029 - Das Geheimnis des Totengraebers
von dem erfahren, was er wissen wollte.
Den Namen Theodor Verdier hatte er sich eigens wegen der Initialen T. V. ausgesucht, wie er einmal lachend seiner Frau Yvonne und seinem Stiefsohn Gérard erzählte, denn auf diese Weise konnte er seinen Aktenkoffer behalten, der mit diesen Initialen versehen war.
Sie umfuhren das Dorf auf einem kleinen Feldweg und hielten bei einer Baumgruppe, die wie für sie gemacht war und dem Auto gute Deckung bot, so daß es aus der Ferne nicht gesehen werden konnte.
Der Himmel war bewölkt, und es sah nach Regen aus.
»Gehen wir?«
In ihre Regenmäntel gehüllt, gingen die beiden Männer zum Dorf zurück und auf ein Haus zu, das etwas abseits lag, ein schwarzer Fleck in der Nacht.
»Ich habe erfahren, daß der Kerl da wohnt. Ein übler Typ, verkommen und von allen gemieden, ein Trinker. Er heißt Paul Halbin. Mal sehen, was wir aus ihm herausholen können.«
Paul Halbin, das war der Totengräber, ein Taugenichts, der bereits zweimal im Gefängnis gesessen hatte, einmal wegen Diebstahls, das zweite Mal wegen eines Sittenvergehens.
Halbin war schon seit langem dem Trunk verfallen, und er hatte etwas zu viel übrig für junge Mädchen. In sein Heimatdorf zurückgekehrt, hatte er dank der Fürsprache des Pfarrers und der Großzügigkeit des Bürgermeisters den Posten des Totengräbers bekommen. Da dies jedoch keine sehr lohnende Tätigkeit war, arbeitete er nebenher als Tagelöhner. Aber er hatte Schwierigkeiten, sich zu verdingen, denn es sprach zu viel gegen ihn.
Diesem Mann wollten Teddy Verano und Cyrille Denizet nun einen Besuch abstatten. Mitten in der Nacht.
Teddy zählte auf den zerrütteten Zustand des Mannes. Wahrscheinlich lebte er dauernd in Angst wie alle, die niemals ein ruhiges, reines Gewissen haben. Um diese Stunde würde er sicher betrunken sein, und es bestand Hoffnung, daß der Alkohol seine Zunge etwas lösen würde. Man mußte ihn überraschen, ihm Angst machen und zum Reden bringen.
Er mußte etwas wissen. Schließlich arbeitete er auf dem Friedhof. Nun, man würde ja sehen.
»Würden Sie bitte Ihre Zigarette ausmachen?«
Sie waren nur noch etwa zweihundert Meter von dem Haus des Totengräbers entfernt.
Cyrille warf sofort seine Zigarette weg und trat sie aus. »Glauben Sie, daß …«
»Ich will den Mann überraschen – und nicht selbst überrascht werden.«
Cyrille sah den Detektiv bewundernd an. Er kannte ihn erst seit kurzem, aber er stellte immer wieder fest, daß Teddy Verano an alles dachte.
Es war spät, fast Mitternacht.
Teddy Verano hob warnend die Hand. »Es brennt noch Licht. Er schläft also nicht.«
Im Dorf dagegen war alles dunkel. Ein Licht nach dem anderen war erloschen. Die letzte Fernsehsendung war beendet, und alle waren schlafen gegangen.
Nur der Totengräber schlief offenbar nicht. Und es war nicht das Fernsehen, das ihn wach hielt, denn er besaß keinen Apparat.
Leise näherten sich die beiden Männer. Teddy wußte, daß der Totengräber keinen Hund hatte. Sie brauchten sich also keine Sorgen zu machen. Paul Halbin lebte ganz allein.
Der nächste Wachhund befand sich auf einem Bauernhof am Waldrand. Wahrscheinlich hatte er die beiden gewittert, denn Verano und Cyrille hatten ihn vorhin anschlagen gehört. Aber sie waren wohl doch zu weit entfernt, und der Hund war wieder verstummt.
Die beiden Männer hatten das Haus erreicht. An der Mauer entlang schlichen sie zum Fenster, denn Teddy wollte gern sehen, was Paul Halbin machte, bevor sie ihn aus seiner Ruhe aufschreckten.
Plötzlich packte Cyrille seinen Gefährten warnend am Arm. »Da kommt jemand!«
Instinktiv versteckten sie sich, was hier nicht besonders schwierig war. Wie bei den meisten alten Bauernhäusern, gab es auch hier alle möglichen Dinge im Hof – einen alten Brunnen, einen Holzstapel, einen Schrotthaufen.
Dicht nebeneinander kauerten sie hinter dem Holzstapel. Eine Silhouette, schwarz in der Dunkelheit, näherte sich dem Haus des Totengräbers.
»Sie da, er bekommt Besuch – um diese Zeit! Wie sich das trifft!« Teddy war hochinteressiert.
»Aber das ist ja eine Frau«, flüsterte Cyrille überrascht.
»Würde ich auch sagen«, meinte Teddy.
Die Gestalt – unverkennbar eine Frau, auch wenn man sonst nicht viel von ihr erkennen konnte – blieb vor der Haustür stehen.
Teddy und Cyrille konnten nicht sehen, ob sie klopfte oder nicht. Jedenfalls wurde die Tür sofort geöffnet.
Sekundenlang war die Gestalt im Licht, das aus dem Innern des Hauses
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