0299 - Das Lagunen-Monstrum
Damenwelt Bekanntschaft zu machen.
»Deinen Vorgänger Casanova haben sie in die Bleikammern des Dogenpalastes hier gesteckt!« hörte Amun-Re in seinem Inneren eine Stimme. Er konzentrierte sich darauf und befahl dem Geist des Wassers, ihm zu zeigen, woher diese Stimme kam. In seinem Gesicht malte sich teuflische Befriedigung.
Der Patriarch hatte ihm die Wahrheit gesagt. Sie waren hierhergekommen.
Michael Ullich und Carsten Möbius gingen gerade von der Vaporetto-Stazione hinüber zur Piazza San Marco.
Diesmal war kein Zweifel möglich. Sie waren es.
Und wie Amun-Re den Millionenerben kannte, würde der in seiner Tierliebe sicherlich die Tauben von San Marco füttern.
Die geheimen Kräfte des wiedererstandenen Hexenmeisters von Atlantis begannen zu fließen. In ihrem Inneren verspürten die Tauben den Befehl des Schwarzzauberers…
***
»Es ist schon eine Unverschämtheit!« lamentierte Carsten Möbius. »Du siehst die Girls nur an, und sie lächeln dir zu. Du gehörst tatsächlich auch in die Bleikammern!«
»Die konnten Casanova damals auch nicht halten!« lächelte Michael Ullich. »Meinst du, mich lochen die da lange ein? Immerhin bin ich auch aus den Verliesen in Troja herausgekommen. Und aus den Kerkern von Ägypten bei Pharao Ramses !«
»Aber nur, weil Professor Zamorra dir geholfen hat. Oder weil ich meinen Leibwächter befreien mußte. Diesmal ist das aber anders. Zamorra ist auf Château de Montagne und ruht sich aus.«
»Das sei ihm auch gegönnt!« nickte Ullich und beäugte eine blonde Schönheit, die hüftschwenkend vorbeiging und ihm zulächelte. »Mit diesen hübschen kleinen Liebeshexen hier komme ich auch allein klar. Mann, ich bin schon von ihrem Blick verzaubert!«
»Wie macht man denn so ein Feengeschöpf an, Micha?« fragte Carsten Möbius. Beim Anblick des Mädchens war ihm heiß und kalt geworden.
Es war das Gesicht eines Mädchens, das er in den letzten Nächten schon immer im Traum gesehen hatte. Und in dieses Traumbild hatte sich Carsten Möbius verliebt.
»Möchtest du sie kennenlernen?« fragte Michael Ullich. »Du zeigst Geschmack, mein lieber Carsten. Die hätte mir selbst gefallen. Aber dir gönne ich sie!«
»Wie komme ich mit ihr nur ins Gespräch?« fragte Carsten Möbius verzweifelt. »Ich kann doch nicht einfach hingehen, Männchen machen und mich vorstellen!«
»Du mußt genau für das Interesse zeigen, was sie auch mag!« belehrte ihn Ullich. »Der kluge Jäger paßt sich dem Wild an. Siehst du, wie sie mit Hingabe die Tauben von San Marco füttert?«
Möbius nickte. In seiner romantischen Fantasie verklärte sich das Bild des Mädchens mit den Tauben zu einer Sinfonie aus Anmut und Grazie.
»Du gehst jetzt hin zu ihr, stellst dich neben sie und fragst, ob du ihr helfen könntest. Du hättest Tauben sehr gern, und überhaupt hättest du einen Vogel und außerdem… Stell dich doch nicht blöder an als ein Teeny. Man muß irgend etwas reden. Was, ist egal. Wenn sie darauf eingeht, dann hast du schon gewonnen!«
»Und wenn nicht?« wollte Möbius wissen.
»Versuch es erst einmal!« befahl Michael Ullich mit fast strenger Stimme. Gehorsam ging Carsten Möbius zu dem Mädchen hinüber. Seufzend zog er 1000 Lire aus der Tasche, kaufte ein kleines Säckchen Maiskörner und hielt sie den Tauben auf der flachen Hand hin.
In diesem Augenblick schien eine wahre Invasion der Tauben über ihn herzufallen. Sie setzten sich nicht nur auf seine Hände, sondern auch auf seine Arme und seinen Kopf. Das Mädchen bemerkte es und begann zu Carstens Freude von sich aus ein Gespräch.
»Die mögen dich aber!« vernahm er ihre melodische Stimme.
»Die mögen jeden, der sie füttert!« klang es unter dem Taubenberg hervor, der Carsten Möbius bedeckte. »Willst du welche abhaben?«
»Nein, danke!« sagte das Mädchen. »Behalt mal die lieben Vögelein. So ein Gammler wie du hat doch sonst keine Sympathien!«
»Ich bin kein Gammler!« stieß der Millionenerbe hervor. »Ich bin Carsten Möbius!« Das Mädchen lachte girrend auf.
»Dann bin ich nicht Tanja König, sondern die Maharani von Eschnapur!« flötete sie. »Ausgerechnet dieser schwerreiche Junge willst du sein? Vielleicht heißt du Carsten - und vielleicht auch Möbius. Aber der Carsten Möbius bist du nicht!«
Der Junge wollte etwas entgegnen. Doch dazu kam er nicht mehr.
Denn in diesem Moment ließ Amun-Re seine finsteren Zauberkräfte fließen.
Die friedlichen Tauben wurden gefährlich wie ein Schwarm hungriger
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