Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0285 - Parkweg des Grauens

0285 - Parkweg des Grauens

Titel: 0285 - Parkweg des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parkweg des Grauens
Vom Netzwerk:
In einem Bücherbord standen ein paar Bücher mit ausländischen Titeln.
    »Haben Sie eigentlich einen Beruf?«, fragte Phil, als er die Bücher sah.
    Sie holte Milch und Zucker aus einem Schränkchen und eine Schale mit Keksen.
    »Ich war Dolmetscherin bei den Vereinten Nationen«, erwiderte Ann Millertoe. »Italienisch, Französisch, Spanisch. Als mein Vater ermordet wurde, hatte ich gerade angefangen, portugiesisch zu lernen. Aber seit das mit Dad passiert ist, habe ich es aufgegeben.«
    »Sie hatten Ihren Vater sehr gern, nicht wahr?«, murmelte Phil.
    »Er war der anständigste Mensch, den ich kenne«, erwiderte Ann Millertoe schlicht. »Meine Mutter starb vor sechs Jahren an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Seither hatte ich nur Dad. Ich war damals sechzehn. Das ist ein Alter, wo ein Mädchen seine Mutter sehr braucht. Aber Dad war so verständnisvoll, wie man es von einem Mann kaum erwarten kann. Abgesehen davon, dass er es bei all der Zeit, die er mir widmete, auch noch fertigbrachte, Nebenarbeiten zu machen, um mir mein Studium zu bezahlen. Natürlich habe ich auch versucht, mitzuverdienen, aber als Studentin - wenn man sein Studium wirklich ernst nimmt - bleibt einem nicht viel freie Zeit, in denen man Geld verdienen kann.«
    Sie deutete einladend auf den gedeckten Tisch, während sie sich setzte. Phil sah, dass sie bereits Kaffee eingeschenkt hatte. Einen Augenblick schoss ihm der Verdacht durch den Kopf, dass sie ihn vielleicht vergiften wollte. Aber dann sagte er sich, dass sie einfach nicht dumm genug war, so ein großes Risiko einzugehen. Man hatte sie zusammen im Treppenhaus gesehen. Ein intelligentes Mädchen wie sie würde sich sagen, dass damit die Spur unweigerlich zu ihr führen würde, wenn ihm etwas zustoßen sollte, was so weiblich aussah, wie ein Giftmord.
    »Dad war Chefbuchhalter«, fuhr sie fort. »Er verdiente gut für unsere Verhältnisse, aber er hatte es sich in den Kopf gesetzt, mich jährlich einmal fünf Wochen in das Land,zu schicken, dessen Sprache ich gerade lernte. Und auch sonst sollte ich nichts entbehren, was junge Mädchen seiner Ansicht nach liebten. Wenn ich es ausgenutzt hätte, er hätte sich für mich buchstäblich totgearbeitet.«
    Ihr Gesicht war blass, aber sie weinte nicht. Ihr Blick war so starr wie der eines Menschen, der keine Tränen mehr hat. Phil nippte an seinem Kaffee, ohne ein Geräusch zu verursachen. So ist es, dachte er, wenn ein Mensch umgebracht wird, ist es meistens einer, der ein guter Kerl ist. Die wirklichen Halunken erwischt es selten genug…
    »Möchten Sie eine Zigarette?«, fragte er.
    Ann Millertoe schüttelte den Kopf.
    »Erzählen Sie mir, wann Sie Ihren Vater zuletzt gesehen haben«, bat Phil, und er wusste instinktiv, dass sie jetzt sprechen würde. »Ich habe das Protokoll von Ihrer Aussage in den Akten von Lieutenant Bertrock gelesen. Aber Sie wissen ja, wie solche Protokolle aussehen: trocken, sachlich, sprachlich nach Schema F und langweilig.«
    »An diesem Abend sah ich Dad nur eine knappe Stunde.«
    »Wo?«
    »In unserer Wohnung. Er kam gegen halb sieben aus dem Büro. Ich hatte das Essen fertig, und wir setzten uns zu Tisch. Ich nahm an, dass er mir Vokabeln abhören würde, wie er es abends oft tat. Ich glaube, er war immer sehr stolz, wenn er sah, was ich gelernt hatte.«
    »Sie glaubten also, dass er Sie abhören würde«, brachte Phil das Gespräch wieder zurück auf das Thema. »Das scheint aber nicht der Fall gewesen zu sein?«
    »Nein. Nach dem Essen sagte er, dass er noch einmal fortgehen müsste. Er half abends gelegentlich einigen Geschäftsleuten, die Bücher zu führen.«
    »Gibt es keine Aufzeichnungen, bei wem er es tat?«, fragte Phil gespannt. Sofort spielte er auch schon mit dem Gedanken, dass der Mörder vielleicht ein Mann sein konnte, der Geschäftsbücher frisiert hatte und von Millertoe ertappt worden war.
    »Nein, Aufzeichnungen gibt es nicht«, antwortete das Mädchen. »Ich habe selbst die Papiere von Dad durchgesehen, Blatt für Blatt, Zettel für Zettel. Ich weiß nur, dass auch unser Milchhändler dabei war.«
    »Richtig«, murmelte Phil. »Ich erinnere mich, dass ich das in Ihrem Protokoll bei Bertrock las. Aber das ist der einzige Geschäftsmann, von dem Sie wissen?«
    Ann Millertoe hob den Kopf und sah Phil ernst an.
    »Mit Sicherheit wissen, ja«, erklärte sie betont. »Aber da ist noch eine verschwommene Erinnerung, etwas Unklares - mein Gott, Sie glauben nicht, wie ich mir den Kopf deshalb

Weitere Kostenlose Bücher