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0285 - Parkweg des Grauens

0285 - Parkweg des Grauens

Titel: 0285 - Parkweg des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parkweg des Grauens
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mir einreden, dass er durchs Fenster geklettert ist? Und wieso konnte Hull denn wissen, dass Harper die Toilette auf suchen würde, wenn er keinen Komplizen hatte, der Harper unter irgendeinem Vorwand auf die Toilette lockte?«
    »Ich möchte wirklich wissen, was Hull Ihnen gesagt hat«, knurrte Rhine, und ich fürchtete schon, er wäre misstrauisch geworden. Aber er fuhr fort: »Harper kam doch jede Woche einmal in die Toilette, um in der Zeitung nachzusehen!«
    Mir fiel die Zeitung ein, die wir auf dem Waschbecken gesehen hatten. Aber was wollte Harper da nachsehen? Ich fragte Rhine.
    »Das ist ganz einfach«, erklärte er. »Wir hatten das so organisiert: Jede Woche einmal nahm sich Hull eine Morgenzeitung und suchte sich irgendein Inserat heraus. Das strich er rot an. Dann legte er die Zeitung auf das Waschbecken in der Toilette. Ein bisschen später kletterte Harper zum Fenster hinein, wenn niemand in der Toilette war. Er suchte das angestrichene Inserat. Vor dem Geschäft, das inseriert hatte, wurde zwischen elf und halb zwölf vormittags die Ware übergeben, während Harper das Geld von der letzten Lieferung aushändigte. Auf diese Art wurde der Treffpunkt dauernd gewechselt und doch erst knapp zwei Stunden vorher festgelegt.«
    In Gedanken gab ich zu, dass sie das raffiniert ausgeklügelt hatten. Das erklärte auch, wieso der Mörder gewusst hatte, dass Harper auf der Toilette erscheinen würde.
    »Ich kann mir richtig vorstellen«, seufzte Back Rhine, »wie Harper mit schiefem Kopf vor dem Waschbecken gestanden hat, um die Zeitung zu lesen, während dieser Idiot durch das offene Fenster auf seinen Kopf zielt…«
    »Mit schiefem Kopf?«, staunte ich. »Warum mit schiefem Kopf?«
    »Man merkt, dass Sie Harper nicht gekannt haben«, erwiderte Rhine. »Harper hielt den Kopf immer schief. Ein bisschen hach rechts geneigt, ungefähr so…«
    Er machte es vor. Ich fuhr mit der Zunge über die vor Aufregung ein wenig trockenen Lippen. Wenn Harper stets den Kopf schief hielt, bedeutete das nichts anderes, als dass der Experte einen falschen Winkel für den Schusskanal errechnet hatte. Denn der Ballistikfachmann war bei seinen Überlegungen davon ausgegangen, dass eine normale Kopfhaltung vorliege. Jetzt musste man seine Folgerungen um eben jene unnatürliche Kopfhaltung korrigieren! Ich dachte fieberhaft nach, wie es gewesen sein musste, und dann wusste ich es.
    Ich stand auf und sah mich suchend um. Da ich keine Handschellen bei mir hatte, nahm ich ein Stück Gardinenschnur, das ich mit einem Brotmesser abschnitt. Rhine ließ sich ziemlich willenlos die Hände zusammenbinden, beschwor mich dabei aber pausenlos, alles nachzuprüfen, damit ich dem Gericht beweisen könnte, dass er tatsächlich keine Ahnung von Harpers Tod hatte.
    »Wissen Sie, Rhine«, sagte ich, als ich mit dem Fesseln fertig war und ihm vorsichtshalber die Mündung der Pistole in den Rücken gesetzt hatte, »eigentlich muss ich Ihnen dankbar sein. Als ich hier hereinkam, wusste ich nichts davon, wer Harper umgebracht hatte und wie und warum es überhaupt geschehen war. Sie haben mir eine Menge Arbeit abgenommen.«
    Er drehte sich um und stierte mich an, als ob ich vom Mars gekommen wäre.
    »Sie - Sie haben Hull gar nicht?«
    »Noch nicht«, gab ich zu. »Bis Sie seinen Namen erwähnten, wusste ich nicht einmal, dass es einen gewissen Hull überhaupt gibt.«
    Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse. Er zog den Kopf ein und rannte wie ein Stier auf mich zu. Ich trat einfach beiseite, sodass er zuerst gegen den Stuhl und anschließend gegen das Bett stürzte.
    »Regen Sie sich nicht auf, Rhine«, sagte ich ruhig. »So oder so wären wir doch darauf gekommen.«
    Er richtete sich mühsam wieder auf.
    »Bilden Sie sich bloß nicht ein, dass ich Ihnen sage, wo Sie Hull erwischen können«, sagte er hasserfüllt. »Von mir hören Sie kein Wort mehr!«
    Ich lächelte.
    »Das ist auch nicht mehr nötig, Rhine. Ein Sachverständiger hat uns nach dem Winkel, den der Schusskanal hatte, das Fenster gezeigt, aus dem seiner Meinung nach der Schuss gekommen sein musste. Dabei ging er selbstverständlich von der Annahme aus, dass Harper den Kopf gerade gehalten habe, wie jeder normale Mensch. Wenn er jedoch, wie Sie sagten, den Kopf stets ein wenig geneigt hielt, bedeutet das ganz einfach, dass der Schuss von einem höheren Ort, als 44 wir annahmen, abgefeuert wurde. Ich nehme an, dass Hull eine oder zwei Etagen über dem Zimmer wohnt, von dem wir bisher

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