0296a - Lösegeld für blonde Locken
uns schwer im Magen. Wir fürchteten, eine Chance zu versäumen, und jagten deshalb mit meinem Jaguar los.
Als wir vor dem Haus 1183 ankamen, war es kurz vor acht Uhr. Phil und ich stiefelten zum Lift, sprangen hinein und fuhren hinauf zum sechsten Stock.
Auf mein Schellen öffnete die Säuglingsschwester. Sie sah verweint aus und schlug den Blick zu Boden.
»Wo befindet sich Mr. Jorgen?« fragte ich.
»Er ist nicht mehr im Hause. Kommen Sie herein«, sagte sie leise und trat zurück. Phil zückte feinen Zettel und suchte nach einer Telefonnummer.
»Nicht im Hause? Wo ist er denn?« fragte ich unschuldig.
»Er ist mit einem Wagen zur Versicherung gefahren.«
»Zur Versicherung?« wiederholte ich.
»Ja. Aber vorher hat er sich eine Fahrkarte nach Rio de Janairo bestellt«, fügte sie leise hinzu.
Phil stürzte zum Telefonapparat, hob den Hörer ab und wählte hastig eine Nummer. Es war die Telefonnummer der Versicherung.
»Verd… besetzt«, schimpfte Phil, legte auf und versuchte es neu. Aber wieder ohne Erfolg.
»Wann hat Mr. Jorgen das Haus verlassen?« fragte ich das Girl.
»Er erhielt kurz vor halb sieben einen Anruf. Da war er bereits angekleidet. Zwanzig Minuten später holte man ihn ab.«
Phil startete den fünften Versuch, durchzukommen. Es war immer besetzt. Das war nicht verwunderlich. Die Versicherungsgesellschaft öffnete schon wenige Minuten vor acht, weil viele vor dem allgemeinen Geschäftsverkehr, so zwischen halb neun und neun, ihre Angelegenheiten regeln wollten.
Wir standen wie auf heißen Kohlen.
Das Versicherungsgebäude lag in der Downtown. Bis dahin brauchten wir bei dem Morgenverkehr, der bereits eingesetzt hatte, mindestens eine Stunde, wenn kein Hubschrauber vom Himmel fiel und uns hinbrachte.
»Geduld, Phil, selbst wenn du eine halbe Stunde warten mußt, ehe du Anschluß bekommst«, sagte ich deshalb.
Das Baby schrie. Die Nurse bat um Entschuldigung und tauchte im Kinderzimmer unter. Ich betrachtete ein Bild an der Wand. Es zeigte Mr. Jorgen in jüngeren Jahren. Aber es war noch eine Ähnlichkeit festzustellen.
Phil bekam endlich eine Verbindung und ließ sich den Direktor geben. Mein Freund stellte sich vor und schilderte in wenigen Worten die Situation.
»Sie dürfen auf gar keinen Fall das Geld auszahlen, weder als Barscheck noch sonstwie«, erklärte Phil.
»Moment, ich gebe Ihren Wunsch dem Abteilungsleiter weiter, bleiben Sie am Apparat.« Der Direktor sprach zwei endlose Minuten mit einem seiner Abteilungsleiter. Dann schaltete er sich wieder ein und sagte:
»Tut mir leid. Der Mann war einer der ersten Kunden und konnte sich vorschriftsmäßig ausweisen. Er erhielt auf eigenen Wunsch fünf Schecks über hunderttausend Dollar, die er auf allen Banken mit Dollarwährung eintauschen kann.«
»Also auch in Südamerika?« fragte Phil.
»Selbstverständlich — auch dort.«
»Danke, wir melden uns wieder.« .t Enttäuscht legte Phil auf und erstattete mir Bericht.
»Jetzt hat es nicht einmal mehr Sinn, das zuständige Polizeirevier zu alarmieren«, sagte ich ärgerlich. »Denn der Bursche ist mit dem Geld über alle Berge. Wir können höchstens den International Airport überwachen lassen, und zwar alle Maschinen nach Rio. Das ist auch alles.«
Miß Linda Bee erschien wieder im Türrahmen.
»Brauchen Sie mich noch?« fragte sie.
»Ja, beantworten Sie mir bitte folgende Frage«, hörte ich mich selbst sprechen. »Wer hat Sie an Mr. Jorgen vermittelt?«
Das Girl sah mich erschrocken an.
»Die Stelle war in der Zeitung ausgeschrieben.«
»In welcher Zeitung?« bohrte ich weiter.
»Ich kann es Ihnen nicht sagen«, antwortete sie. »Ich habe mir jeden Tag verschiedene Zeitungen gekauft, weil ich eine Stelle suchte.«
»Bleiben Sie im Haus, bis Mr. Jorgen von seiner Geschäftsreise zurück ist?« fragte ich.
»Aber selbstverständlich. Wer soll sich denn sonst um das Kind kümmern«, erwiderte sie vorwurfsvoll.
»Okay, wir melden uns wieder.«
Phil und ich verließen das Appartement und fuhren mit dem Lift nach unten.
»Glaubst du, daß Mr. Jorgen das Geld abgeholt hat?« fragte mein Freund.
»Nein, ich bin keineswegs davon überzeugt, zumindest nicht hundertprozentig, wie es Mrs. High verlangt hat. Die Sache geht mir zu glatt und einfach auf. Ich darf dich bitten, laß dich auf der gegenüberliegenden Straßenseite irgendwo nieder und behalte diesen Hauseingang im Auge, bis ich zurückkomme. Auf keinen Fall darf. Linda Bee das Haus verlassen. Ich habe das
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