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029 - Der Unheimliche

029 - Der Unheimliche

Titel: 029 - Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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hervor.
    Amery stand jetzt am Fenster und beobachtete aufmerksam das Leben und Treiben auf der Wood Street.
    »Kein Platz für zwei - kaum für eine!« wiederholte er. »Die zweite Bande sollte das Geschäft aufgeben und sich schleunigst davonmachen. Die Lage ist äußerst gefährlich. Soyokas Anhang duldet keine Konkurrenz!«
    Tarn biß sich auf die Lippen.
    Amery fragte: »Steckt das Mädchen mit drin?«
    »Nein«, murmelte Tarn. Dann blickte er Amery verstört an:
    »Sie selbst sind Soyoka! Mein Gott - das hätte ich mir nicht träumen lassen! Sie haben von Indien aus gearbeitet - und ich hatte keine Ahnung, daß Sie der Boß sind!« Seine Stimme sank zu einem unverständlichen Flüstern herab.
    Amery antwortete nicht. Mit einem Nicken entließ er Tarn, der wie im Traum durch die Geschäftsräume schlurfte. Elsa schaute ihm erstaunt nach.
    Als Amery allein war, ging er langsam an seinen Schreibtisch, setzte sich und stützte das Kinn in die Hände. An der gegenüberliegenden Wand hing ein Bild in altmodischem Goldrahmen - das Gemälde stellte einen älteren Mann dar, der einen einfachen braunen Rock trug und dessen volles Kinn in einer Spitzenkrause versank; in der Hand hielt er eine aufgerollte Weltkarte. Der Gründer des Hauses Amery! Der letzte des Geschlechts schaute in die grauen Augen seines Ahnherrn und nickte ihm zu.
    »Ehrwürdiger Vorfahre - die Schwindelfirma Amery entbietet dir ihren Gruß!«

4
    In der Mittagspause verließ Elsa das Büro und eilte in Richtung Cheapside. Sie rief ein Taxi, und nach einer Viertelstunde stieg sie vor der Tür eines kleinen Hauses in der Half Moon Street aus. Sie war noch dabei, den Fahrer zu bezahlen, als sich schon die Haustür öffnete und ein etwa dreißigjähriger Mann ihr entgegenkam.
    »Welche Überraschung! Ist die vornehme Firma Amery etwa pleite?«
    Elsa ging ihm ins Haus voran, und erst als sie in dem kleinen Eßzimmer angelangt waren, wo zum Lunch gedeckt war, antwortete sie.
    »Ich bin völlig durcheinander, Ralf. Nein, mein Lieber, ich möchte nichts essen, aber laß du dich nicht stören.«
    Ralf Hallam schickte seinen Diener hinaus, dann fragte er besorgt:
    »Was ist denn passiert?«
    Elsa kannte Ralf Hallam schon, als sie noch ein Schulmädchen war. Er war mit ihrem Vormund befreundet und ein häufiger Besucher in ihrem Haus in Bayswater. Er hatte Medizin studiert, war aber nach seinem eigenen Eingeständnis ein sehr unfähiger Arzt und hatte nach Beendigung der Assistentenzeit im Krankenhaus niemals seinen Beruf ausgeübt. Jetzt war er ein tüchtiger Geschäftsmann, der mit einem kleinen, von seiner Mutter ererbten Vermögen außerordentlich gewinnbringend gearbeitet hatte.
    Hallam war blond, hatte klare Augen und mochte gerade die Dreißig überschritten haben, doch sein knabenhaftes, glattrasiertes Gesicht sowie sein unverwüstlicher Humor ließen ihn jünger erscheinen.
    »Du bist doch nicht etwa krank?« erkundigte er sich beunruhigt, und als Elsa lächelnd den Kopf schüttelte, atmete er erleichtert auf. »Ein Glück, sonst hätte ich einen richtigen Arzt holen müssen!«
    Er nahm ihr Mantel und Handschuhe ab, und Elsa sagte langsam:
    »Du weißt doch, daß Mr. Tarn nicht wirklich mein Onkel ist?«
    »Wie?« Hallam schaute sie verdutzt an. »Gewiß - er ist dein Vetter oder etwas ähnliches. Ein komischer alter Knabe! Langweilt er dich nicht manchmal sehr?«
    »Stell dir vor, Ralf, er will mich heiraten!«
    Hallam nahm gerade ein Weinglas aus dem Schrank, doch vor Überraschung entglitt es seinen Fingern und fiel zu Boden.
    »Das kann doch nicht wahr sein! Wiederhole das noch einmal! Er will dich heiraten - dieser . . .«
    Elsa nickte ernsthaft.
    »Das ist wirklich seine Absicht. In den letzten Wochen ist er überhaupt so seltsam gewesen. Er hat sich sogar mit Amery gestritten.«
    »Jetzt setze dich erst mal hin und erzähle mir alles. Amery ist doch der Mann aus Indien?«
    Elsa erzählte, was vorgefallen war, und Ralf Hallam pfiff leise vor sich hin.
    »Dieser alte Schurke!« meinte er empört. »Was ist nur in ihn gefahren? Wieso will er dich plötzlich heiraten? Es muß nicht sehr lustig sein, die Hausfrau in Elgin Crescent zu spielen!«
    »Er will ja gar nicht in Elgin Crescent bleiben, er beabsichtigt, ins Ausland zu gehen. Darum will er ja auch in solcher Eile heiraten! Aber das sollte ich dir nicht erzählen.«
    Zu spät erinnerte sie sich an das Verbot ihres Vormunds. Wenn Ralf Hallam von dieser Neuigkeit überrascht war, ließ er es sich

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