0271 - Hexen-Zauber
daraus.
So schnell es ging, hastete Professor Zamorra zum Weg, der von den Winzern benutzt wird, wenn sie durch den Weinberg gehen. Hinter ihm standen die Rebstöcke in Flammen.
»Wir helfen dir, Zamorra!« hörte der Parapsychologe die Stimme von Inge Bach. Und dann spürte er, wie die Flammen schlagartig erloschen und Sandras Körper von ihm abfiel.
Das Gesicht des Girls war von tödlicher Blässe gezeichnet. Nur schwacher Atem zeigte an, daß Sandra Jamis noch am Leben war.
Elfi Berger und Inge Bach hielten den Körper des Mädchens gepackt und sahen sich verständnislos an.
»Nicht loslassen!« krächzte Professor Zamorra. »Um Gottes willen … nicht loslassen. Sonst bekommt sie ihre Zauberkräfte wieder. Versucht bitte, sie zu tragen. Ich kenne das Mädchen. Sie wurde von einer unheimlichen Macht gesteuert!«
»Was bedeutet das?« fragte Elfi Berger und lugte ängstlich nach den Flammen, die sich immer schneller ausbreiteten. In Braubach, dem Dorf unterhalb der Marksburg, heulten die Feuersirenen los.
»Ihr habt mediale Fähigkeiten. Ich vermute, daß sie die Kräfte der Loreley neutralisieren. Genaues weiß ich nicht. – Schnell, wir müssen weg hier! Denkt daran, daß der Körperkontakt von euch zu Sandra immer erhalten bleiben muß. Sonst kann die Hexe wieder einfahren und uns alle vernichten.«
Der Rest des Satzes wurde von Hustenanfällen erstickt, denn der Wind trieb Rauchschwaden in ihre Nähe. Elfi und Inge legten die Arme der ohnmächtigen Sandra um ihren Nacken und schleiften sie den Weinberg hinab, während Professor Zamorra eine Stange ergriffen hatte, an der sonst ein Weinstock emporrankte und die brennenden Reben auf dem Weg beiseite schleuderte.
Kochender Schweiß brach aus den Poren und rann wie glutflüssige Lava über den Körper. Hinter sich sah der Meister des Übersinnlichen eine titanische Flammenwand zum Himmel rasen. Hellodernd brannten die Rebstöcke an beiden Seiten des Weges.
Der vom Kampf ermattete Körper wurde in der Gluthitze ausgedörrt. Jede Bewegung schmerzte, während er sich zwang, mit der Stange die Brände beiseite zu stoßen.
Da hörte er hinter sich ein Wimmern. Und er wußte, daß dies der Moment war, wo die beiden Mädchen nicht weiter konnten. Zurückblickend erkannte er, daß Elfi Berger und Inge Bach mit ihrer Last zu Boden gesunken waren.
Und er wußte, daß er nicht mehr die Kraft haben würde, sie von hier fort zu zerren. Um sie herum raste das Inferno. Knirschend stürzten mehrere Rebstöcke in lodernden Flammen auf den Weg und versperrten ihn völlig.
Ein Feuerring, gegen den das Amulett keinen Schutz bot.
Professor Zamorra hoffte, daß es schnell ging …
***
»Ich bin nicht besoffen. Nein, ich bin nicht besoffen!« lallte Dietrich Steier vor sich hin, während er die Rheinpromenade von Rüdesheim entlang taumelte. Er hatte eben mit seinem Kegelverein eine bekannte Weinbrennerei besichtigt und den dortigen Produkten mehr als genug zugesprochen. Dennoch – was er hier sah, konnte ihm der gute Geist des Weines in dem genossenen Getränk nicht vorspielen.
Er sah, wie sich in weiter Ferne das Standbild der Germania von ihrem Sockel erhob und hinabschwebte.
»Sie fällt nicht … sie schwebt … sie schwebt wirklich … ich bin nicht besoffen!« lallte Dietrich Steier vor sich hin. Kaum einer der die Rheinpromenade entlangschlendernden Menschen nahm Notiz von dem wie ein Schilfrohr im Winde schwankenden Menschen.
Und auch nicht von den beiden jungen Männern, die eben über das Ufer des Rheins kletterten. Denn ansonsten wäre aufgefallen, daß die Kleider der beiden vollständig trocken waren.
»Das Böse ist da. Und es ist stark!« hörte Carsten Möbius noch im Geist den Sang der Rheintöchter. »Haltet es auf, wo ihr es findet. Und sucht Zamorra! Erst, wenn der Ring des Nibelungen in seiner Hand ist, kann er die Hexe Loreley bekämpfen!«
»Sie schwebt … sie schwebt herab…!« hörten die beiden Jungen die Stimme des Betrunkenen. »Da oben … die Germania … wie im Film … aber ich bin nicht besoffen … das ist Zauberei…!«
»Der hat ganz schön einen in der Rüstung!« brummelte Michael Ullich und wollte sich abwenden. Carsten Möbius hielt ihn am Ärmel zurück. Der Finger, der zum Niederwalddenkmal zeigte, zitterte leicht.
»Aber er hat Recht!« erklärte der Millionenerbe. »Das Standbild der Germania ist verschwunden. Wir beide wissen, daß es tatsächlich Kräfte gibt, die solchen Gebilden Leben einhauchen. Und
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