0275 - Der Flug nach Barkon
Mory lebte zurückgezogen und widmete sich nur noch dem Wohlergehen ihrer Rasse.
Der Robot blieb stehen und gab den Weg zum Wohnzimmer frei. Kalagos trat ein. Mory erwartete ihn, die Augen unnatürlich weit geöffnet und mit einem Ausdruck von Angst im Gesicht. Kalagos lächelte ermunternd und trat auf sie zu.
„Hören Sie mich an, Madam, ehe Sie beginnen, sich Sorgen zu machen. Ich habe alle Unterlagen mitgebracht und werde Ihnen alles erläutern, soweit ich es verstanden habe. Reginald Bull schickte einen Kurier mit der Nachricht. Sie existiert nur in doppelter Ausfertigung. Eine Kopie für Sie, das Original für Terrania. Es würde zu lange dauern, wollte ich das Schriftstück vorlesen. Dazu haben Sie noch Zeit und Gelegenheit, wenn ich Sie verlassen habe. Ich werde Ihnen nur das Wichtigste erzählen, das geht schneller." Sie nickte.
„Setzen wir uns", sagte sie. „Was trinken Sie?"
Kalagos setzte sich, während Mory die Getränke holte. Als auch sie saß, öffnete er die Aktentasche und zog ein Bündel Papiere daraus hervor. Er legte sie auf den Tisch, genau auf jene Stelle, die Mory dafür frei gemacht hatte.
„Es ist ein langer Bericht", begann er zögernd, als müsse er nach Worten suchen. „Viele technische Einzelheiten, von denen ich kaum etwas verstehe. Aber soviel habe ich begriffen: Im Andromedanebel gibt es eine Zeitmaschine, so groß wie ein ganzer Planet. Es ist die Zeitfalle der Meister der Insel, Vario genannt. Perry Rhodan ist mit der CREST und der gesamten Besatzung in diese Falle geraten und wurde fünfzigtausend Jahre in die Vergangenheit geschleudert."
Mory sah Kalagos mit aufgerissenen Augen an. Ihre Lippen bewegten sich, aber es war kein Ton zu hören. Sie brachte kein Wort hervor.
„Das Schicksal der CREST war ungewiß, daher wurde von Reginald Bull eine Nachrichtensperre verhängt. Nun gelang es aber den Zwillingen Rakal und Tronar Woolver aus der Vergangenheit in die Gegenwart zurückzukehren und die Ungewißheit zu beseitigen. Perry Rhodan befindet sich tatsächlich in der Vergangenheit, aber er ist fest davon überzeugt, eine Möglichkeit zu finden, mit allen Leuten in die Zukunft - unsere Gegenwart also - zurückzukehren. Die Wellenspringer begaben sich mit einem Stoßtrupp in die Zeitfalle Vario - und seitdem sind sie verschwunden. Das, Madam, wäre in kurzen Worten alles."
Mory hatte sich nicht gerührt. Ihr Gesicht glich einer starren Maske, aber der Schreck war aus den Zügen gewichen. Sie wirkte nun gefaßt und mutig.
„Und was ist ihre persönliche Meinung, Kalagos? Warum hat Bully solange mit dieser Neuigkeit gezögert? Wurde die Lage inzwischen besser oder schlechter?"
„Besser, Madam. Zumindest herrscht Gewißheit darüber, daß Rhodan noch lebt."
„Ja, fünfzigtausend Jahre vor Christi - ein schrecklicher Gedanke.
Die Meister der Insel müssen wa hre Teufel sein."
„Vielleicht sind sie Teufel", sagte Kalagos leise.
Mory streifte ihn mit einem erstaunten Blick, ehe sie ihr Glas hob und geistesabwesend trank.
„Wir werden etwas unternehmen", sagte sie hart.
„Unternehmen, Madam? Was wollen Sie denn unternehmen? Wer sollte dem Chef helfen, wenn Reginald Bull es nicht kann?"
„Das", sagte Mory fest entschlossen, „werde ich noch herausfinden. Sagen Sie meinem Onkel, er soll ab morgen die Regierungsgeschäfte führen. Boras kann ihm dabei helfen. Sie aber, Kalagos, werden mich begleiten. Sobald ich hier fertig bin."
„Begleiten, Madam? Wohin? Nach Terrania?" Mory schüttelte den Kopf. „Nein, Kalagos. In den Andromedanebel."
*
Zwei Tage und zwei halbe Nächte verbrachte Mory in der Mikrobibliothek ihres Palastes. Sorgfältig studierte sie die alten Berichte aus der Anfangszeit des Imperiums. Noch einmal erlebte sie jene Jahre, die sie nur aus den Erzählungen Rhodans kannte - seinen Flug zum Mond, sein Zusammentreffen mit den Arkoniden, die Einigung der Erde, die Suche nach der Heimatwelt der Arkoniden, die Übernahme ihres Erbes und den Aufbau des galaktischen Imperiums. Sie erlebte noch einmal die erbitterten Kämpfe, den Zusammenbruch des Sternenreiches und die Festigung des Solaren Imperiums.
In diesen Berichten fand sie, was sie suchte.
Da war zuerst einmal Ernst Ellert, der Teletemporarier. Ellert war körperlich tot, aber in irgendeiner Form lebte er weiter. Mehr als einmal war er wieder aufgetaucht, bis er endgültig verschwand. Wenn einer jetzt helfen konnte, dann war es Ellert. Aber wo war Ellert? Man vermutete, daß er
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