0275 - Das Erbe des Satans
Schnurrbärtigen — lag.
Die Leiche der Frau war auf eine Couch gebettet und mit einem weißen Leinen zugedeckt.
Ich blickte mich suchend um.
Nichts Verdächtiges war in dem Zimmer zu bemerken. Nur die Nachttischlampe brannte. Vor den Fenstern waren die Vorhänge dicht zugezogen. Das Bett schien unbenutzt.
»Die Tote lag vor dem Bett«, sagte Doc Rusch, »mit dem Gesicht zum Fenster gewandt.«
»Das besagt nichts«, sagte ich leise. »Er kann sie herumgezerrt haben.«
Ich trat zu dem breiten französischen Bett und fuhr mit der Hand prüfend über die Decke. Sie fühlte sich weich und seidig an. Unter dem Federbett schaute der Zipfel eines roten Pyjamas hervor. Behutsam schob ich die Bettdecke nach unten.
Auf dem Kopfkissen — etwa dort, wo das Federbett endete — war eine unmerkliche, schalenförmige Vertiefung. Nur sehr schwach, und nur für das Auge eines geübten Beobachters wahrnehmbar. Die Vertiefung war nicht sehr groß. Ein Abdruck, der von einem Kinderkopf herrühren konnte. Sonst waren keinerlei Abdrücke auf dem Bettlaken zu sehen.
Phil und der Doc traten neben mich.
»Was ist das?« — Die Stimme des Arztes war kaum zu vernehmen.
»Leider kein Beweis, Doc. Aber ein Fingerzeig, ein Anhaltspunkt.«
»Wieso?«
»Hier hat etwas gelegen, Doc, dessen Anblick so grauenhaft war, daß er Missis Snatch getötet hat.«
***
Kurz vor Mitternacht hatten wir Gewißheit.
Wir ließen uns aus der Kantine eine letzte Kanne Kaffee bringen und verglichen noch einmal die Fingerabdrücke, die wir auf dem Whiskyglas gefunden hatten, mit denen auf der Karteikarte, die vor uns auf dem Schreibtisch lag.
Es gab keinen Zweifel.
Unser dreistündiges Suchen hatte Erfolg gehabt.
Snatch war registriert. Er war vorbestraft. Er hatte fünf Jahre wegen bewaffneten Überfalls in Denver im Zuchthaus gesessen. Im April 1959 war er entlassen worden. Seitdem wußte man nicht, wo er sich aufhielt. Mike Snatch war übrigens sein wirklicher Name.
»Erst Raubüberfall und jetzt Mord«, sagte Phil.
»Wir haben keine Beweise!«
»Noch nicht, Jerry! — Noch nicht…«
***
Es war am nächsten Morgen gegen zehn Uhr, als Mr. High den Telefonhörer auf die Gabel zurücklegte und uns ernst ansah.
»Ich habe Sie rufen lassen, Phil und Jerry, um mit Ihnen über eine ungeheuerliche Angelegenheit zu sprechen. Als ich heute morgen Ihren Bericht über den mysteriösen Tod der Nicole Snatch vorfand, fragte ich sofort bei unseren Kollegen in St. Louis nach. Eben traf die Antwort ein.«
Der Chef machte eine Pause und blickte nachdenklich vor sich hin.
Phil räusperte sich.
»Sie erkundigten sich nach Mike Snatch, Chef?«
»Natürlich! — Unsere Kollegen in St. Louis wußten nicht, daß er sich in unserer schönen Stadt aufhielt. Als ich ihnen dann von der Verbindung mit der Millionenerbin Vanderway berichtete, fielen sie aus allen Wolken. Offensichtlich haben sich Snatch und Nicole Vanderway nicht in St. Louis trauen lassen. Dort hatte sich die Hochzeit noch nicht herumgesprochen, obwohl Nicole Vanderway ein großes Haus führte und viele Bekannte hatte.«
»Und worin besteht die ungeheuerliche Angelegenheit«, wollte ich wissen.
»In St. Louis scheint es neuerdings an der Tagesordnung zu sein, reiche Witwen zu heiraten«, sagte der Chef langsam. »Innerhalb des letzten Monats kam es zu zwei Hochzeiten, die Aufsehen erregten. Denn: In beiden Fällen handelte es sich um eine steinreiche Frau, die jeweils mit einem viel jüngeren Mann unbekannter Herkunft die Ehe einging.«
»Das dürfte in einer Stadt wie St. Louis nicht unbedingt sonderbar sein«, meinte ich. »Eher ist es erstaunlich, daß unsere Kollegen über den Gesellschaftsklatsch so genau Bescheid wissen.«
»Leider mußten sie sich dafür interessieren, Jerry. Denn beide Frauen — eine namens Miller und eine andere mit Namen Fulham — sind vor wenigen Tagen ums Leben gekommen.«
Sekundenlang herrschte Schweigen. »Die Untersuchung liegt in den Händen der Stadtpolizei- von St. Louis. Allerdings hat man das dortige FBI-Büro benachrichtigt.« Unser Chef hob ein Blatt Papier, das mit Bleistiftnotizen bedeckt war. »Die Miller stürzte in betrunkenem Zustand von einem Balkon im vierten Stock ihres Hauses. Sie war auf der Stelle tot. Die Testamentseröffnung ist inzwischen erfolgt. Demnach erhält Beef Miller — der Mann der Toten — zwei Millionen Dollar in bar. Der Rest des Vermögens, etwa die gleiche Summe, soll an die beiden Kinder aus erster Ehe der Toten
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