029 - Das Geheimnis des Totengraebers
sich in Mißkredit bringen? Ganz davon zu schweigen, daß Sie sich dafür vor Gericht verantworten müßten.« Teddy Verano leerte den Rest seines Aperitifs in einem Zug. »Köstlich! Was sagte ich noch? Ah, ja – entschuldigen Sie mich jetzt bitte, Doktor, aber ich bin mit Monsieur Denizet verabredet. Ich möchte einen Jungen nicht warten lassen, der mit der jenseitigen Welt Verbindung hat, vor allem, da es sich um jene Welt handelt, in die wir alle einmal kommen.«
Sorbier drückte ihm lachend die Hand. »Sie kommen bestimmt in die Hölle – in die Hölle der Detektive, wo die Rätsel nie gelöst werden, und wo Ihre Feinde, Gespenster und Drachen Sie auf ewig quälen!«
»Ich glaube, ich begnüge mich mit einem netten kleinen Fegefeuer. Auf bald, Doktor.«
Der schwarze Citroën von Teddy Verano fuhr auf die westliche Autostraße.
»Etwa sechzig Kilometer, sagten Sie, nicht wahr?«
»Ja. In Pacysur-Eure biegen wir ab.« Cyrille Denizet saß neben dem Detektiv.
Sie hatten eine ganze Weile miteinander diskutiert und waren sich schließlich einig geworden. Cyrille, der immer noch jede Nacht von seinem Alptraum heimgesucht wurde, hatte vom ersten Augenblick an vollstes Vertrauen zu Verano.
»Jede Krankheit, jede Gemütskrankheit hat eine Ursache, und Ihr Fall hat auch eine«, hatte Teddy Verano zu ihm gesagt. »Diese Ursache müssen wir feststellen. Erst dann hören die Auswirkungen auf, so Gott will.«
»Ich bin zu allem bereit.«
Und dann hatte Teddy ihm seinen wahnwitzigen Vorschlag vorgetragen. »Wenn wir diesen Beweis haben, dann bedeutet dies, daß Ihnen allein Ihr Kummer diese Alpträume verursacht, und daß sonst nichts weiter dahintersteckt. Was ich Ihnen nur wünschen kann, ohne dessen jedoch ganz sicher zu sein. Was wir Vorhaben, wäre in Paris unmöglich, undurchführbar. Aber da die Familie Ihrer Verlobten sie unbedingt auf diesem kleinen Landfriedhof beerdigen wollte …«
»Ja, dort dürfte es tatsächlich möglich sein. Wahrscheinlich sogar sehr leicht.«
»Wissen Sie auch, was Sie sich damit zumuten?«
Cyrille war fest entschlossen gewesen. »Es muß sein. Für Christiane. Ich werde bis zum Ende durchhalten.«
Gegen Abend hatten sie ihr Ziel erreicht.
Vorsichtshalber parkten sie den Wagen am Eingang des Dorfes und gingen zu Fuß weiter. Der Friedhof lag ein Stück außerhalb, was ihr düsteres Vorhaben nur begünstigte.
Cyrille sprach kein Wort. Mit blassem, angespanntem Gesicht, die Hände in den Manteltaschen vergraben, ging er stumm neben dem Detektiv.
Es war früher Abend, als sie den Friedhof betraten, ein schöner Spätsommerabend, und die untergehende Sonne verglühte purpurn am Horizont.
Cyrille führte seinen Begleiter zu Christianes Grab. Man sah deutlich, daß der Erdhügel erst vor kurzem aufgeworfen worden war. Noch hatte man keine Blumen gepflanzt, kein Kreuz errichtet. Wäre es anders gewesen, hätte dies ihr Vorhaben wesentlich erschwert.
Aber Christiane ruhte glücklicherweise nicht unter einer schweren Marmorplatte, unter keinem pompösen Grabmal, keinem Kreuz. Da war nur der Erdhügel.
Cyrille stand still vor dem Grab. Teddy beobachtete ihn gespannt, und nach einer Weile fragte er: »Nun?«
»Nichts. Ich fühle absolut nichts. Als ob – als ob sie nicht da wäre!«
Teddy Verano nahm den jungen Mann am Arm. »Es ist schon gut. Wir werden uns vergewissern, das ist wirklich das Beste. Und jetzt wollen wir uns Schaufeln besorgen.«
Es war Nacht geworden. Der Himmel war schwarzblau, und die ersten Sterne zeigten sich.
Das Dorf lag weit abseits der Nationalstraße, und es herrschte Stille im Ort.
Um diese Stunde waren die meisten Dorfbewohner zu Hause und saßen vor dem Fernseher, um sich von ihrer Tagesarbeit auszuruhen.
Zwei Schatten entfernten sich vom Ort in Richtung Friedhof. Zwei Unbekannte, die unter dem Arm schwere, längliche Pakete trugen.
Cyrille Denizet und Teddy Verano betraten von neuem den Friedhof, den sie in der frühen Abenddämmerung ausgekundschaftet hatten. Sie näherten sich dem Grab Christianes, der Verlobten von Cyrille Denizet, die Nacht für Nacht flehte, sie vor jenen zu retten, die ihre Ruhe stören wollten.
Und ob sie nun wollten oder nicht, die beiden Männer mußten in dieser Nacht nun auch ihre Ruhe stören, um sich endlich Gewißheit zu verschaffen.
Sie zogen ihre Jacken aus und öffneten die mitgebrachten Pakete, die Schaufeln und Hacken enthielten. Ein Schraubenzieher war auch dabei.
»Jetzt geht
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