0283 - Kampf um den Macht-Kristall
zerzausten Kleidern und wildflatterndem Haar streckte mit beiden Händen triumphierend einen Gegenstand empor, der Funken wie eine kleine Sonne sprühte.
Der Meister des Übersinnlichen sah einen Dhyarra-Kristall dreizehnter Ordnung, der seine Macht in all seiner Schönheit entfaltete. Doch es währte nur einige Atemzüge. Dann verlosch die Glut und der Kristall und die Frauengestalt versanken in der Dunkelheit.
»Nichts wird uns aufhalten, die Nachfolge des Zeus anzutreten!« erklärte Apollo stolz. »Nichts kann mich aufhalten…!« setzte er leise hinzu, bevor sich seine Gestalt auflöste. Doch Professor Zamorra hatte diese Worte genau gehört.
»Außer Spesen nichts gewesen!« knirschte Carsten Möbius. »Na, wenigstens habe ich meinen besten Freund wieder. Wird echt Zeit, daß mein Leibwächter wieder seinen Dienst antritt!« die weiteren Worte wurden durch eine Staubwolke erstickt, die unter den Hufen der Pferde hervorquoll, als sie, von der Peitsche des Odysseus getrieben, angaloppierten.
Mit schwacher Stimme wies ihm Professor Zamorra die Strecke bis zu dem Ort, von dem sie aus gesprungen waren.
Dort angekommen nahm Odysseus die Dämonenrüstung in Empfang. Carsten Möbius schob dem Ajax die Rüstung des Memnon zu.
»Nimm diese Wehr, Fürst von Lokris!« sagte er schlicht. »Auch sie wurde von jenen Wesen geschaffen, die ihr Götter nennt. Und auch sie hat besondere Kräfte. Möge sie dich im Kampf nie im Stich lassen!«
Dankbar griff Ajax nach der Rüstung und legte sie sofort an. Sie paßte, als sei sie für seinen Körper angemessen.
Carsten Möbius konnte nicht ahnen, welche verderbenbringenden Ereignisse er durch dieses Geschenk auslösen würde.
»Geht jetzt, Freunde!« bat Professor Zamorra.
»Gedenkst du meiner, wenn ich dich brauche?« fragte Odysseus.
»Ich werde da sein, wenn du mich benötigst, Fürst von Ithaka!« nickte der Meister des Übersinnlichen. »Und dann bringe ich jemanden mit, der mir hilft, deine Feinde zu vernichten. Geht jetzt!«
Odysseus nickte und zog Ajax mit sich fort. Bald hörten die drei Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts den Hufschlag ihrer Rosse aus weiter Ferne.
»Ich hatte gehofft, diesen unseeligen Krieg zu beenden!« sagte Zamorra. »Doch ich sehe, daß ich noch einmal nach Troja muß!«
»Viel Zeit bleibt dir nicht mehr!« wandte Carsten Möbius ein. »Die Dämonen-Götzen des Odysseus haben sicher die Angriffsmaschine bald fertig!«
»Ich werde einen Freund um Hilfe bitten, der sich auf dem Bereich des Übernatürlichen etwas besser auskennt als ihr!« erklärte Zamorra. »Denn es wird ein Wettlauf mit der Zeit, den Macht-Kristall in der Stadt zu finden. Doch diesmal kenne ich mich in Troja aus und kann mitten in die Stadt springen. Das verschafft uns einige Vorteile.«
»Und ich ahne, wer dein Begleiter sein wird!« sagte Carsten Möbius.
»Pater Aurelian!« nickte der Parapsychologe. »Niemand anderes kommt in Frage. Doch nun gebt mir die Hände. Schon graut der Morgen und Griechen und Trojaner rüsten sich erneut, um zu kämpfen und zu töten. Ich will das nicht mehr mit ansehen!«
Wortlos ergriffen die beiden Freunde seine Hände und schafften so den notwendigen Körperkontakt.
»Analh natrac ’h - ut vas bethat - doc ’h nyell yen've!« sprach Professor Zamorra die Machtworte von Avalo.
Übergangslos ergriff sie der brausende Wirbel der Zeit und riß sie zurück in ihre Eigenzeit. Die flirrende Mittagssonne ließ sie geblendet die Augen schließen. Vom nahen Meer kam eine würzige Brise kühler Luft herüber. Irgendwo in der Ferne blökten Schafe.
Eine friedliche Idylle auf einem Feld, wo einst der gewaltige Kampf um Troja stattfand.
Nur noch wenige, kümmerliche Steinmauern zeugen vom hochragenden Ilion, der Stadt des unglücklichen Königs Priamos.
Keine Minute in ihrer Eigenzeit war vergangen, seit sie losgesprungen waren. Merlins Ring hatte sie korrekt zurück getragen.
»Tragt mich zum Wagen!« bat Professor Zamorra schwach. »Dort habe ich meinen besonderen Trank, der uns die Kräfte wieder gibt!«
»Und an der Hotelbar finden wir hoffentlich einen anderen Trank!« sagte Michael Ullich. »Immerhin mußte ich tagelàng in Troja Wein trinken. Bei Crom, was freue ich mich auf ein frisch gezapftes Bier…!«
ENDE des Zweiteilers
[1] Siehe Professor Zamorra Nr. 282 »Amoklauf der Amazone«
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