027 - Werwolf in der Nacht
führen, und dann ich brauche nur noch warten, bis er kommt.«
»Passen Sie auf, daß Sie sich nicht aus Versehen ins Bein schießen, Roux!« spottete Peter Frost.
Den Vogel schoß Ramadutta Ngaresh ab. Er weigerte sich strikt, irgendeine Waffe anzunehmen. »In mir ist die transzendentale Kraft, die den Werwolf durch einen Blick vernichten wird. Der große Yogi vom Ganges braucht keine irdischen Hilfsmittel, um die Bestie zu erlegen.« Er schien wirklich verrückt zu sein. Wir musterten ihn befremdet.
Elmar Larsson legte den Kopf schief. »Wie wollen Sie den Werwolf zur Strecke bringen, Sie kahlköpfiger Gelbspecht?« fragte er grollend.
»Mein Blick wird ihn töten. Vielleicht werde ich ihn auch mit meinem Krummstab erschlagen.«
»Der Werwolf hat schon drei Menschen umgebracht, Sie Narr. Glauben Sie, ich will auch noch Ihren Kadaver am Hals haben? Bewaffnen Sie sich vernünftig oder gehen Sie zum Teufel, verdammt noch mal!«
»Hier wird der große Ramadutta wieder einmal schmählich verkannt«, seufzte der Yogi.
Elmar Larsson sah so aus, als wollte er gleich explodieren und dem gelbgekleideten Sariträger die Peitsche um die Ohren schlagen. Mir tat der harmlose Kerl leid.
Ich sagte daher zu ihm: »Die Kraft deines transzendentalen Blickes in Ehren, guter Ramadutta, aber was ist, wenn Hanuman oder Maliashi dir wieder einmal einen Streich spielen?«
Er runzelte die Stirn, wodurch er Ähnlichkeit mit einem Pavian bekam.
»Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ja, Sie haben recht, Mr. Hunter. Sicher werden die Dämonen versuchen, mich auf diese Art zu vernichten. Sie werden mich dem Werwolf ausliefern wollen. Und ich kann nicht sicher sein, daß Vishnu und Shiva immer schützend die Hand über mich zu halten vermögen. Ich werde mir also doch eines dieser Werkzeuge des Todes, die ich so verabscheue, aneignen müssen.« Er griff zu Karabiner und Bajonett und hantierte damit in einer Weise herum, daß ich mir vornahm, mich auf jeden Fall hinter ihm zu halten, falls er schießen sollte. Ich konnte mir vorstellen, daß er alles zu treffen vermochte, vom Ziel abgesehen.
»Wie sieht es mit Funksprechgeräten aus?« fragte der Gutsbesitzer. »Ich habe drei. Wollt ihr euch in Gruppen aufteilen?«
Kirst und Frost wechselten einen Blick.
»Damit wir uns klar verstehen«, sagte Kirst, »Frost und ich jagen allein. Es soll uns keiner in die Quere kommen. Wir brauchen niemanden, um den Werwolf zu erwischen, und wir denken nicht daran, auch nur eine Krone von der Prämie abzugeben.«
»So hatte ich es mir gedacht.« Elmar Larsson lachte heiser. »Von mir aus macht, was ihr wollt. Tage gibt euch die Funkgeräte. Teilt sie unter euch auf, wie ihr es für richtig haltet. Nun zum Werwolf selbst. Er ist intelligent, flink, kräftig und gefährlich – und nur mit einer silbernen Waffe zu töten. Im Gegensatz zu anderen Werwölfen taucht er nicht nur bei Vollmond auf, sondern auch in normalen Nächten und sogar bei Tag. Weshalb er nicht der magischen Kraft des Vollmonds unterworfen ist, dürft ihr mich nicht fragen.« Er sah uns der Reihe nach an. »Wer von euch mir den toten Wolf bringt, bekommt die Belohnung. Ich will seine Leiche sehen!« Die letzten Worte hatte er fast ausgespien. Sein Gesicht war krebsrot angelaufen.
Ich fragte mich, weshalb Larsson einen solchen Haß gegen das Untier hegte. Aus seiner Familie und von seinen näheren Bekannten war niemand zu Schaden gekommen. Die eine Kuh, die der Werwolf auf Gut Falö gerissen hatte, wie ich zuvor im Gästehaus gehört hatte, war kein solcher Verlust für ihn, daß er seine Erregung rechtfertigte. Ich nahm mir vor, der Sache auf den Grund zu gehen.
»Noch Fragen?« blaffte der Alte.
Kirst und Frost stellten welche über die Orte, an denen der Werwolf aufgetaucht war. Yameshi wollte wissen, wo überall seine Spuren gefunden wurden. Ob es ein bestimmtes Gebiet oder eine Art Wildwechsel gab, die der Werwolf bevorzugte, und was seine Gewohnheiten seien. Elmar Larsson beantwortete alle Fragen, so gut er konnte.
Boris Schtscherbakow fragte, ob der Schnapsvorrat in seinem Gästezimmer aufgefüllt werden könnte. Er gehe schon zur Neige. Feodora Munoz fragte nach einem Gegenstand, den der Werwolf berührt hatte oder in dessen unmittelbare Nähe er gekommen war.
Larsson förderte ein blutbeflecktes Halstuch aus dem Fach an seinem Rollstuhl zutage. »Es gehörte der Magd vom Kirkunnen-Hof, die von dem Untier getötet wurde«, sagte er und gab es Feodora.
Priscilla Larot
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