte sich an die anderen. »Hat einer von euch noch Fragen?«
Niemand meldete sich.
»Dann seht zu, daß ihr den Werwolf zur Strecke bringt. Von mir aus geht noch heute nacht auf die Jagd. Tage wird euch die drei Funksprechgeräte geben.«
Wir gingen hinaus.
Elmar Larsson hatte all meine Erwartungen übertroffen. Er war noch schlimmer, bösartiger und abstoßender, als ich geglaubt hatte. Als ich an der Tür einen Blick über die Schulter zurückwarf, sah ich, wie er die Schnapsflasche an die Lippen setzte. Es war hochprozentiger Aquavit, klar wie Wasser und scharf wie die Hölle. Das Zeug konnte einem Mann die Tränen aus den Augen treiben und Löcher in die Magenwände brennen. Elmar Larsson trank es wie Wasser. Er trank, wie ich noch nie einen Menschen hatte Schnaps trinken sehen. Er gurgelte das Zeug hinunter und warf die Flasche an die Wand. Dann bemerkte er meinen Blick.
»Was gibt es da zu glotzen?« fragte er barsch.
»Wohl bekomm's, Herr Larsson!« sagte ich spöttisch und schloß die Tür. Mich konnte er nicht einschüchtern. Ich war keiner seiner Angehörigen, die auf seinen Tod lauerten, unter seiner Fuchtel standen und nach seiner Hinterlassenschaft gierten; und ich war auch kein Ramadutta Ngaresh, dem er die Peitsche um die Ohren schlagen konnte.
Am Fuß der Treppe holte ich den Inder ein.
»Es wäre vielleicht besser, wenn Sie auf die Jagd verzichten würden«, versuchte ich ihn zu überzeugen.
Er sah mich groß an. »Weshalb sollte ich das? Nur weil Hamunan, der Affendämon, für ein paar Augenblicke den Geist des
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