0270 - Geistertanz der Teufelsmönche
Adresse. Die Spur zu Ihnen ist heiß, sehr heiß sogar. Lassen Sie sich etwas einfallen, wie Sie diesem Teufelskreis wieder entkommen wollen.«
»Gehen Sie!« zischte die Golon. »Verlassen Sie mein Haus, Sinclair!« Ihr Gesicht verzerrte sich vor Wut. »Sonst…«
»Reden Sie weiter, Madame«, forderte ich sie spöttisch auf.
Sie drehte sich abrupt um. »Nein!«
Es war endgültig, und ich richtete mich danach. Ich drehte mich um und verließ den Raum. Über die Holztreppe schritt ich wieder zurück. Als ich sie hinter mir gelassen hatte, drehte ich mich noch einmal um und schaute die Stufen wieder hoch.
Sie war mir nicht gefolgt. Dafür hatte sie die Tür zu ihrem Atelier geschlossen.
Den Weg durch die Küche kannte ich. Nachdem ich den Raum durchquert hatte, blieb ich auf der Terrasse stehen und schaute über den Strand hinauf auf das Meer.
Die Wellen machten einen beruhigenden Eindruck. Sie vermittelten ein Gefühl der Ausgeglichenheit. Es war schwer vorstellbar, daß sich unter dieser Strandidylle das Grauen verbarg. Aber es lauerte im Verborgenen, sämtliche Anzeichen sprachen dafür, und ich mußte es nur noch hervorlocken.
Man hatte mich des Hauses verwiesen. Okay, daran konnte ich nichts ändern, denn ich mußte mich an die Gesetze halten.
Privateigentum ist heilig, aber ich war fest entschlossen, zurückzukehren. Das Haus und die Menschen sollten nicht ohne Schutz bleiben, dies schwor ich mir. Und ich würde auch einen Weg finden, um dem Satan ein Schnippchen zu schlagen, das stand fest.
Durch den weichen Sand schritt ich und schaute mich dabei um, denn ich suchte das Mädchen. Für mich schwebte Lisa in Gefahr. Sie wußte nicht, welch ein Spiel ihre Mutter trieb, deshalb wollte ich sie noch einmal warnen und vielleicht auch mitnehmen und in Sicherheit bringen, wenn sie es wollte.
Von Lisa entdeckte ich nichts. Wahrscheinlich hatte sie, wie fast jeder Jugendliche in ihrem Alter es tat, trotzig reagiert und sich in ihrem Zimmer eingeschlossen.
Den Weg, den ich gekommen war, ging ich auch wieder zurück.
Ich würde mich in meinen Wagen setzen und abwarten, bis die Dämmerung allmählich hereinbrach. Das dauerte einige Stunden, als Polizeibeamter hat man allerdings gelernt, Geduld und nur Geduld zu zeigen.
An der Schmalseite des Hauses schritt ich entlang. Ich sah noch meine Spuren im Sand. Sie stammten von meiner Ankunft.
Das Rauschen der Wellen begleitete mich. Aus der Ferne hörte ich das harte Klatschen der Brandung gegen den Fels. Eine Geräuschkulisse, die zum Meer paßte.
Das leise Pfeifen paßte nicht dazu. Es war auch nicht der schrille Ruf eines Vogels, ein Mädchen hatte es ausgestoßen.
Lisa!
Ich sah sie in der Deckung eines Holzstapels hocken, und sie winkte mir zu. Sie trug inzwischen Turnschuhe, deren Blau sich vom hellen Untergrund deutlich abhob.
Ich war stehengeblieben, warf noch einen schnellen Blick in die Runde, fühlte mich unbeobachtet und huschte auf das Mädchen zu.
»Ducken Sie sich!«
Das tat ich auch. »Was ist los?« fragte ich.
Sie grinste. »Meine Mutter hat Ihnen Pfeffer gegeben, wie?«
»Sie ist die Hausherrin.«
»Klar, John, klar. Aber was ich gesehen habe, das habe ich gesehen. Darauf können Sie sich verlassen, und ich weiß auch, daß meine Mutter im Keller gewesen ist.« Sie schaute mich bei dem letzten Satz so auffordernd an, als erwartete sie von mir die Antwort.
»Na und?«
Ihr junges Gesicht nahm einen pfiffigen Ausdruck an. »Es wäre doch interessant zu erfahren, was sich im Keller abspielt.«
»Nichts, hast du doch gesagt.«
»Das stimmt schon, John, aber ich habe da so ein komisches Gefühl, wissen Sie.« Lisa drängte sich zurück und preßte ihren Rücken gegen die Hauswand, während sie die Beine anwinkelte und ihre Arme um die Knie spannte.
»Was für ein Gefühl?«
Sie senkte ihre Stimme. »Der Keller ist ja uralt und irgendwie geheimnisvoll, aber er ist nicht so, daß man Angst vor ihm haben könnte, verstehen Sie?«
»Natürlich.«
»Dann will ich Ihnen sagen, John, daß es dort doch etwas geheimnisvolles gibt. Nämlich eine Tür, die angeblich zu einem Raum führt, der in Gefahr steht, einzustürzen. Aber daran glaube ich nicht.«
»Wieso nicht?«
»Kann ich auch nicht sagen. Hängt vielleicht mit den letzten Ereignissen zusammen.«
»Das kann sein.«
Sie fragte mich jetzt direkt, während ich nach vorn schaute und den Sandschleiern zusah, die vom Wind hochgetrieben und als lange Fahnen über den Strand geweht wurden.
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