03 Die Auserwählten - In der Todeszone

Tisch saßen zwei Personen – ein Mann und eine Frau, die Thomas nicht kannte.
    Die Frau trug einen dunklen Hosenanzug und hatte lange, rote Haare. Auf ihrer Nase saß eine schmale Brille. Der Mann war glatzköpfig, hager und dünn und trug grüne OP-Kleidung.
    »Das sind meine Kollegen«, sagte Janson, während er sich an den Tisch setzte. Er bedeutete Thomas, auf dem dritten Stuhl zwischen den beiden anderen Platz zu nehmen. Also setzte Thomas sich. »Dr. Wright« – Janson zeigte auf die Frau – »ist unsere leitende Psychologin, und Dr. Christensen unser Oberarzt. Es gibt viel zu besprechen, deshalb fasse ich mich bei der Vorstellung lieber kurz.«
    »Warum bin ich der Auserwählte?«, fragte Thomas, um schnellstmöglich zum Thema zu kommen.
    Janson sammelte sich, schob sinnlos Dinge auf seinem Tisch hin und her, lehnte sich schließlich zurück und faltete die Hände in seinem Schoß. »Exzellente Frage. Wir hatten anfangs eine Handvoll – entschuldige das Wort – Versuchspersonen ausgewählt, die … um diese Ehre wetteifern sollten. Dann blieben nur noch du und Teresa übrig. Aber sie neigt dazu, Befehle zu befolgen, was du nicht tust. Dein Hang zum freien Denken hat dazu geführt, dass du auserwählt wurdest.«
    Was für eine groteske Logik , dachte Thomas verbittert. Jeder seiner Versuche zur Rebellion war genau das gewesen, was sie wollten. Seine ganze Wut richtete sich auf den Mann vor ihm. Den Rattenmann. Für Thomas war Janson zum Symbol für ANGST geworden.
    »Bringen wir’s einfach hinter uns«, sagte Thomas. Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber für ihn selbst war seine Wut deutlich herauszuhören.
    Janson machte ungerührt weiter. »Ein wenig Geduld, wenn ich bitten darf. Es wird nicht lange dauern. Du musst bedenken, dass die Sammlung der Todeszonen-Muster eine heikle Angelegenheit ist. Es geht um dein Gehirn, und der geringste Ausrutscher in deinen Gedanken, Interpretationen oder Wahrnehmungen kann dazu führen, dass die Resultate nutzlos werden.«
    »Richtig«, stimmte Dr. Wright zu und schob sich eine Haarsträhne hinter die Ohren. »Ich weiß, dass Mister Janson dir erklärt hat, wie wichtig es ist, dass du zurückkommst. Wir sind sehr froh, dass du dich dazu entschlossen hast.« Ihre Stimme war weich und angenehm und sie machte einen intelligenten Eindruck.
    Dr. Christensen räusperte sich und sprach mit dünner, näselnder Stimme. Er war Thomas sofort unsympathisch. »Wie hättest du auch zu einem anderen Entschluss kommen sollen? Die Welt steht am Rande des Zusammenbruchs, und du kannst helfen, sie zu retten.«
    »Das sagen Sie «, warf Thomas ein.
    »Genau das sagen wir«, erwiderte Janson. »Alles ist bereits vorbereitet. Aber es gibt noch einiges zu erklären, damit du die Bedeutung deiner Entscheidung verstehen kannst.«
    »Einiges zu erklären?«, wiederholte Thomas. »Geht es bei den Variablen nicht darum, dass ich nicht alles weiß? Wollen Sie mich nicht in einen Käfig mit Gorillas werfen oder so was? Oder mich durch ein Minenfeld schicken? Mich in den Ozean schmeißen und abwarten, ob ich bis ans Ufer schwimmen kann?«
    »Erklären Sie ihm den Rest«, sagte Dr. Christensen.
    »Den Rest?«, fragte Thomas.
    »Ja, Thomas«, erwiderte Janson seufzend. »Den Rest. Nach all den Experimenten, nach all den Studien, nach all den Mustern, die gesammelt und ausgewertet wurden, nach all den Variablen, denen wir dich und deine Freunde ausgesetzt haben, bleibt letzten Endes nur eines übrig.«
    Thomas sagte nichts. Eine seltsame Vorahnung schnürte ihm fast die Luft ab. Einerseits wollte er es unbedingt wissen, andererseits würde er es am liebsten nie erfahren.
    Janson lehnte sich nach vorn, Ellbogen auf dem Tisch, das Gesicht verdüstert. »Da ist eine letzte Sache.«
    »Und die wäre?«
    »Thomas, wir brauchen dein Gehirn.«

Sein Herz fing an zu rasen und hämmerte wie wild gegen seinen Brustkorb. Er wusste, dass der Mann ihn nicht testen wollte. Weiter konnten sie mit ihren Analysen der Reaktionen und Gehirnmuster ja nicht mehr gehen. Jetzt hatten sie endlich den geeigneten Kandidaten gefunden, den sie … auseinandernehmen würden, um Den Brand zu heilen.
    Plötzlich konnten die Leute vom Rechten Arm gar nicht schnell genug auftauchen.
    »Mein Gehirn?«, zwang er sich zu wiederholen.
    »Ja«, antwortete Dr. Christensen. »Der Auserwählte trägt den fehlenden Teil zur Vervollständigung des Masterplans in sich. Aber wir mussten zuerst die Muster vor dem