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0289 - Kassandras Tiefseefluch

0289 - Kassandras Tiefseefluch

Titel: 0289 - Kassandras Tiefseefluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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keine Seherin mehr; die Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen, besaß sie plötzlich nicht mehr. Aber dafür wuchsen die anderen Kräfte der Magie.
    Einst war Kassandra durch ihr Können angesehen und eine der Großen gewesen. Jetzt würde sie es wieder werden, aber auf andere Weise. Eine Existenz in Zurückgezogenheit und Bescheidenheit lag ihr nicht. Sie wollte mehr.
    Sie konnte ihren Körper bewegen. Sie konnte sich aus ihrer Ruhelage erheben, und sie tat es. Sie machte sich daran, den von außen undurchdringlichen Verschlag zu öffnen und in das eigentliche Wrack hinaus zu treten. Als sie sich bewegte, riß das Wasser Teilchen hoch und trübte sich. Aber das störte Kassandra nicht. Sie sah nicht mit ihren Augen, sondern mit dem Geist.
    Und sie erwartete ihr Opfer, um es würdig zu empfangen.
    ***
    Limnos war eine der größten Inseln der Ägäis. Durch den hufeisenförmigen Charakter ließ sich die eigentliche Ausdehnung nicht so richtig bestimmen, aber fünfunddreißig Kilometer betrug der Durchmesser allemal. Vom Bergland bis zur Ebene waren alle Geländeformationen vertreten, und die Insel war bewohnt. Aber nicht dort, wo die Schiffbrüchigen gestrandet waren und Stavros sein Ende gefunden hatte. Die beiden Mädchen saßen einfach da im Sand und starrten vor sich hin, noch erschüttert von der Tragik des Geschehens. Vor ein paar Stunden noch war alles so anders gewesen. Und jetzt lag der Schatten des Todes über ihnen.
    »Was jetzt?« fragte Violet tonlos.
    Thomas saß zwischen den beiden Mädchen. »Wir werden versuchen, eine menschliche Ansiedlung zu finden. Vielleicht gibt es da Telefon oder jemanden, der uns mit seinem Boot entweder an die griechische oder türkische Küste bringt. Griechenland ist gar nicht so weit, wie es aussieht. Vielleicht siebzig Kilometer bis zur Burg Athos auf der Akti-Halbinsel… Das müßte zu schaffen sein.«
    »Sofern der Krake nicht zurückkehrt«, sagte Irina. »Ich habe Angst vor dem Wasser.«
    »Es wird sich aber kaum vermeiden lassen, es zu überqueren«, sagte Thomas ruhig. »Wir befinden uns auf einer Insel, und ich weiß nicht, ob hier ein Flugzeug landen kann.«
    »Ein Hubschrauber bestimmt.«
    »Ja… aber den müssen wir erst einmal hierher lotsen«, gab Thomas zurück. »Aber laßt uns aufbrechen. Wir können hier nicht anwachsen. Irgendwo müssen Menschen wohnen, zudem brauchen wir zu essen und zu trinken. Das Meerwasser dürfte recht ungenießbar sein. Gehen wir.«
    »Wir müssen den Todesfall den Behörden melden«, sagte Violet leise.
    »Alles zu seiner Zeit«, erwiderte Thomas.
    »Richtig«, meldete sich Paolos zu Wort. »Alles zu seiner Zeit.« Er baute sich vor Thomas auf.
    »Was soll das heißen?« fragte der. Er ahnte kommendes Unheil. Er hoffte, daß Paolos sich daran erinnerte, daß nur Thomas' Speer ihn vor dem Fangarm des Kraken gerettet hatte. Aber offenbar gehörte Paolos zu den Leuten mit extremem Kurzzeit-Gedächtnis.
    »Du glaubst, du könntest immer noch den großen Macker spielen, was?« fragte Paolos mit verächtlichem, überlegenem Grinsen. »Aber wir sind hier allein. Und deine ganzen Millionen nützen dir hier und jetzt herzlich wenig!«
    Ohne vorherige Warnung schlug er zu.
    Thomas nahm den brutalen Hieb voll, krümmte sich und ging aufstöhnend zu Boden. Er hörte die Mädchen entsetzt aufschreien und sah wie durch Schleier, daß Paolos sich auf ihn warf. Instinktiv zog er die Füße an, schnellte sie wieder von sich und spürte weichenden Widerstand. Mit einem röhrenden Laut flog der Grieche rückwärts.
    Er muß wahnsinnig geworden sein! dachte Thomas. Er kam taumelnd wieder auf die Beine. Paolos tauchte wie ein schnaubendes Ungeheuer wieder vor ihm auf. Thomas warf ihn mit einem Handkantenschlag wieder zurück. Sein eigener Schmerz wich, und er konnte wieder klarer denken und sehen. Er sah, wie Paolos vor ihm kauerte. In seinem Gesicht lauerte die Heimtücke. Überraschend schleuderte er Sand hoch und in Thomas' Augen. Thomas taumelte aufschreiend zurück. Da war Paolos über ihm, schlug ihn bewußtlos und fesselte ihm mit seinem eigenen Gürtel die Hände auf den Rücken.
    »Was machen Sie da?« schrie Violet verängstigt. Die beiden Mädchen hatten nicht einzugreifen gewagt. Gewalt kannten sie nur aus dem Kino. Hier erlebten sie sie live.
    »Hören Sie auf! Sie sind ja verrückt«, schrie Irina. »Was soll das?«
    »Nicht verrückt genug«, knurrte Paolos. »Euer Macker ist erst mal kaltgestellt. Und jetzt kommen wir zum

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