0271 - Hexen-Zauber
geführt, wo Dinge liegen, die euch gehören!«
»Der Untergang der ›Germania‹ war euer Werk?« fragte Michael Ullich scharf.
»Nicht unser Werk!« echoten die Rheintöchter. »Das Volk der Elben vermag solches nicht mehr, seit es sich in den alten Tagen mit den Elementargeistern verband. Was das Schiff vernichtete, war Zauber, wie er seit Menschengedenken vergessen wurde.«
»Also doch die Loreley!« mutmaßte Carsten Möbius.
»Der Name der Hexe des Felsens ist uns unbekannt!« sagte Wogelinde. »Doch seid gewiß, daß sie es nicht mit eigener Kraft schaffte. Seit hunderten von Jahren schlief sie im Felsen. Der Zauberer, der sie erweckte, war jener Hexenkönig, der durch seine Existenz die Erde besudelte, als die Zeit der Elben vorbei war.«
»Amun-Re! Der Herrscher des Krakenthrones erhebt aufs Neue sein Haupt!« flüsterte der Millionenerbe. »Wir müssen Zamorra verständigen … wenn wir das hier überleben!«
»Ihr werdet überleben!« sagte Wellgunde scharf. »Darum haben wir Velayaya , den Elementargeist des Wassers, gebeten, diese Luftkuppel in seinem Reich zu errichten. Denn sonst wird das Gold der Nibelungen von den Wassern des Rheins umspült. Dann haben wir euch auf Befehl unseres Hochkönigs im letzten Augenblick vor dem Ertrinken gerettet, denn die Hand des Riesen hatte euch tief in den Rumpf des sterbenden Schiffes hineingestoßen. Ihr tut uns unrecht, wenn ihr uns fürchtet.«
»Wir fürchten nichts – außer dem Finanzamt!« erklärte Michael Ullich.
»Er scherzt wie einst Siegfried es tat!« sagte Floßhilde mit einem Lächeln. »Er ist würdig, das Erbe des Helden anzutreten. Geh zu dem Golde und nimm, was dich am meisten fasziniert!« Die Stimme der Floßhilde hatte etwas Befehlendes.
Ohne ein Wort zu sagen schritt Michael Ullich auf den Berg des Goldes zu.
»Auch du, Carsten Möbius!« sagte Wellgunde. »Geh hin zum Hort der Nibelungen und nimm, was du begehrst!«
»Bei Crom, das ist ein Schwert, wie es einem Manne geziemt!« stieß Michael Ullich hervor. Wie ein flammender Blitz schimmerte die Klinge eines Schwertes von ungewöhnlicher Länge in seiner rechten Hand. Der Karfunkelstein im Knauf sprühte wie Feuer aus dem Inneren eines Vulkans.
Carsten Möbius hatte derweilen ein unscheinbares Geflecht aus dem Gold gefischt, das in seiner Schlichtheit nicht zum Prunk des Nibelungenhortes passen wollte. Ein grobmaschig geknüpftes Netz von quadratischer Form mit ungefähr fünfzig Zentimeter Durchmesser.
»Der Besitz von Gold bringt den Tod!« flüsterte er. »Doch ich wollte, daß ich das hier als Andenken mitnehmen könnte!«
»Wer mir dieses Schwert streitig machen will, der muß es mir abnehmen!« klang Michael Ullichs helle Stimme. »Nie hielt ich ein Schwert in den Händen, das so kunstvoll ausgewogen ist. Es bildet förmlich eine Einheit mit dem Kampfarm. Das Gold mag hier unten bis zum jüngsten Tage liegen. Doch mit diesem Schwert in der Hand würde ich selbst Amun-Re herausfordern!«
»Ihr habt gut gewählt!« lobte Wogelinde. »Ich spüre, daß das Auge Glarelions mit Wohlgefallen auf euch ruht. Denn nun kehren zwei Dinge in die Welt zurück, von denen nur noch in Legenden geflüstert wird!«
»Der Balmung !« flüsterte Michael Ullich und besah ehrfürchtig das Schwert in seiner Hand. »Das Schwert der Nibelungen!«
»Richtig!« erklärte Wogelinde. »Möge dir die Waffe besser zu Diensten sein als Siegfried. Du wirst ihr keine Unehre machen!«
» Nacht und Nebel! – Niemand gleich! « sang Wellgunde. »Diese Worte, Jüngling mit den langen Haaren, mußt du sprechen und das Geflecht über deinen Kopf legen, wenn du seinen Schutz benötigst. Denn aus dem reichen Hort der Nibelungen wähltest du den Gegenstand, den du am besten einzusetzen verstehst. In deiner Hand hältst du die Tarnkappe Alberichs !«
»Doch auch Träger eines Gegenstandes sollt ihr sein, der nicht euch gebührt!« sagte Floßhilde feierlich. »Nehmt ihn und tragt ihn treulich zu dem Mann, der allein seine Macht auszunutzen versteht. Zögert nicht, ihn zu finden. Unermeßlich schwillt die Macht der Hexe an, wenn sie ihn in ihren Besitz bringt!«
Ein kleiner, unscheinbarer Goldring ohne besondere Verzierungen klirrte vor Michael Ullichs Füße.
»Mit diesem Ring kann er das Tor im Felsen öffnen!« erklärte Wogelinde. »Eilt, den Ring des Nibelungen seinem rechtmäßigen Besitzer zu geben. Er mag ihn benutzen, bis die Loreley vernichtet ist. Doch danach muß er ihn wieder in unsere Obhut
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