0296a - Lösegeld für blonde Locken
Gefühl, daß wir das Girl noch brauchen werden.«
Ich informierte meinen Freund über meine Pläne und jagte los.
Im Marmorpalast der Insurance war ein Betrieb wie in einem Bienenkorb. Alles schwirrte wild durcheinander. Ich fragte mich zum zuständigen Abteilungsleiter für Auszahlungen durch und wies mich aus. Er war glatzköpfig und trug auf seiner Knollennase eine schwarzgerandete Brille mit starken Gläsern. Nachdem er mich begrüßt hatte, telefonierte er nach dem Schalterangestellten, der Mr. Jorgen bedient hatte.
Der Schalterangestellte war ein Mann in meinem Alter. Er trug ein blütenweißes Hemd, eine kartoffelkäfergelbe Krawatte mit einem springenden Pferd, vergoldete Manschettenknöpfe und einen erstklassigen Maßschneideranzug. Der Abteilungsleiter machte uns miteinander bekannt.
»Haben Sie Mr. Jorgen genau betrachtet?« fragte ich den Angestellten.
»Aber selbstverständlich. Das Paßbild auf der Identitätskarte stimmte genau mit dem Mann überein. Und auch die anderen Papiere waren in Ordnung.«
Ich zog das Bild aus der Tasche, das mir die Kinderschwester gegeben hatte.
»War es dieser Herr?« fragte ich und hielt ihm das Bild hin.
Der Angestellte warf einen Blick darauf und sagte:
»Nein, so vornehm sah er nicht aus. War zwar gut gekleidet, hatte aber einen auffallend stechenden Blick.«
Ich trug das gestrichelte Bild das Erpressers noch in der Tasche, zückte es und hielt es dem Angestellten unter die Nase.
»Das ist er«, sagte der Angestellte sofort.
»Wer?«
»Mr. Jorgen. Der Mann, der den Totenschein vorlegte und das Geld abholte. Er hatte es eilig, weil er ins Ausland fliegt und in den nächsten sechs Wochen nicht zurückkommt. Und solche Todesfälle müssen der Versicherung innerhalb von drei Tagen gemeldet werden.«
Ich ließ den Angestellten reden und in Gegenwart seines Chefs die Versicherungsbestimmungen herunterleiern. Währenddessen dachte ich angestrengt nach.
Hatte Mr. Jorgen diesen Unbekannten vorgeschickf, um für ihn alles zu erledigen? Aber warum hatte er ihn dann so genau geschildert und ihn damit praktisch ans Messer geliefert?
»Ich danke Ihnen, Sie können gehen«, sagte ich leise zum Schalterangestellten und ließ mich in einen Sessel fallen.
»Darf ich Ihnen einen heißen Kaffee bestellen?« fragte der Glatzköpfige besorgt. Ich nahm die Einladung an.
War der Unbekannte Jorgens Komplice?
Der Kaffee kam. Ich rührte gedankenverloren in meiner Tasse. Irgendwie stimmte der Zusammenhang nicht. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß sich Jorgen mit solch einer Type abgab, erst recht nicht bei solch einem Geschäft. Es gab eine andere Möglichkeit. Dieser Erpresser hatte Jorgen in die Falle gelockt, ihn ausgeschaltet und die Papiere an sich genommen. Mit diesen Papieren war er bei der Versicherung erschienen und hatte die Barschecks kassiert. Die Identitätskarte, die er vorlegte, war selbstverständlich gefälscht.
Aber wie war er an Jorgens Daten gekommen — Geburtstag, Geburtsort, körperliche Merkmale? Die konnte er unmöglich erst eingetragen haben, als er Mr. Jorgen auf die Seite schaffen ließ.
Ich schlürfte den heißen Kaffee und verbrannte mir die Zunge. Aber ich merkte es nicht.
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte, der Abteilungsleiter den Hörer abnahm und nach drei Sekunden sagte: »Ein Gespräch für Sie, Mr. Cotton.«
Phil war an der Strippe. Er berichtete von Lindas Fluchtversuch mit einem Taxi. Aber Phil hatte das Girl geschnappt und in Jorgens Wohnung verhört.
Das Girl nannte immer wieder einen Namen: Martin Climb.
***
Es wurde eine schnelle Fahrt.
Ich jagte die Auffahrt zu Climbs Villa hoch und raste zur Haustür. Sie war nur angelehnt. In der Diele war die Raumpflegerin dabei, ihren Mantel abzulegen.
»Nanu, Mrs. Welldone, heute ohne Auto?« fragte ich.
»Huch, haben Sie mich erschreckt«, kreischte sie. »Gleich bekomme ich einen Herzschlag.«
»Entschuldigen Sie, die Tür stand offen«, sagte ich. »Wo haben Sie Ihren Wagen?«
»In der Reparatur. Es ist fürchterlich. Jedesmal muß ich ein Taxi nehmen, wenn ich von einem Kunden zum anderen will. Diese Zeitverschwendung!«
»Wo ist Mr. Climb?«
»Sehen Sie nach oben, dann werden Sie feststellen, ob er im Hause ist«, erwiderte sie nicht sonderlich freundlich.
»Aber nicht ohne Sie«, antwortete ich und zog die Tür ins Schloß.
Ich lockerte, meine Halfter, als wir die Treppe hinaufstiegen. Die Raumpflegerin sah mich
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