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0280 - Wir und der Mörder ohne Namen

0280 - Wir und der Mörder ohne Namen

Titel: 0280 - Wir und der Mörder ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir und der Mörder ohne Namen
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schwang auf. Nachdem ich sie hinter mir geschlossen hatte, ging ich den mit großen Natursteinen ausgelegten Weg in Richtung Bungalow entlang. Es waren mehr als 200 Meter, die ich zurücklegen mußte.
    Hinter dem Haus erklang wütendes Hundegebell. Vermutlich befand sich dort ein Zwinger.
    Auf der überdachten Terrasse vor dem Bungalow standen teure Gartenmöbel. Ein Teil der Terrasse versteckte sich hinter einer spanischen Wand. Und über deren Rand stiegen Rauchkringel, die nur von einer guten schwarzen Zigarre herrühren konnten.
    Als ich auf die Terrasse trat, konnte ich hinter die spanische Wand blicken.
    An einem Rauchtischchen, auf dem Mixbecher und Flaschen standen, saß ein Mann in einem Korbsessel und paffte eine Zwei-Dollar-Zigarre. Er blickte mir mit wachsamen Augen entgegen.
    Meine Chicagoer Kollegen hatten mir von dem bekannten Strafverteidiger Robert A. Anderson nur eine grobe Beschreibung gegeben. Dennoch erkannte ich ihn sofort. Obwohl er saß und auch bei meinem Nähertreten keine Anstalten machte, sich zu erheben, sah ich, daß er ein großer, breiter Mann war. Allerdings schien seine Figur langsam aus der Fasson zu geraten. Speckig quoll ihm der feiste Hals über den engen Kragen. Das rote Gesicht mit den blaßblauen kleinen Augen sah wie ein Ballon aus, der jeden Augenblick platzen will. Der Mund zeigte sich nur als schmale Kerbe. Andersons Schädel war kahl wie ein Ei.
    Der Mann hatte die 50 noch nicht erreicht, sah aber älter aus.
    Vor dem Anwalt blieb ich stehen. »Mein Name ist Cotton. Es tut mir leid, daß ich unangemeldet hereinschneie. Aber da mein Anliegen dringlich ist und sich ganz plötzlich ergab, konnte ich Sie zuvor nicht, benachrichtigen.«
    Er winkte ab. »Macht nichts«, krächzte er mit heiserer Baßstimme. »Ich bin hier, also wird Ihr Weg nicht umsonst gewesen sein. Bitte nehmen Sie Platz. Whisky?«
    »Gern.«
    Er konnte mich nicht durch die Sprechanlage hereingebeten haben. Seine Stimme klang anders.
    Wie aus dem Erdboden gezaubert stand plötzlich ein Butler neben mir, verbeugte sich leicht, stellte ein hohes Whiskyglas vor mir auf den Tisch und schenkte ein. Dann verschwand er lautlos im Haus. »Sie sind FBI-Beamter, Mr. Cotton?« Ich nickte, zückte meinen Ausweis und reichte ihn Anderson hinüber. Er warf nur einen kurzen Blick darauf.
    »Was führt Sie zu mir?«
    »Vor etwa einem Jahr verteidigten Sie vor dem hiesigen Schwurgericht einen Mestizen namens Morton Saminale. Der Mann war wegen Mordes angeklagt.« Anderson blickte sekundenlang zu Boden und nickte dann langsam. »Richtig. Ein großer Kerl, ein Messerwerfer. Ich kann mich entsinnen. Saminale sollte einen Bankbeamten getötet haben. Ich paukte ihn heraus. Das war nicht weiter schwierig, da der Mestize in letzter Sekunde ein Alibi vorwies.«
    »In letzter Sekunde?«
    »Ja. Hätte er eher darauf hingewiesen, wäre es nie zu einer Anklageerhebung vor dem Schwurgericht gekommen.«
    »Ist es nicht seltsam, daß sich jemand erst in letzter Minute besinnt? Obwohl er wegen Mordes angeklagt ist und mit seiner Verurteilung zu rechnen hat?«
    Die schmale Kerbe, die bei Anderson den Mund ersetzte, wurde noch kleiner. Harte Linien gruben sich rechts und links davon ein.
    »Als Anwalt habe ich schon die tollsten Dinge erlebt. Oft wirkt sich der Schock einer Verhaftung so nachhaltig auf den Betroffenen aus, daß er lange Zeit nicht zu einem vernünftigen Gedanken fähig ist. Offenbar war das bei Saminale der Fall. Erst im letzten Moment kehrte seine Erinnerung zurück. Er nannte mir Zeugen, die dann unter Eid aussagten, daß der Mestize zur Tatzeit an einem anderen Ort gesehen worden war. An diesen Alibis gab es nichts zu deuteln. Folglich konnte Saminale nicht der Mörder gewesen sein.«
    »Hat man den wirklichen Täter inzwischen gefaßt?«
    »Meines Wissens nicht.« Anderson drückte seine Zigarre aus, gähnte verhalten und fragte dann: »Darf man wissen, warum Sie sich so sehr für Saminale interessieren?«
    »Er wurde vor kurzem in New York ermordet!«
    »Ach«, grunzte Anderson und zog die Augenbrauen empor. »Und der Täter ist noch nicht gefaßt worden?«
    »Noch nicht!«
    »Und Sie vermuten, daß es etwas mit den früheren Angelegenheiten zu tun hat?«
    Ich zuckte die Achseln. Ich wußte selbst nicht, warum ich dem Anwalt nicht die volle Wahrheit sagte.
    »Ich hatte bislang noch keine Gelegenheit, in die Prozeßakten einzusehen, Mr. Anderson. Darum wäre es mir lieb, wenn Sie mir etwas über die damaligen Geschehnisse

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