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0282 - Frühstück in der Todeszelle

0282 - Frühstück in der Todeszelle

Titel: 0282 - Frühstück in der Todeszelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frühstück in der Todeszelle
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Wahrscheinlich war er auch sonst indiskret, denn er wurde eines Tages mit einem Loch über der Nasenwurzel in der Mullberry Street aufgefunden. Big Ross liebt keine Indiskretionen.«
    »Dann wäre es also möglich, dass der Affe auch heute noch für Big Ross arbeitet?«
    »Sogar wahrscheinlich, denn der Boss lässt sich so leicht keine gute Kraft ausspannen, und außerdem ist es gefährlich, Ross im Stich zu lassen.«
    »Hören Sie mal, Neville, Sie reden da die ganze Zeit so selbstverständlich davon, dass Ross, was uns ja schon öfter gesagt worden ist, ein Gangsterboss sei. Warum, in drei Teufels Namen, hat man ihn dann noch nicht festgesetzt?«
    »Versuchen Sie es, Jerry, ich wünsche Ihnen Glück dazu«, grinste Neville und fuhr sich durch seine graue Haarbürste. »Bis jetzt hat es noch keiner geschafft. Entweder er blamierte sich scheußlich, oder er starb eines plötzlichen und ungeklärten Todes. Man kann ja so leicht aus dem Fenster oder vor einen Omnibus fallen. Man kann sich auch beim Reinigen der Pistole ›versehentlich‹ eine Kugel durch den Kopf schießen. Man kann sogar auf einer Bananenschale ausrutschen und sich das Genick brechen.«
    ***
    Bei der Verhandlung vor dem Stadtgericht wurden acht der verhafteten Gangster wegen Mangels an Beweisen freigesprochen, und unter diesen befand sich auch Mike Hall, der Affe.
    Gerade auf den Affen hatten wir unsere Hoffnungen gesetzt. Wir hatten vorgehabt, ihn - sobald er verurteilt worden war - ein Angebot zu machen. Wir hätten dafür gesorgt, dass er bald freikam unter der Bedingung, dass er sagte, in wessen Auftrag er und die anderen die Prügelei veranstaltet hätten.
    Wenn irgendeiner Bescheid wissen musste, so war er das. Jetzt war diese Hoffnung zunichte gemacht worden, aber um vielleicht doch noch etwas zu retten, hefteten sich zwei unserer Leute, nämlich Roy Bennet und Jeff Snaker, an seine Fersen. Sie ermittelten, dass Hall in der 7. Straße 127 wohnte. Das war nicht mehr das finsterste East End, aber auch nicht weit davon entfernt.
    Er war verheiratet, und es schien ihm gut zu gehen. Er rührte sich kaum 24 aus dem Haus. Er ging in die nächste Kneipe oder ins Wettbüro und schien sich keinerlei Sorgen zu machen oder gar etwas zu arbeiten.
    In der Bronx war wieder Ruhe eingekehrt. Die Gangster schienen es aufgesteckt zu haben, sich zu verprügeln. Aber es war die Ruhe vor dem Sturm.
    ***
    Zwei Tage danach, am 18 März, erhielt Hall ein Telegramm, und am nächsten Tag war er spurlos verschwunden. Durch die Haustür war er nicht gegangen, sonst hätte einer unserer Kollegen ihn gesehen. Er war einfach weg.
    Am gleichen Abend saßen wir im Russian Bear, einem bekannten russischen Restaurant in der Lexington Avenue, Ecke der 54. Straße. Eine Balalaika-Kapelle spielte wehmütige Lieder. An der Wand hingen glänzende Ikonen und ein Bild der 1917 ermordeten Zarenfamilie. Alles wirkte etwas verstaubt, selbst die weißhaarige Wirtin hinter dem Büfett. Das Essen jedoch war gut. Auf den uns vom Kellner dringend empfohlenen Wodka verzichteten wir und tranken lieber einen Scotch.
    Fast waren wir fertig, als ein Paar hereinkam. Der Mann war schlank und mittelgroß, und hatte blondes Haar, durch das sich graue Strähnen zogen. Seine Begleiterin war schwarzhaarig, hatte mandelförmige, weit auseinander stehende Augen und etwas vorstehende Wangenknochen. Ich erkannte die beiden sofort. Es waren dieselben, die im Cancan bei Big Wade Ross gesessen und sich mit ihm gestritten hatten.
    Heute schienen sie ihre Gorillas zu Hause gelassen zu haben. Sie setzten sich und aßen ebenfalls. Dabei führten sie ein anscheinend ernsthaftes Gespräch.
    »Es interessiert mich, wo der Mann wohnt«, flüsterte ich Phil zu. »Er ist mit Ross verfeindet. Das ist klar. Trotzdem ist er so etwas wie eine Brücke zu dem Gangsterboss, und darum möchte ich wissen, wo er seine Zelte aufgeschlagen hat und wer er ist.«
    »Das Gleiche wollte ich gerade Vorschlägen«, sagte mein Freund, und so bestellten wir uns noch einen Kaffee mit Brandy und trödelten damit, bis das Paar mit dem Essen fertig war und zahlte.
    Wir hatten das bereits vorher erledigt, und so konnten wir ebenfalls aufbrechen. Hinter ihnen gingen wir zur Garderobe. Das Mädchen schlüpfte in seinen Pelzmantel, während er sich eine Zigarette anzündete.
    Die Tür zur Straße öffnete sich, ein Mann, der einen Trenchcoat über dem Arm trug, blieb einen Augenblick stehen. Der Trenchcoat fiel zu Boden, und im gleichen Augenblick

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