0292 - Sieben Seelen für den Dämon
Umkreisung.
»Du solltest mit mir sprechen, Zarathos. Was zögerst du?«
Zarathos bewegte den Mund und die Ohrenspitzen. Seine Echsenaugen glühten bei jeder Silbe schwach auf.
»Du führst eine kecke Rede, Sterblicher.«
»Wenn das alles ist, was du mir zu sagen hast, verschwinde wieder. Aber ich werde dir irgendwann die vergeudeten Kräfte in Rechnung stellen«, drohte Faulcon. »Denke daran - noch bist du nicht hier! Du brauchst mich!«
»Das ist richtig«, knurrte der Dämon mißmutig. »Und deshalb muß ich dich warnen. Du bist in Gefahr. Du machst Fehler.«
»Ich?« fuhr Faulcon auf.
»Natürlich! Du fühlst dich zu sicher und läßt dir zuviel Zeit. Seit wie vielen Tagen sammelst du schon Seelen? Jeden Tag eine Seele! Fünf hast du! Fünf Tage Zeit für andere Sterbliche, dir auf die Schliche zu kommen!«
»Wer sollte schon darauf kommen, wer dahinter steckt? Die Körper der Seelen leben doch noch…«
»Noch!« knarrte die Dämonenstimme. »Aber sie werden nicht mehr lange leben. Sie verkraften die Trennung von ihren Seelen nicht. Sie werden sterben. Aber sie sterben nicht leicht. Es werden Dinge gesehenen, auf die selbst ich mit all meiner Macht keinen Einfluß habe. Du solltest nicht mehr lange zögern und mich holen!«
Faulcon winkte ab. »Es eilt nicht, mein Lieber«, sagte er. »Ich habe noch andere Vorbereitungen zu treffen. Ich muß dich absichern. Oder willst du schon am ersten Tag einem Dämonenjäger über den Weg laufen und vernichtet werden?«
»Das ist das Stichwort, du Narr!« donnerte Zarathos. »Dämonenjäger sind auf den Inseln, auf dieser Insel, in der Hauptstadt! Ich spüre ihre Anwesenheit!«
»Dämonenjäger? Hier?« echote Faulcon. Seine Gedanken rasten. Sollte etwa…
»Ganz recht, du Narr! Du bist ihnen schon begegnet! Zamorra und Fleming nennen sie sich! Hüte dich vor ihnen. Sie kommen dir schneller auf die Spur, als du ahnst!«
»Woher willst ausgerechnet du das wissen?« fuhr Faulcon auf.
»Ich weiß viel, hehe! Ich sehe viel, hoho! Ganz so abgeschlossen bin ich nicht! Als du zum ersten Mal Kontakt zu mir aufnahmst, schufest du ein Loch in den Dimensionen, durch das ich zu schauen vermag… seither beobachte ich dich, hihi! Und so sah ich auch diese beiden Dämonenjäger… ihr Mißtrauen ist geweckt!«
»Sie können mir nichts nachweisen«, sagte Faulcon schroff. »Wie sollten sie? Außerdem jagen sie Dämonen, also höchstens dich. Für mich besteht keine Gefahr.«
»Und ob, mein kleiner sterblicher Freund…«, lachte Zarathos donnernd. »Sieh dich vor, und spute dich, mich zu holen. Nur dann kann ich dich wir ksam schützen.«
»Hm«, machte Faulcon. »Du glaubst wirklich, ich brauchte deinen Schutz?«
»Ich weiß es«, sagte der Dämon. »Die Gefahr ist größer, als du denkst. Du solltest Informationen über diesen Zamorra einholen. Er ist Franzose, wohnt in einem Schloß im Loire-Tal. Rufe folgende Telefonnummer an. Nenne meinen Namen, und man wird dir weiterhelfen.«
Faulcon schwieg verblüfft. Was bedeutete das?
»Ich werde es dir bei unserem nächsten Gespräch sagen. Und nun spute dich. Je eher du die siebte Seele fängst und die Beschwörung einleitest, desto eher kann ich dich wirklich schützen.«
Das Siegel erlosch abrupt. Für eine halbe Sekunde stand noch das Gesicht des Dämons allein in der Luft, dann war auch er verschwunden. Ein leerer Windhauch berührte Faulcon von irgendwoher. Er erschauerte.
Zarathos wußte viel. Sehr viel, Woher? Telefonnummer? Woher kannte der Dämon Telefone, obgleich er seit Jahrhunderten in der anderen Dimension schmoren mußte? Und woher wußte er, daß jemand Faulcon weiterhelfen würde?
Er vergewisserte sich, daß Zarathos wirklich fort war, dann löschte er den Drudenfuß und trat heraus. Er starrte auf das zugeklappte Buch und wußte plötzlich, daß Zarathos es geschlossen hatte. Damit hatte der Dämon ihn, Faulcon, erst empfindsam für seinen Ruf gemacht, aber wie hatte der Dämon es geschafft, aus seiner Jenseitswelt in diese Dimension zu greifen?
Rätsel über Rätsel!
Sekundenlang fürchtete Faulcon, daß die Dinge ihm über den Kopf wachsen könnten. Dann aber schüttelte er sich heftig. Er durfte sich nicht unterkriegen lassen. Der Dämon wollte natürlich nicht einfach nur Diener werden. Er sondierte bereits jetzt seine künftige Umwelt und sammelte Informationen, mit denen er Faulcon verblüffte. Er wollte den Seelendieb verunsichern.
»Warte, mein Freund«, murmelte der Dämonenbeschwörer.
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