0282a - Der Mörder und sein blonder Schwarm
drückte den Knopf. Der Lift setzte sich in Bewegung. Unterwegs gab ich dem Officer Anweisung, oben auf der Plattform dem Gangster den Rückweg abzuschneiden.
Ich ließ mir vom Officer die Dienstpistole aushändigen.
Als wir die Plattform erreichten, war von dem Gangster nichts mehr zu sehen.
Ein stürmischer Wind drückte uns gegen die Pylonenwand. Ich kämpfte mich einige Schritte vor. Die gedrehten Stahlseile, an denen später die doppelstöckige Fahrbrücke aufgehängt wurde, schwangen sich in einer Parabel von einem Ufer zum anderen. Ich schwang mich auf die Hängeseile und suchte den Gangster. Als ich mich an das Glitzern des Hudsons unter mir gewöhnt hatte, erkannte ich die Gestalt des Gangsters. Er hatte bereits etliche Yards Abstieg hinter sich gebracht, denn die Stahlseile verliefen in einem kühnen Bogen nach unten und kletterten dann wieder bis in zweihundert Yards Höhe.
Ich hörte Boote auf dem Fluss tuckern. Sie sahen aus wie kleine Spielzeuge. Scheinwerfer flammten auf. Es waren Polizeiboote.
Jetzt brauchte ich John White nicht mehr zu verfolgen. Der halsbrecherische Balanceakt auf dem drei Fuß starken Drillseil blieb mir erspart. Meine Kollegen in Brooklyn konnten den Brückenfahrstuhl sperren.
Wir brauchten nur zu warten. White würde früher oder später aufgeben.
Plötzlich war der Gangster nicht mehr zu sehen.
Wo war White gebheben?
War er in den Fluss gefallen?
Die Scheinwerfer tasteten sich am jenseitigen Pfeiler der Narrows-Bridge hoch, fuhren an den Stahlseilen entlang.
Für Bruchteile von Sekunden war John White in helles licht getaucht. Der Gangster hatte sich auf das Drahtseil geworfen und blieb bewegungslos hegen.
Dann fuhren die Lichtkegel weiter und ließen den Gangster los, aber es war nur eine Phile. Und John White tappte hinein. Kaum stand er auf seinen Füßen, da packten ihn die Scheinwerfer wieder.
Für Sekunden drehte er mir sein Gesicht zu, es war wutverzerrt. Die Scheinwerfer ließen John White nicht mehr los. Drei Boote fuhren dicht an die Brücke heran. Neue Scheinwerfer flammten auf. John White riss sich die Hände geblendet vors Gesicht. Er balancierte und hatte Mühe, sich auf dem Seil zu halten.
»Hallo, John White!«, brüllte ich. »Gib auf! Du hast das Spiel ein zweites Mal verloren!«
Trotz des starken Windes verstand er meine Worte. Ich streckte meine Hand mit der Pistole vor.
»Keine falsche Bewegung oder ich schieße«, brüllte ich weiter.
John White legte den Aktendeckel auf das Drahtseil. Aber er hatte nicht an den Wind gedacht. Er packte die Schriftstücke und warf sie in die Tiefe.
»He, lebend kriegst du mich nicht!«, tobte John White und fuhr mit der Hand in die Jackentasche. Als sie wieder zum Vorschein kam, klebte eine Browning in seiner Faust. Ich sah eine Feuerzunge.
Ich schoss auf den Gangster. Die Pistole fiel in die Tiefe. White wollte auf mich zukommen und verlor dabei die Balance. Er stürzte kopfüber in die Tiefe.
Unter ihm fuhr ein Schleppdampfer her.
John White fiel auf das Vorderdeck des Steamers. Die Polizeiboote nahmen Kurs auf den Dampfer.
Ich balancierte die letzten Yards über die schwankende Seilbrücke zurück.
Auf der Plattform standen Cops mit Maschinenpistolen. Sie richteten ihre Stabtaschenlampen auf mich. Ich stoppte geblendet
»Macht eure Funzeln aus!«, brüllte ich und ließ meine Pistole im Halfter verschwinden.
Sie löschten die Scheinwerfer und ließen mich herankommen. Drei Tommy Guns richteten sich auf meinen Bauch.
»Hallo, Lieutenant, ich bin Jerry Cotton«, trompetete ich. »Ich hoffe, dass Sie einen heißen Tee für mich haben. Ich kann ihn gebrauchen.«
»Hallo Cotton«, sagte der Lieutenant mit jugendfrischer Stimme. »Sie gehören doch zum New Yorker FBI nicht wahr? Kommen Sie! Mir wird schwindelig vom Zugucken. Seit zehn Minuten beobachte ich Ihre artistische Fertigkeit. Erhält man auf der FBI-Schule auch Unterricht im Seiltanz?«
»Nein, Lieutenant. Das Leben ist die beste Schule«, belehrte ich ihn. »Herzlichen Dank für die Hilfe. Ihre Kollegen haben den Richtigen ins Visier genommen.«
»Sie haben den Gangster erschossen?«, fragte der Lieutenant.
»Nein, Lieutenant, ich habe ihm nur die Lust genommen, in dieser luftigen Höhe mit einer Browning zu spielen. Den Rest besorgte der Wind. John White ist in den Bach gefallen.«
»John White?«, fragte der Lieutenant ungläubig.
»Sagte ich John White? Na, es wird nicht mehr lange ein Geheimnis bleiben. Dieser Mann auf dem Steamer
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