0280 - Turm der weißen Vampire
Sie die Vampire?«
»Genau. Sie werden ihren Vorschlägen folgen und zum Turm gehen.«
Nach diesen Worten war sie so überrascht, daß sie erst einmal nichts sagen konnte. Sie atmete ein paarmal tief ein, schaute mich aus großen Augen an, dann Suko und schließlich Father Ignatius, bevor ihr Blick wieder zu mir zurückkehrte.
»Aber ich soll ihnen die Feder mitbringen…«
Eine akustische Antwort bekam sie von mir nicht. Statt dessen griff ich in die Tasche und holte das hervor, was für die drei Vampire so wichtig war.
Die silberne Feder!
»Das ist sie«, sagte ich, streckte meinen Arm vor und deutete durch ein Kopfnicken an, daß Ruth Thompson sie an sich nehmen sollte.
Sie zögerte noch.
»Nehmen Sie die Feder«, forderte der Pater sie mit ruhiger Stimme auf. »Und gehen Sie…«
»In den Turm?« fragte sie zitternd.
»Ja, natürlich.«
»Nein!« entfuhr es ihr. »Das kann ich nicht. Ich bringe es nicht fertig, den Vampiren gegenüberzustehen. Jetzt, wo ich weiß, daß alles nur ein großer Bluff ist…«
Ich wußte genau, daß es schwer für die Frau sein würde, aber wie sollte ich sie überzeugen?
»Denken Sie daran, Mrs. Thompson, es liegt in Ihrer Hand. Wir müssen die drei Vampire erledigen, und wahrscheinlich befindet sich unter ihnen auch der Mörder Ihres Vaters. Sie wollten seinen Tod doch sühnen. Jetzt haben Sie die Gelegenheit.«
»Schon«, erwiderte sie leise. »Aber was soll ich als einzelne Person gegen die drei Vampire ausrichten?«
»Sie werden nicht allein sein«, sprang Suko mir bei. »Wir achten schon auf Sie.«
»Das geht nicht. Ich soll allein kommen.«
Ich lächelte. »Machen Sie sich keine Gedanken, meine Liebe. Wir haben in so etwas Routine.«
Jetzt erst nahm sie die Feder. Mir fiel ein Stein vom Herzen, daß wir sie hatten überzeugen können. »Und was soll ich genau tun?«
»Das sage ich Ihnen jetzt«, erwiderte ich und legte ihr meinen Plan offen…
***
Die Wolken hatten sich verdichtet. Sie waren zusammengewachsen und bildeten eine dunkelgraue Schicht, die das Blau des Firmaments verdrängt hatte.
Düster war der Himmel, düster wirkte das Meer, und als düster konnte man auch die Stimmung der einsam gehenden Frau bezeichnen.
Aber auch ängstlich, denn Ruth Thompson konnte ein Zittern nicht mehr unterdrücken. Sie hatte schreckliche Angst, als sie über das flache Land schritt und den Turm vor sich sah.
Er kam ihr vor wie ein gewaltiger Arm, der gegen den grauen Himmel stieß und die Wolken berühren wollte. Die richtige Kulisse für den Auftrag, der auf sie wartete.
Bei jedem Schritt klopfte ihr Herz schneller. Das Blut hämmerte in ihrem Kopf, sie spürte einen seltsamen Druck auf den Augen, und die Lippen hatte sie fest zusammengepreßt.
Die kleine Ansiedlung lag bereits hinter ihr. Wenn sie einen Blick nach links warf, sah sie die zweimotorige Piper, die auf dem provisorischen Landefeld stand.
Vom Meer her wehte der Wind. Er brachte die Kühle mit und den typischen Geruch des Seewassers, das auch die Frau so liebte, denn sie war ein Kind der Küste.
Der Turm ragte über die runden Kuppen der Hügel hinweg. Auf seiner Spitze befand sich noch der kleine Anbau mit den Glasscheiben, hinter denen sich eine Lampe drehte, um Seefahrer zu locken oder sie vor den Untiefen des Meeres zu warnen.
Während ihres Gangs gingen Ruth die Ereignisse noch einmal durch den Kopf. Sie dachte an all die schrecklichen Dinge, die hinter ihr lagen, und sie schüttelte sich, wenn sie daran dachte, was noch alles vor ihr lag.
Bald würde sie drei Vampiren gegenüberstehen. Aber nicht durch die Mauern einer Kirche geschützt, sondern frei und hilflos, bis auf diese Feder.
Sie war ihr Trumpf.
Und sie dachte daran, was ihr der Geisterjäger John Sinclair alles eingehämmert hatte. Auf keinen Fall durfte sie die Nerven verlieren, auch wenn es noch so schlimm war.
Es war ein großartiger und gleichzeitig wahnsinniger Plan, den der Geisterjäger mit seinen Freunden ausgeklügelt hatte, um sie zu schützen, doch sein Gelingen stand in den Sternen. Je intensiver sie darüber nachdachte, um so größer wurde die Angst, daß der Plan nicht gelingen konnte.
Die drei Männer mußten sich einem Turm nähern, der in einem für sie fast deckungslosen Gelände lag.
Die Insel war relativ groß. Von der Kirche zum Turm mußte man quer über das Eiland gehen, eine weite Strecke, doch Ruth Thompson kam sie kurz vor.
Vielleicht war es die Angst, die dieses Gefühl in ihr hervorrief.
Sie
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