0272 - Um null Uhr schnappt die Falle zu
er, ohne sich umzudrehen.
Phil und ich wechselten einen Blick. Chic-Chic-Rod hatte uns die Namen seiner Konkurrenten selbstverständlich nicht ohne Absicht genannt. Vielleicht wollte er uns nur von sich ablenken, vielleicht fürchtete er wirklich, einer von ihnen könnte sich unter Verwendung der Anderson-Munition ausdehnen wollen.
»Schön, Murphy«, entschied ich. »Wir werden uns deine Freunde ansehen, aber damit wir das in Ruhe unternehmen können, schlage ich dir vor, deinen schönen Morgenrock mit einem deiner eleganten Anzüge zu vertauschen.«
Er fuhr herum.
»Warum?«
»Wir nehmen dich fest, Rod! Um den Wahrheitsgehalt deiner Story besser nachprüfen zu können, nehmen wir Mad und Rico auch gleich mit.«
»Na schön!«, schrie er. »Aber das wird dich auch nicht weiterbringen.«
***
Seit der Zeit der Prohibition sind die ganz großen Bosse von der Bildfläche verschwunden. Aber Gangsterbanden und Gangsterbosse gibt es immer noch. Im Allgemeinen ist ihr Tätigkeitsfeld kleiner geworden. Sie beherrschen ein Viertel, wie Rod Murphy zum Beispiel Williamsbridge beherrschte, aber schon ein paar Straßenzüge weiter gilt ein anderer Mann als Boss.
Keiner fühlt sich stark genug, in das Gebiet des anderen einzubrechen.
Zwar würden siebenhundert Handgranaten mehr oder weniger auf einer Seite das Gleichgewicht zwischen den Gangsterbossen nicht grundsätzlich ändern, aber im Kampf um die dunklen Einkommensquellen in den Straßen New Yorks bedeuten die dreißig Kisten Armeehandgranaten einen Machtzuwachs, dem die Konkurrenz nichts entgegenzusetzen hat.
Die Namen, die Chic-Chic-Rod uns genannt hatte, hatten Phil und ich alle schon einmal gehört. Sie alle - Shoeman, Thrill, Wysh, Further - waren Gangster von Murphys Schlag, der eine etwas mächtiger, der andere etwas kleiner. Ihre Gebiete grenzten aneinander. Die Bronx und ein Teil von Manhattan gehörten ihnen.
Selbstverständlich wusste die City-Polizei über ihre Tätigkeit genau Bescheid. Hingegen war das FBI in die Bekämpfung dieser Burschen bisher nicht eingeschaltet worden. Die Sache mit den verschwundenen Handgranaten zwang uns nun, uns mit Murphys »Freunden« zu beschäftigen. Wir fuhren, nachdem wir Murphy und seine Gorillas im Hauptquartier unseren sehr tüchtigen Vernehmungsspezialisten übergeben hatten, zur Kriminalabteilung der City-Polizei und ließen uns über die Jungs informieren.
Die Cops hatten eine Menge Material über die Typen gesammelt. Sie führten seit Jahren einen erbitterten Kampf mit den Banden. Sie hatten Erfolge und Rückschläge erlebt, aber es war ihnen nie gelungen, genügend Beweise gegen 22 einen der Bosse zusammenzubekommen, um ihn hochzunehmen.
Wir studierten die Lebensläufe. Rasch stellte sich heraus, dass Andrew Wysh für unsere Zwecke der interessanteste Bursche zu sein schien. Wysh war genau wie Shandy Anderson Mitglied der Trenard-Bande gewesen. Er hatte New York verlassen, als Jack Trenard daran glauben musste, war aber zurückgekehrt, als er sicher war, dass das Material der Polizei gegen ihn nicht zu einer Verurteilung ausreichen würde. Seine Rechnung ging auf. Zwar wurde er vor ein Gericht gestellt, aber er erzielte einen Freispruch wegen Mangel an Beweisen. Im Bezirk Mount St. Vincent baute sich Wysh eine eigene Gang auf. Mount St. Vincent ist eine gute Gegend mit eleganten Geschäften. Andrew Wysh spezialisierte sich darauf, diesen Geschäften gegeji eine Gebühr seinen Schutz angedeihen zu lassen. Geschäftsinhaber, die auf solchen Schutz keinen Wert legten, wurden durch zerbrochene Fensterscheiben, durchgeschnittene Autoreifen und im schlimmsten Fall durch eine harte Tracht Prügel eines Besseren belehrt. - Die City-Polizei verdächtigte aber Andrew Wysh außerdem schlimmerer Verbrechen. Sein Bezirk grenzte an den großen Van Cordtland Park, und dieser Park war immer wieder Schauplatz von Überfällen auf Liebespaare bis zu Marihuana-Orgien Jugendlicher.
Wysh bewohnte eine mittelgroße Villa in der Sylvan Avenue. Er hatte die Wysh Company Ltd. als Tarnorganisation aufgezogen, und das Schild prangte groß wie ein Plakat am Gartenzaun.
Wysh war so schwer zu erreichen wie der Generaldirektor eines Konzerns. Drei hochblonde Damen, die sich zwar als Sekretärinnen bezeichneten, aber etwas zu aufgedonnert waren, um wirkliche Sekretärinnen zu sein, warfen sich uns in den Weg. Später kamen drei Männer hinzu, angeblich Angestellte der Wysh Company, in Wahrheit waren es genausolche Gorillas, wie es Rico
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